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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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sich eher so weit wie möglich von einem solchen Zusammenhang fernhalten. Das Maklertablett war wie eine Bühne. Hunderte von Zuschauern genossen es regelrecht, die Inszenierung dieser Jungs zu verfolgen, die Zehntausende von Kronen am Abend verprassten.
     
    Außer mindestens sechs Gläsern Champagner und drei Longdrinks hatte Hägerström Nippe vier Shots Wodka eingeflößt. Sie hatten jetzt lange genug Smalltalk gehalten. JW war anderweitig beschäftigt und unterhielt sich mit zwei Mädels. Nippe war inzwischen betrunken genug. Jetzt war die Situation gekommen.
    Hägerström ergriff seine Chance und beugte sich zu ihm vor: »Woher kennst du eigentlich JW ?«
    Eine Frage auf gut Glück. Nippe begann zu sprudeln wie der Inhalt des Champagnerglases in seiner Hand.
    »Vielleicht hätte ich gar nicht hier sein dürfen. JW hat schließlich ziemlich viele Brücken hinter sich abgebrochen. Aber du weißt schon, er ist ein wirklich dufte Typ.«
    »Das finde ich auch.«
    Nippe lallte. »Du musst wissen, dass ich ihn bereits kannte, bevor er die Kontrolle verloren hat. Wir haben hier im Viertel Party gemacht und so. Und dann haben wir auch noch gemeinsam die Handelshochschule besucht. Er ist ein Genie, weißt du das eigentlich? Ein mathematisches und juristisches Genie. Hat jede Prüfung unter den Top drei absolviert. Parallel dazu hat er Jura studiert. Er ist einer von denen, die sich die englischen Investmentbanker krallen, noch bevor sie das dritte Semester beendet haben.«
    Hägerström nickte, brachte Nippe dazu, weiterzureden.
    » JW war nicht wie andere, die studierten, um die Prüfungen mit ausreichenden Noten zu bestehen. Er hat gelernt, um das Zeug direkt anzuwenden, ungefähr so wie die Unternehmertypen aus Mittelschweden, die gerade dabei sind, die Hochschule zu übernehmen. Der Unterschied bestand einzig darin, dass JW wie einer von uns war, jedenfalls nahezu.«
    Nippe leerte sein Glas. Hägerström nippte an seinem.
    Er schenkte nach. Dachte: trink, Nippe, trink.
    Nippe nahm einen Schluck. » JW wollte einfach zu viel. Diese ganze Sache mit dem Verkauf von Drogen war reines Pech, wenn du mich fragst. JW ist einfach ein bisschen zu schnell unterwegs gewesen, aber er wollte nichts Böses. Also habe ich gedacht, ich gebe ihm eine zweite Chance. Er ist absolut smart und hat ein gutes Herz. Er hat mir erzählt, dass er damit angefangen hat, den Leuten, die im Gefängnis sitzen, was zu leihen. Den Jungs, die kurzfristig Geld benötigen. So etwas braucht er schließlich nicht zu tun, finde ich.«
    Hägerström spielte mit. »Nee, er ist eigentlich viel zu ambitioniert für so etwas. Ich mag ihn wirklich. Du weißt ja, dass ich in der Anstalt gearbeitet habe, oder?«
    »Ja, JW hat es mir erzählt. Wie bist du eigentlich da gelandet?«
    Im Laufe der Jahre war Hägerström mehr als tausendmal mit der Frage konfrontiert worden, warum er ausgerechnet Polizist geworden war. Er hatte also Standardantworten auf Lager. Im Moment passte eine von ihnen besonders gut.
    »Ich bin halt etwas speziell. Hab nicht immer Lust, das zu tun, was alle anderen machen. Ich finde, man muss seinen eigenen Weg im Leben gehen. Oder?« Er grinste. Wartete auf Nippes Reaktion.
    »Ganz richtig, in der Tat. Ganz richtig.«
    Hägerström wollte wieder auf JW zu sprechen kommen.
    »Aber da ich in der Anstalt gearbeitet habe, muss ich fragen – war es denn nicht gefährlich für JW , Geld zu verleihen?«
    »Keine Ahnung. Aber er saß ja ziemlich sicher dort, geschützt durch die Mauern, sozusagen. Ha, ha. Du musst wissen, ich bin noch nie jemandem begegnet, der so hungrig ist wie JW . Für uns ist es Appetit. Aber für JW geht es ums Überleben. Hast du dich mal mit ihm über seine Geschäfte unterhalten? Schau ihm in die Augen. Sie glühen förmlich. Er weiß, dass man ein Vermögen besitzen muss, wenn man es in dieser Welt zu etwas bringen will. Sozusagen ein wohlhabender Mann werden will. Für dich ist es vielleicht anders, Martin. Du hast den Weg gehen können, den du wolltest, du musstest nicht kämpfen, um etwas zu erreichen, denn du weißt ja bereits, dass du es geschafft hast. Alle kennen deine Eltern. Alle wissen, woher deine Verwandtschaft abstammt. Aber für JW ist das nicht so.«
    »Vielleicht hast du recht.«
    Hägerström fragte sich, worauf das Ganze hinauslaufen sollte. Nippe war so unglaublich seriös. Vielleicht versuchte er, sich dafür zu rechtfertigen, dass er in irgendeiner Art und Weise mit JW zusammenarbeitete. Er kam jetzt

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