Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
Vom Netzwerk:
nicht illegal.«
    Hägerström entgegnete nichts. Er begriff, dass sie es hier mit einer komplexen Form der Kriminalität zu tun hatten.
    Torsfjäll fuhr fort: »Aber auch Mischa Bladman trifft sich am laufenden Band mit Leuten. Doch die Schlitzohren, mit denen er verkehrt, sind eher von der etwas lichtscheueren Sorte als Nippes Kontakte. Leute aus der Jugomafia, von den Hells Angels, Kleinkriminelle, die Geldtransporter überfallen. Sie scheinen die Kunden sozusagen unter sich aufgeteilt zu haben.«
    »Benutzen sie Nippes Unternehmen?«
    »Nicht ausgeschlossen. Nippe wurde vor vier Monaten zum Direktor des World Change AB ernannt. Das Unternehmen gehört seiner Familie. Sie besitzen mehr als fünfzig Geldwechselinstitute im gesamten Norden. Seit Nippe dem Unternehmen beigetreten ist, ist die Anzahl der Rechnungen von Firmen, die im Ausland registriert sind, um achthundert Prozent gestiegen. Wir haben mehrere Kontonummern, Rechnungsnummern und Transaktionen mittels der Unterlagen ermitteln können, die Sie für JW rausgeschmuggelt haben.«
    »Und das bedeutet?«
    »Das bedeutet, dass Bladman irgendwelche suspekten Figuren und Handlanger losschickt, um große Summen Bargeld von den Konten der unterschiedlichen Unternehmen abzuheben. Damit finanzieren sie beispielsweise schwarze Arbeitskräfte oder waschen Gelder von Raubüberfällen. Dann deckt das Unternehmen die Auszahlungen, indem es auf Rechnungen aus dem Ausland verweist. Doch die sind mit großer Wahrscheinlichkeit nur erfunden.«
    »Aber ich verstehe noch nicht ganz, damit hätten wir doch ausreichend Beweismaterial, oder?«
    »Wie gesagt, wir haben nichts, was bestätigen würde, dass ausgerechnet Nippe oder Bladman etwas davon wissen oder unmittelbar involviert sind. Und viele der Informationen, die Sie für JW hinausgeschmuggelt haben, können wir einfach nicht entschlüsseln. Es macht keinen Sinn zuzuschlagen, wenn wir lediglich eine Menge alkoholisierter Strohmänner und Handlanger erwischen.«
    Hägerström verstummte.
    Torsfjäll sagte: »Es liegt an Ihnen. Wir müssen Zugang zu den Namen der Kunden bekommen. Und wir müssen Zugang zu ihrem Material bekommen. Sie müssen ja irgendwo eine reale Buchführung haben. Das ist das A und O; ohne Material können wir sie nicht mit der Sache in Verbindung bringen. In der Hansénvilla haben Sie ja nichts finden können. Bei Bladman befindet sich möglicherweise ein Teil, aber ich habe den Verdacht, dass sie alle Unterlagen irgendwo anders verwahrt haben. Die Frage ist, ob Sie JW dazu bringen können, es zu verraten.«
    »Ich werde es versuchen. Allerdings hat er sich mir gegenüber bislang nicht so offen gegeben.«
    »Sie müssen versuchen, ihn zu locken. Ihm das Gefühl vermitteln, dass er privilegiert ist.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Nehmen Sie ihn irgendwohin mit, wo es ihm gefällt. Zu einem Fest mit Prinzessin Madeleine? Zur Elchjagd? Weiß der Teufel.«
    Sie beendeten das Gespräch.
    Hägerström dachte einige Sekunden lang nach. Er fragte sich, was gerade mit ihm geschah. War das Ganze dabei, ihm aus der Hand zu gleiten? Als wäre nicht er derjenige, der JW ’s Welt infiltrierte, sondern sie ihn ebenfalls durchdrang. Sollte er JW mit zur Elchjagd nehmen? Mit seiner Familie? Ihm ernsthaft Zugang zu seiner Welt verschaffen?
    Er musste an eine Szene aus
Donnie Brasco
denken. Sie waren in einem japanischen Restaurant. Brasco war sauer auf den Kellner. Seine Mafiafreunde schlugen den armen Mann, aber Brasco schlug noch härter auf ihn ein.
    Hägerström fingerte an seinen verschorften Knöcheln herum.
    Er schloss die Augen. Es war, als hörte er von draußen das Grollen eines Gewitters.

33
    Natalie saß in der Bibliothek der Stockholmer Universität und versuchte zu lernen. Sie hatten in dieser Woche die ersten Vorlesungen. Jura, Methode und Theorie. Sie wusste, dass es am Anfang etwas verwirrend sein würde.
    Vor sich auf dem Tisch:
Die Grundlagen der Rechtswissenschaften
von Åke Blom, dreißigste Auflage. Der Dozent war Herr Blom selbst, und er hatte das Buch wie einen Klassiker empfohlen. Der Typ verdiente ein Schweinegeld damit, dass seine Studenten Jahr für Jahr gezwungen waren, neue Auflagen von seinem Buch zu erwerben. So war die Welt eben.
    Tove saß am Tisch hinter Natalie. Sie studierte BWL . Lollo saß drei Reihen weiter vorne – mit Notizblock, Jura-Büchern, Post-it-Zetteln, Stickern, Linealen, Minitaschenrechner und achtzehn Millionen Textmarkern vor sich. Natalie war etwas anspruchsloser.

Weitere Kostenlose Bücher