Lass los was dich festhaelt
alles lernen und machen und erreichen, was sie will, aber sie hält auf Dauer nichts durch, was als typisch männlich bezeichnet werden kann. Ein typischer Mann ist, bis auf das Kinderkriegen, ebenfalls fähig alles zu tun, was eine Frau kann, hält aber bei typisch weiblichen Betätigungen auf Dauer ebenfalls nicht durch. Das dem Geschlecht Entsprechende wird immer die Hauptrolle spielen. Man nennt das: Das Brunhilde-und-Odysseus-Syndrom.
Nach vierzig Jahren Beratungsarbeit wage ich zu sagen, dass ich weiß, wovon ich spreche. Und deswegen sage ich jetzt, selbst unter Pranger- und Scheiterhaufenandrohung: Lassen Sie bitte alles los, was man Ihnen als Segnung der Gleichberechtigung aufgebürdet hat, und versuchen Sie das zu sein, was Sie wirklich sind, und das zu tun, was Sie wirklich möchten. Ich spreche vor allem von Verhaltensformen, von der Berufswahl, von Ihrer Rolle in der Familie und vom Umgang mit dem anderen Geschlecht. Wie sagte dereinst meine große Lehrerin Mira von Dietlein? »Katz’ bleibt Katz’ und Wolf bleibt Wolf, und damit basta!«
Alles ist heute möglich und auch erlaubt. Aber Glücklichsein - das ist etwas ganz anderes als das orientierungslose Herumschwimmen in einer trügerisch grenzenlosen Freiheit, in der alles »toll und geil« gefunden wird, wenn es nur gegen die »alten und überholten Moralvorstellungen« geht. Jeder kann machen, was er will? Ja, gern, und hoffentlich auf eine Weise, für die nicht die anderen zu bezahlen haben und unter der sie
nicht leiden müssen. Ist Ihnen eigentlich klar, mit welchen Wahnsinnssummen die Allgemeinheit allmonatlich für das Freiheitsbedürfnis und die Freiheitsansprüche ihrer lieben Mitglieder geradestehen muss? Und wie viele persönliche Experimente, die als »Selbstfindungsnotwendigkeit« oder »kleiner Umweg« oder »Ausrutscher« dargestellt werden, das Sozialbudget, die Krankenkassen und die Ausbildungsfördergelder plündern? Ich schreibe diese, wie ich weiß, unpopulären Äußerungen nur deswegen nieder, damit mir in dreißig Jahren, wenn das Pendel schon längst wieder viel zu krass nach der anderen Seite ausgeschlagen haben wird, niemand vorwerfen kann, ich hätte zu allem Ja und Amen gesagt. Zum Loslassen gehört es auch, laut Nein! zu sagen, wenn alle anderen Ja! schreien und das eigene Herz weiß , dass es falsch ist mitzumachen.
Erinnern Sie sich noch daran, dass Sie einmalig und erstklassig sein wollten und daran glaubten, etwas ganz Besonderes vollbringen zu können? Egal, wie jung oder wie alt Sie sind: Sie können noch immer genug vollbringen, wenn Sie alles aus Ihrem Leben hinausschaffen, was wie Blei an Ihnen hängt und Sie am Weiterkommen hindert. Fangen Sie heute an, sich selbst zu beobachten, und zwar nicht ein bisschen, sondern konsequent und gemessen an den höchsten Maximen.
Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.
In diesen schönen Zeilen von Rilke ist, wie sonst nirgendwo, das Ringen um ein edles Menschsein mit wenigen Worten erfasst. Versuchen, nicht aufgeben, dran bleiben - das ist es, was so wichtig ist und die Seele stark macht. Vielleicht scheitern
wir, vielleicht sind unsere Treiber stärker als unser Entschluss sie loszulassen. Doch in diesem Falle würde ich empfehlen, die Polaritäten dieser Welt so zu verstehen, dass Sie bei einer angenommenen Chance von 50 Prozent genauso viel Glück und Erfolg haben können wie das Gegenteil. Dann ist es nur mehr eine Frage Ihrer Entschlusskraft, ob Sie sich lieber aus dem einen oder aus dem anderen Topf bedienen wollen.
Gedankenkontrolle
Was ist, Ihrer Meinung nach, Ihr größter Fehler, Ihre deutlichste Schwachstelle? Nein, Himmel, es ist nicht Ihre Schlampigkeit oder Ihr Hang, die Unwahrheit zu sagen, oder Ihre Unbeherrschtheit, oder, oder. Es sind die Gedanken, von denen Sie sich gängeln lassen wie ein unselbstständiger Dienstbote. Hören Sie auf, an sich herumzumeckern, weil Sie glauben, Sie seien zu dick, zu dünn, zu faul, zu wenig durchsetzungsfähig und erfolglos, zu ungebildet, zu leichtgläubig und was es an negativen Attributen sonst noch geben mag.
Fangen Sie dagegen an, konsequent in sich hineinzuhören. Und wenn Ihnen das anfänglich zu schwer vorkommt, dann achten Sie auf das, was Sie reden, denn das, was Sie sich selbst sagen hören, ist das Ergebnis Ihrer Gedanken. Und wenn ein Satz nicht genau so aus Ihrem Munde gekommen ist, wie Sie
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