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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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sein, wegzurennen. Ersteres konnte ausarten. Letzteres konnte eine Schmach für JW bedeuten.
    JW knallte gegen eine Hauswand. Hägerström wurde lauter. »Jetzt macht aber mal halblang.«
    Er versuchte Augenkontakt mit JW aufrechtzuerhalten, herauszufinden, was er vorhatte.
    Der Typ neben Hägerström rief: »Du verdammte Schwuchtel, für wen hältst du dich eigentlich?«
    Die Worte waren eine reine Provokation. Hägerström sah erneut zu JW rüber.
    Aber es war bereits zu spät. Er hörte jemand anderes rufen.
    In zehn Metern Entfernung kam Narren-Tim angerannt.
    Zugleich warf sich der Typ neben Hägerström auf ihn. Sein Jackett flatterte. Die Fäuste des Typen waren geballt. Er verfehlte Hägerströms Ohr um Haaresbreite.
    Narren-Tim kam näher. Hägerström sah, dass er etwas in der Hand hielt.
    Einen Gummiknüppel.
    Er holte damit aus und traf den Typen am Hinterkopf. Der ging zu Boden.
    Der andere Typ rempelte JW erneut an. Versuchte dann, seinem am Boden liegenden Kameraden zu Hilfe zu kommen.
    Hägerström überlegte verzweifelt. Das hier war nicht okay, aber zugleich benahmen sich diese aufmüpfigen Idioten wie Schweine.
    Hägerström hielt den Typen zurück. Verpasste ihm ebenfalls einen Stoß. Er taumelte rückwärts.
    Narren-Tim stürzte sich auf ihn. Schlug ihm mit dem Knüppel ins Gesicht.
    Der Typ, der am Boden gelegen hatte, begann sich aufzurappeln. Stand auf allen vieren.
    Hägerström ging auf ihn zu. Hielt ihn mit den Knien und Armen am Boden.
    Der Schnösel schaute mit glasigen Augen zu ihm auf.
    Er blutete aus der Nase. »Ihr seid ja zum Teufel noch mal nicht ganz dicht in der Birne.«
    Dann versuchte er Hägerström zu Fall zu bringen.
    Das fehlte gerade noch. Hägerström spürte, wie ihm das Adrenalin in die Adern schoss.
    Der Typ versuchte ihn niederzuringen.
    In Hägerströms Innerem löste sich eine Art Sperre. Er schlug ihm ins Gesicht.
    Mit voller Kraft.
    Spürte, wie sein Nasenbein brach.
    Er schlug erneut zu.
    Schließlich blieb der Typ bewegungslos am Boden liegen. Zusammengerollt wie ein Embryo, die Arme schützend vors Gesicht gehalten.
    Hägerström stand auf. Er war außer Atem.
    Der andere Typ lag ebenso bewegungslos am Boden.
    JW und Narren-Tim sahen Hägerström mit zufriedenen Mienen an.

30
    Natalie streckte die Arme so weit aus, wie sie nur konnte. Versuchte ihre Rückenmuskeln zu strecken. Es war nicht immer ganz leicht – gerade die Rückenmuskulatur war schwer zu pinpointen. Sie versuchte sie zu dehnen und zu lockern. Sich wie ein Profi zu stretchen.
    Der Trainer legte einen ruhigen Song auf: Michael Jackson, »Heal the World.«
    Alle um sie herum lagen auf ihren Matten auf dem Boden, genau wie Natalie. Streckten ihren Oberkörper. Dehnten die Muskeln. Es waren Mädels in ihrem Alter, die eine oder andere Frau mittleren Alters, aber nur drei Jungs. Die Jungs brauchten dieses Training nicht so dringend wie die Mädels – sie hatten ja ihre Kampfsportklubs, Fußballmannschaften beim Sportverein Korpen und Hallenhockeyturniere. Sie nutzten natürlichere Gelegenheiten, um sich zu bewegen als vor einem Spiegel in einem Raum ohne Fenster. Das ganze Fitnesszeugs war eigentlich verrückt – der vermeintliche Versuch einer Generation, völlig kranken Körperidealen hinterherzujagen. Einer Generation von Frauen, die gelernt hatte, unzufrieden mit ihrem eigenen Körper zu sein, egal wie sie aussahen. Die auf der Suche nach etwas waren, das ihrem Leben Bedeutung vermittelte.
    Natalie verdrängte die negativen Gedanken. Sie wusste, was in ihrem Leben eine Bedeutung hatte.
    Die Body Pump-Stunde war heftig gewesen – aber sie genoss es, sich zu pushen. Sie spürte immer noch ihren schnellen Herzschlag. Ihr Körper war gut durchgewärmt. Sie schwitzte am Kopf und an den Armen. Sah im Spiegel, der sich über die eine Wand erstreckte, dass sie ganz rot im Gesicht war.
    Sie musste an den Sommer zurückdenken. Eine harte Zeit mit so vielen schlaflosen und durchweinten Nächten, dass sie irgendwann kurz davor gewesen war, den Halt zu verlieren. Sie hatte sich in sich selbst zurückgezogen – packte es auch nicht, Viktor so oft zu sehen, traf sich lediglich mit Louise und Tove bei sich zu Hause. Sie flog nicht mit ihnen nach Saint-Tropez oder Gotland. Ging nicht mit ihnen auf Stureplan aus. Sie konnte nicht einmal ihre Witze und Späße nachvollziehen. Sie wollte eigentlich nur zu sich selbst finden – stabil genug werden, um zum Herbst ihr Jurastudium zu beginnen.
    Sie wollte sie

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