Lass es bloss nicht Liebe sein
mehr weit, und ich möchte vermeiden, dass er uns kommen hört.«
Sie gingen zügig über die unbefestigte Straße, Lily blieb dicht hinter ihm, sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ihre Augen auf Williams Rücken fixiert, konzentrierte sie sich auf die Falten in seinem Hemd, die Knitterfalten, die dunklen Schwitzflecke, die Knitterfalten, die dunklen Schwitzflecke. Sie erreichten eine Lavendelhecke, hinter der sich eine weiß gekieste, leicht ansteigende, von Nussbäumen gesäumte Auffahrt erstreckte. Am Ende erhob sich ein zweistöckiges Landhaus, mit einer gemauerten Terrasse, auf der Tontöpfe mit leuchtend roten Geranien standen.
In dem Garten, der sich unterhalb der Terrasse anschloss, befand sich ein großer Swimmingpool, von einem breiten Steg aus teuren Palisanderholzdielen umgeben, auf dem Liegestühle zum Sonnenbaden einluden. Robbie, in Boardshorts und mit angesagter Ray-Ban-Sonnenbrille, lief eben um den Rand des Pools herum und fischte mit einem Netz einzelne Blätter aus dem Wasser.
Lily starrte ihn an und bekam millisekundenlang weiche Knie. Sie stakste hinter William über die Wiese, machte einen Bogen um den knirschenden Kies, damit Robbie sie nicht kommen hörte. Er musste sie jedoch wahrgenommen haben, denn er sah auf, nahm die Sonnenbrille ab und starrte sie ungläubig an. Dann warf er das Netz hin, strahlte über das ganze Gesicht und lief zu ihnen. Er riss Lily in seine Arme und drückte sie an sich, wiegte sie zärtlich, während William grimmig zusah.
» Du hast mich gefunden, Baby! Ich hab so gehofft, du würdest mich finden!« Er küsste sie. Dann drehte er sich zu William und pfiff leise anerkennend durch die Zähne. » Hat Lily Sie so zugerichtet?«
» Das ist verdammt nicht zum Lachen, Robbie«, platzte Lily heraus und wand sich aus seiner Umarmung. » Die Typen, die das getan haben, stehen uns quasi auf den Zehen. Die haben es nämlich auf dich abgesehen.«
» Hör mal, das hab ich alles bloß für uns gemacht, Süße. Nicht böse sein, ich musste so handeln.«
Sie biss die Kiefer aufeinander und blieb stumm. Robbies Blick schoss von ihr zu William.
» Schön, Sie hier zu sehen, Isyanov. Mit meiner Freundin.«
William schwieg, und die Gesprächspause verunsicherte Robbie. » Was haltet ihr von einem Kaffee? Ich wollte mir gerade einen machen.«
» Robbie«, sagte Lily, ihre Stimme ruhig und gefasst, » das Buch– der Titel von César Fanin: Gib es ihm.«
» Lass uns das drinnen bequatschen.«
Lily schaute zu William. Er zuckte mit den Schultern, und sie folgten Robbie in das Landhaus.
Das Parterre war ein einziger großer Raum mit einer tief eingezogenen Holzdecke und einer Küchenbar, einer Sitzlandschaft, teurem TV-Equipment, einem kleinen Tisch mit zwei Stühlen.
Robbie lief zu der Küchenzeile, füllte das Unterteil einer Espressokanne mit Wasser, gab ein paar Löffel Kaffeepulver in das Sieb und stellte die kleine Maschine auf den Herd.
» Das Buch gehört uns, und ich hab auch schon einen Käufer dafür. Er kann jeden Moment hier sein. Dann sind wir so reich, dass du Otto einen Wassernapf aus massivem Gold kaufen kannst und dir so viele Strass- und Perlenkleider, wie du möchtest.«
» Das Buch gehört eben nicht uns, es gehört dem Museum, und wir müssen es zurückgeben. Das hab ich dir von Anfang an gesagt.«
» Bleib auf dem Teppich, und sieh das Ganze mal realistisch, Lily.«
» Oh, aber du! Dich wird die Realität schon sehr bald einholen«, fauchte sie ihn an.
Robbie funkelte William kurz an, dann konzentrierte er sich abermals auf Lily.
» Ich hab dich wahnsinnig vermisst, Babe«, seufzte er.
» Und deshalb hast du unsere gesamten Ersparnisse eingesackt und dich kein einziges Mal bei mir gemeldet.«
» Das ging nicht; ich wusste genau, dass er hier herumschnüffeln würde.« Robbie deutete mit einer hektischen Kinnbewegung zu William.
» Lüg mich nicht an, Robbie. Du wolltest allein absahnen und hattest null Skrupel, mich finanziell zu ruinieren.«
» Ich wäre zu dir zurückgekommen, sobald die Sache in trockenen Tüchern gewesen wäre.«
» Nein, wärst du nicht«, versetzte sie kalt.
» Wir gehören zusammen, Lily, für immer. Für mich gibt es keine andere als dich, ganz egal, was ich in der Vergangenheit getan hab.«
William schwieg beharrlich, die Espressokanne brodelte. Robbie nahm sie von der Flamme und goss den tintenschwarzen Kaffee in drei kleine Tassen.
» Wieso musstest du ihn überhaupt mit anschleppen?«, bohrte
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