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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Fünfundzwanzigzentiliterflaschen mit Tonic, Cola und Ginger Ale plus zwei halb volle Wodkaflaschen.
    Um den Tisch herum saßen acht Männer und vier Mädels. Hägerström kannte drei der Jungs. Es waren Narren-Tim und Charlie Nowak; beide waren bereits raus dem Knast. Sie strahlten – ebenso froh wie JW , wieder Freiheit zu schnuppern. Außerdem war es für Jungs wie sie ein Erlebnis der Extraklasse, überhaupt in einem Lokal wie diesem an einem Tisch sitzen zu dürfen. Hägerström hoffte, dass sie damit zurechtkämen, wenn er hier auftauchte.
    Das dritte Gesicht, das er wiedererkannte, war eigentlich keine Überraschung, jedenfalls nicht länger. Es war Nippe.
    Hägerström beugte sich über den Tisch hinweg und begrüßte Narren-Tim und Charlie. Es schien ihnen nichts auszumachen, dass ein Gefängnisaufseher dabei war und mitfeierte. Vielleicht wussten sie ja, dass JW Hägerström in der Anstalt um seine Dienste gebeten hatte.
    »Hallo Jungs, ich bin übrigens auch fertig mit Salberga, wusstet ihr das schon?«
    Sie setzten fragende Mienen auf.
    Hägerström erklärte: »Ich habe gekündigt.«
    Sie lachten laut auf. Erhoben ihre Champagnergläser. Stießen auf die Freiheit an. Darauf, dass sie seit Jahren endlich wieder die Toilettentür hinter sich von innen zuschließen konnten. Darauf, dass sie Stockholm im Sturm erobern würden.
    JW stellte Hägerström den übrigen vor. Außer Nippe schienen alle anderen Bekannte aus dem Knast zu sein. Hägerström las es von ihren leicht benebelten Blicken, ihren Tätowierungen, Jeans und eng anliegenden Pullis ab. Ihr Stil passte ebenso wenig hierher wie JW ’s Gelfrisur ins Gefängnis. Aber bei näherer Betrachtung vielleicht doch. Hägerström ließ seinen Blick erneut durchs Lokal schweifen. Nicht alle hier gaben sich wie Schnösel. Viele Männer signalisierten eine andere Zugehörigkeit, mit Geldern, die sie nicht mit biederen Jobs im Finanzgeschäft verdienten.
    Nippe beugte sich vor und begrüßte Hägerström.
    »Hej, ich heiße Niklas Creutz.«
    Eine ganz andere Art der Anrede in deutlich artikuliertem Schwedisch. Das lang gezogene A, die leicht nasale Stimme. So weit entfernt vom Knastidiom wie nur möglich.
    JW beugte sich zu Hägerström vor. »Er wird Nippe genannt. Ein alter Freund von mir.«
    »Nett, dich kennenzulernen, ich heiße Martin Hägerström.«
    Nippe entgegnete: »Ganz meinerseits. Bist du der große Bruder von Tin-Tin?«
    Hägerström antwortete: »Ja, kennst du sie?«
    »Meine große Schwester ist gut mit ihr befreundet. Bist du meiner Schwester Hermine schon einmal begegnet?«
    Hägerström nickte. Lächelte.
    Sie empfanden eine gewisse Zusammengehörigkeit.
    Hägerström setzte sich für diesen Abend ein Ziel: herauszufinden, was Nippe mit JW zu tun hatte.
     
    Es kamen keine weiteren Gäste zu JW ’s Entlassungsparty. JW tat ihm fast ein wenig leid, der Junge hatte offenbar nicht viele Freunde. Mehr als fünf Jahre Gefängnis und nur acht Personen, die kamen, um ihn zu feiern, natürlich plus Hägerström. Aber er selbst war ja ein Fake. Dann fiel ihm ein, dass JW zwar vielleicht viele kannte, die ihn feiern wollten, die jedoch nicht öffentlich mit ihm gemeinsam gesehen werden wollten.
    Hägerström machte sich auf den Weg in Richtung Bar. Versuchte sich vorzuarbeiten. Typen vom Lande wedelten mit ihrer Visakarte. Snobs wedelten mit Fünfhundertern. Er benötigte eine Viertelstunde, um Blickkontakt mit einem Barmann aufzunehmen. Er bestellte eine Flasche Heineken. Er sagte, dass er Johan Westlund heiße, und seine Kreditkarte kurz brauche. Der Barmann blätterte die Karten durch, die die Leute hinterlegt hatten. Kam zurück. Legte die Karte auf den Tresen.
    Hägerström nahm sie zur Hand. Betrachtete sie. Vier Sekunden lang. Merkte sich die Kartennummer. 3435943323433497. Master Card. Gold. Ausgestellt von einer Bank auf den Bahamas, Arner Bank & Trust.
    Hägerström gab sie zurück, ging wieder und setzte sich.
    Es war offensichtlich, dass JW Hägerström und Nippe zusammenbringen wollte. Er betrieb Konversation. Stellte Hägerström Fragen, nur um auf dessen Hintergrund hinzuweisen. Martin Hägerström war wahrhaftig nicht irgendein Durchschnittsschwede, denn er kam vom selben Planeten wie Nippe. Doch Nippe hatte es bereits nach zwei Sekunden begriffen.
    Nippe trank ebenso viel wie die anderen. Hägerström kapierte nicht, wie er sich trauen konnte, neben diesen Typen zu sitzen. Wenn er in JW ’s Geschäfte involviert war, müsste er

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