Lass mich in Dein Herz
an. Eine Welle der Zuneigung überkam sie. »Du bist verrückt.« Sie beugte sich zu Gina hinunter und berührte sanft ihre Lippen. Als sie sich wieder aufrichtete, fragte sie: »Sag mal, deine Freundin, Judith, sie weiß Bescheid?«
»Über alles«, bestätigte Gina.
»Ich glaube, sie kann mich nicht leiden«, sagte Andrea.
Gina griente. »Wundert dich das?«
Andrea senkte schuldbewusst den Blick. »Nein.«
»Apropos Bescheid wissen«, lenkte Gina ab. »Hast du mit Brandts Hilfe etwas Brauchbares erfahren?«
»Wie man’s nimmt.« Andrea erzählte von ihrem Gespräch mit Brandt.
»Ich finde, du solltest weder Brandt noch Löwens zu sehr trauen. Was, wenn beide mit Valentin unter einer Decke stecken?« Gina runzelte die Stirn.
»Kann ich mir nicht vorstellen.« Andrea schüttelte nachdenklich den Kopf. »Ehrlich gesagt, es wundert mich, dass Valentin sich überhaupt Unterstützung sucht. Jeder Mitwisser ist für ihn einer zu viel. Ich kann es nur so erklären, dass Valentin unter keinen Umständen mit den Drogen in Verbindung gebracht werden will. Ist ja auch nicht dumm. Sollte etwas schiefgehen, steht Löwens als Sündenbock da.«
»Das heißt, du wartest praktisch auf Valentins Anruf?« fragte Gina.
»Ja. Ich weiß zwar noch nicht, womit er mich zu diesem Treff locken will, aber mit Löwens als Verbündetem kann mir nicht viel passieren.« Zumindest wollte sie sich das einreden – und Gina beruhigen. Denn ob sie sich auf Löwens wirklich verlassen konnte, das stand auf einem anderen Blatt. Aber sie hatte keine Wahl. Wenn sie Valentin nicht Einhalt gebot . . .
»Hoffentlich«, sagte Gina schwach. Die Schmerzen im Bauch wurden wieder stärker. »Ich finde das Risiko ist zu groß, nur für das Vergnügen, einmal Valentins Plan zu durchkreuzen.«
»Mir ist es das wert.« Wenn es Valentins Pläne endgültig durchkreuzt und ihn hinter Gitter bringt, dachte sie.
Gina griff nach Andreas Hand. »Aber mir ist nicht wohl dabei.«
»Weil du hier liegen musst und nicht hinter mir herschleichen kannst«, grinste Andrea.
»Du vergisst, dass ich schon übermorgen wieder nach Hause kann.« Gina versuchte zu lachen. Doch es misslang.
»Nein, das habe ich nicht vergessen. Aber ich werde mich an deine Freundin Judith wenden. Sie wird mir sicher hundertprozentig zustimmen, und bei der Gelegenheit werde ich in ihrer Achtung um hundert Punkte steigen, dass du dich ins Bett zu legen und dort nicht wegzurühren hast.« Andrea lächelte weich. »Und zwar für die nächsten Tage.«
Gina verzog missmutig das Gesicht.
13.
A ndrea war auf dem Heimweg. An manchen Tagen, besonders, wenn sie Verhandlungen wie die heutige führen musste, wünschte Andrea sich, sie wäre Verkäuferin oder Bankangestellte. Zwar mit dem Wissen, dass es Gewalttaten gab, aber ohne damit in Berührung zu kommen.
Es kostete Andrea alle Beherrschung die sie aufbringen konnte, sachlich zu bleiben, wenn der Angeklagte nicht nur seine offensichtliche Schuld frech leugnete, sondern absolut ohne Reue auch noch seine Opfer verhöhnte.
Nun, tröstete Andrea sich, jetzt hatte der Mann viele Jahre Zeit, über alles nachzudenken. Und auch wenn er das nicht tat, war er wenigstens aus dem Verkehr gezogen. Eine uneingeschränkte Befriedigung stellte sich bei Andrea jedoch nicht ein. Eben weil das Schicksal der Opfer sie berührte.
Andrea parkte den Wagen vor ihrem Haus. Sie wollte nur schnell etwas essen und dann gleich ins Krankenhaus zu Gina fahren. Vor ihrer Wohnungstür wurde Andrea von der Nachbarin abgefangen. Die hatte ein Päckchen für Andrea angenommen.
»Danke, Frau Sadowski.« Andrea nahm das Päckchen verwundert entgegen. Sie hatte nichts bestellt und wusste nicht, wer ihr ein Päckchen schicken sollte. Außer . . .
Sie versuchte durch Schütteln und Kneten herauszufinden, ob es sich um eine Briefbombe handeln konnte. Aber nein, das war nicht Valentins Stil. Er wollte sie leiden sehen, nicht mit einem Schlag tot. Dennoch klopfte ihr Herz laut, als sie das Päckchen öffnete.
In dem Karton lag ein Handy. Ein Zettel mit der Pinnummer lag dabei. Und ein zweiter, auf dem in Computerschrift stand: »Schalten Sie das Handy ein, und warten Sie auf meinen Anruf. Folgen Sie den Anweisungen, die Sie erhalten werden. Das ist besser für Sie und Ihre Freunde.«
War es das? Versuchte Valentin mit einer allgemein gehaltenen Drohung, sie zu dem Treff mit Löwens zu dirigieren? Nun ja, er ging davon aus, dass sie eingeschüchtert genug war. Und genau
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