Lass Es Gut Sein
Friedensfähnchen besiegen.
Das kann aber nur mit einer stärker gemachten UNO geschehen, die auch dort Gewalt anwenden kann und muss, wo schreckliche Gewalt nicht anders eingedämmt werden kann – allerdings bitteschön nur nach Völkerrechtsnormen und dort, wo keine primären strategischen oder Ölinteressen vorliegen. Alles andere ist grundverlogen und unterhöhlt die Substanz des freiheitlich-demokratischen Systems.
Das Einander-Leben-Lassen nach Rechtsnormen ist das Mindeste, was wir Menschen einander schuldig bleiben – notfalls mit der Härte des Gesetzes, mit Anklagen vor dem internationalen Gerichtshof. Aus dieser Erkenntnis heraus wurde die UNO nach 1945 gegründet. Die Menschenrechte müssen für alle gelten. Auch heute in Guantánamo. Ausgerechnet die Vereinigten Staaten – jedenfalls die jetzige Administration – handeln globalstrategisch unilateral aus ihrem Recht der Stärke heraus. Die westliche Führungsmacht hat inzwischen ihre Führungs- und Vorbildfunktion so eingebüßt, dass Freiheits- und Menschenrechte zum missbrauchten Kampfbegriff geworden sind. Sie führt die Welt in eine gefährliche Sackgasse.
Die
Logik des Friedens
ist die Logik ziviler Lösungen, die Leben lässt und Leben schafft, die Konflikte mit aller Kraft und mit allem Mut zum Leben angeht.
Es gibt beglückende Erfahrungen mit friedlichen Konfliktlösungen beim Feindbildabbau und bei der Abrüstung. In Europa |156| gehört der KSZE-Prozess dazu, ohne den die Mauer wohl noch stünde oder aber gar nichts mehr stünde. Wir erinnern uns, wie kurz die Vorwarnzeiten für Kurz- und Mittelstrecken-Atom-Raketen und wie marode die Raketensysteme im Ostblock gewesen waren. Solche gelingenden Beispiele können und müssen ermutigen.
Peacemaker
sind keine Stubenhocker, keine Helden des feigen Rückzugs, sondern Menschen, die die Tapferkeit der Zivilität einüben, Leute, die nicht einfach
über
den Feind zu gewinnen versuchen, sondern
den
Feind zu gewinnen versuchen. Sie wollen rechtzeitig die Ursachen ausräumen, statt im Nachhinein den Schutt wegzuräumen. Denn: So, wie der Krieg sich im Herzen meines Feindes eingenistet hat, so beginnt auch der Friede im Herzen meines Feindes. Er beginnt in meinem Herzen, indem ich – mühsam! – verstehen lerne, warum der andere so von Hass erfüllt ist und was ich tun kann, damit der Hass geringer wird. Man muss zugleich nach den sozialpolitischen Ursachen des Hasses fragen, statt alles allein moralisierend oder psychologisierend zu erklären.
Man muss auch nach Strukturen, nach Interessen und nach Macht fragen. Wer sich die Frage nach dem Feind, den Feindbildern und der Versöhnung stellt, muss wissen, dass individual-psychologische, ethische, kommunikative, strukturelle und machtpolitische Aspekte unentwirrbar ineinander verwoben sind. Die einen reden hauptsächlich von Strukturen und Interessen (also meine linken Freunde, sobald ich individuell oder ethisch argumentiere). Sie werfen mir vor, ich hätte nichts von Strukturen begriffen. Und dann begegne ich den anderen, die
alles
personalisieren und psychologisieren: Da wird dann der Irakkrieg
nur
als ein Krieg verstanden, den der Sohn Bush geführt hat, um sich vor seinem Vater zu beweisen.
Keine verallgemeinernde Aussage trifft die Komplexität der Feindschaft in der Welt.
Wir, die wir in ganz geordneten Verhältnissen leben, können uns kaum vorstellen, was der Hass mit uns tun würde, wenn wir Bewohner von Gaza oder von Tel Aviv wären, als Muslime in Falludscha oder als GIs in Bagdad lebten. Hass, Gewalt und Erniedrigung |157| haben in anderen Gegenden der Welt eine noch ganz andere Härte, als wir sie hier in Deutschland erleben. Aber die Negativwirkung von Hass, wenn einem Hass begegnet, der zerstören will, ist vergleichbar. Und vergleichbar ist, ob du die Kraft findest, aufrecht zu bleiben und dir deine Würde zu bewahren, dich nicht dem Hass und der Verbitterung zu überlassen. Der Bazillus Feindschaft überträgt sich allzu leicht.
Soldatsein als Gefährdung unseres Menschseins
Ich erinnere an ein Plakat, das wir 1987 zum Olof-Palme-Friedensmarsch getragen hatten und das uns damals entrissen wurde: »Für die Entmilitarisierung der Wälder, des Himmels und des Denkens«. Auch heute geht es wieder um die Entmilitarisierung unseres Denkens – zugunsten der Zukunft der Menschheit, aber auch zugunsten unseres eigenen Mensch-Seins.
Soldat Soldat in grauer Norm
Soldat Soldat in Uniform
Soldat Soldat, ihr seid zu viel
Soldat
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