Lass Es Gut Sein
|151| worden. Dort zeigten wir in aller Öffentlichkeit an einem nächtlichen Feuer, wie man es macht: dass ein Schwert, das Tod bringt, zu einer Pflugschar umgeschmiedet wird, die Brot bringt. Das Problem ist nach fast 25 Jahren nicht erledigt. Im Gegenteil. Wettrüsten beginnt wieder.
Das Umschmieden geht von einer sehr alten Vision aus, die der Prophet Jesaja der Menschheit vererbt hat. Da heißt es: »Zur letzten Zeit werden alle Völker zusammenkommen und sagen: Kommt, lasst uns auf den Berg des Herrn gehen, dass er uns seine Wege lehre und wir wandeln auf seinen Steigen. ER wird richten unter den Völkern und alle zurechtweisen. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Winzermessern machen, und kein Volk wird gegen das andere das Schwert erheben, und sie werden fernerhin nicht mehr lernen, Krieg zu führen.« (Jesaja 2, 2–5)
Das ist es: Nicht mehr
lernen
, Krieg zu führen, sondern lernen, in Frieden zu leben, und die Konversion – diese Umkehrung – endgültig machen. Von unserem deutschen Land und unserem geschundenen europäischen Kontinent soll nie wieder Krieg ausgehen. Wir haben endlich zur Friedfertigkeit gefunden. Wir haben ein vereinigtes Europa, das schmerzlichste Kriege hinter sich hat. Krieg soll der Vergangenheit angehören. Friedliche Konfliktregelung soll gelten für alle Konfliktherde auf der Welt. Der Krieg ist nicht mehr Vater aller Dinge, sondern der Frieden Bedingung allen Lebens! Die wertvollen Rohstoffe werden nicht mehr vergeudet für Instrumente, die den Boden mit Blut tränken, sondern alles wird dazu dienen, dass die Erde Getreide hervorbringt und alle zu essen haben. Genauso sollen die Winzermesser immer Winzermesser bleiben, die den Wein schneiden, und nicht zu Spießen geschmiedet werden, um den Feinden in den Leib getrieben zu werden. Brot statt Tod und Wein statt Blut. Brot und Wein werden geheiligt. Genau daran knüpft das Abendmahl bei den Christen an. Jesus – mitten in der Machtwelt des Imperators und seiner Vasallen, in der Verratswelt des Judas und seiner Hintermänner – nimmt Brot, bricht und verteilt es, nimmt den Wein, dankt und teilt ihn aus. »Für |152| Euch!«, sagt er. Das ganz Natürliche – das, was Hunger und Durst stillt und zugleich Freude macht – wird zum Geheiligten.
Es ist schon ein bleibendes sprechendes Symbol, dass die Skulptur mit dem Schmied, der ein Schwert zu einer Pflugschar umschmiedet, in New York vor der UNO steht.
Zeichen setzen 2 : Eine Kirche des Friedens
Wenn wir als Kirchen heute den Mächtigen ins Gewissen reden und zum Frieden raten, dann können wir das nur aus der Demut redlicher Erinnerung an unsere Schuldgeschichte tun. Ein Beispiel: in der von der protestantischen Obrigkeit genehmigten und in das landesherrliche Magdeburgische gebrachten Agende von 1740 ist die immer wieder wiederholte allgemeine Fürbitte zu finden »für gehorsame Untertanen, sieghafte Heere, Soldaten, die den Eid gehorsam nachleben«, und die Bitte, »dass Gott des Königs Armeen Glück und Sieg verleihen möge, damit ein redlicher und allgemeiner Friede beständig erhalten werde«. Es ging stets um den Sieg-Frieden. Und für die Christen als Einzelne blieb die Generalbitte für die Obrigkeit, die ich als Jugendlicher sonntäglich aus dem Munde meines Vaters im sogenannten »allgemeinen Kirchengebet« noch in den Ohren habe: »… dass wir unter ihrem Schutz und Schirm ein geruhiges und stilles Leben führen mögen, in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit.« Solch ein Satz wurde während der barbarischen Nazizeit, während des totalen Krieges und auch unter atheistisch-kommunistisch-kirchenfeindlicher Herrschaft gebetet. Nichts vom Wirken der Kirche im Geiste Jesu für den Frieden, nichts vom wachen Selbstbewusstsein, von helfender Begleitung für Schwache, von Suche nach der Wahrheit, Suche nach Frieden, Suche nach Gerechtigkeit, sondern eine gewisse Abduckmoral –
gottselig
und
ehrbar
leben. Irgendwie unbeeindruckt von dem, was in der Welt geschieht, und unter dem Schirm einer Obrigkeit sicher sein geruhsam-gehorsames Leben führen. In der Agende von 1981 ist der Tonfall ganz anders – dazwischen lag eine politische und eine liturgische Aufbruchsbewegung – die |153| katholische und evangelische Kirchen erreicht hatte. (Die Holländer waren uns vorangegangen.) Da heißt es: »Dass in allen Landen Gerechtigkeit und Wahrheit siege, dass alle Ungerechtigkeit abgetan werde und wir im Gehorsam gegen dich ein ruhiges und stilles
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