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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Sie musste sich entscheiden. Sie musste überlegen, welches Leben sie führen wollte.
     
    Und jetzt: zwei weitere Dinge, über die sie sich den Kopf zerbrach. Ihre wirtschaftliche Situation. Und die Situation zu Hause.
    Die vergangenen Wochen. Stefanovics Prophezeiungen hatten sich erfüllt. Aufgerissene Briefumschläge. Briefe, die über den gesamten Küchentisch verteilt lagen – die blauen und schwarzen Logos im Briefkopf kannte jeder schwedische Bürger nur allzu gut. SEB , Handelsbanken, das Finanzamt, das Amt für Beitreibung. Außerdem lagen dort Briefe von American Express und der Beogradska Banka.
    Shit auch.
    Anfänglich dachte sie:
jebi ga
 – fuck it. Sie hatte einfach nicht die Kraft gehabt, sich damit auseinanderzusetzen. Doch jetzt raffte sie die Briefe zusammen. Ging einen nach dem anderen durch.
    SEB : überzogene Konten. Sie dachte: Das war erwartet, außerdem schiss sie auf SEB  – das Amt für Beitreibung und Vollstreckung hatte das Sparkonto bei der SEB mit dem Erbe sowieso gesperrt.
    Handelsbanken: Die Kapitalversicherung war abgewickelt, die letzten Wertpapiere verkauft – nichts mehr auf dem Konto. Das wusste sie – sie war diejenige gewesen, die die letzten Papiere verkauft hatte, um an Cash zu kommen.
    Das Finanzamt: Promemorien zu Steuerhinterziehung in zwei unterschiedlichen Unternehmen, die ihrem Vater gehört hatten. Natalie pfiff drauf, um welche es sich handelte – für solche Dinge hatten sie einen Anwalt verpflichtet. Sollte er doch seinen Job machen. Es würde sowieso mehrere Jahre dauern, bis das Finanzamt irgendeinen Beschluss fasste.
    Das Amt für Beitreibung: neuerliche Pfändungsversuche im Hinblick auf die Autos und das Boot ihres Vaters. Zum Glück waren sie auf andere Personen zugelassen. Sollte sich der Anwalt doch damit herumschlagen, dem Staat eins auszuwischen.
    Die Situation war unverändert, in Schweden gab es nichts weiter zu holen.
    Aber es kam noch schlimmer. American Express teilte mit, dass sowohl Natalies Kreditkarte als auch die ihrer Mutter eingezogen wurden. Die Kredite waren seit über drei Monaten nicht bezahlt worden.
    Und das Allerschlimmste kam zum Schluss. Eine superbeschissene Überraschung. Ein Todesstoß. Eine ernstzunehmende Bedrohung all ihres Hab und Guts. Von der Beogradska Banka: Sie schlugen vor, das Haus in Serbien, das ihrem Vater gehört hatte, zu verkaufen, um die Schulden zu tilgen. Es war bereits verpfändet. Und die Konten waren geleert, überzogen, finito.
    Natalie spürte eine gewisse Unruhe im Magen: Das Haus dort unten war nahezu das Einzige, was sie noch besaßen. Außer dem Bargeld, das ihr Vater zu Hause im Safe und in einem Bankschließfach in der Schweiz liegen hatte. Natalie war froh, dass ihre Mutter und sie den Safe geleert hatten, bevor die Polizisten von der Wirtschaftskripo ihnen den Hausbesuch abgestattet hatten.
    Doch dann war sie etwas irritiert: Wieso waren die Konten leer? Das letzte Mal, als sie die Kontoauszüge kontrolliert hatte, waren die Konten noch gedeckt. Kein Wunder, dass American Express sich beklagte – der Kredit war an die Beogradska Banka gebunden. Alles hing an den Aktivposten, die sich dort unten befanden – und von denen das Amt für Beitreibung in Schweden nichts wusste.
    Erneut: Wer hatte Zugriff auf die Konten in Serbien? Und warum tauchten all die Probleme auf, nachdem ihr Vater ermordet worden war? Entweder war es reiner Zufall, oder die finanzielle Situation ihres Vaters war die ganze Zeit über schon mies gewesen, und er hatte es ihnen vorenthalten. Oder irgendwer sorgte dafür, dass es ausgerechnet jetzt geschah. Und dieser andere musste jemand sein, der Zugriff auf die Konten hatte. Jemand, der über die finanzielle Situation ihres Vaters, seinen Umgang mit Steuerfragen und seine Gewohnheiten diesbezüglich Bescheid wusste.
    Das waren nicht gerade viele Personen.
    Definitiv nicht viele.
     
    Nachdem sie die Briefe durchgegangen war, ging Natalie zu ihrer Mutter. Sie saß wie gewöhnlich im Fernsehzimmer. Seit der Sache mit ihrem Vater schien sie den Fernseher mehr zu brauchen als Schlafmittel.
Desperate Housewives
,
Cougar Town
und Filme mit Hugh Grant liefen rund um die Uhr.
    Natalie wollte mit ihr über ihre finanzielle Situation reden.
    Sie legte die Hand auf das Knie ihrer Mutter: »Hej, Mama. Wie geht’s?«
    Ihre Mutter rührte sich nicht. Ihr Blick war unkonzentriert.
    »Denkst du an Papa?«
    »Nein, keine Sorge.«
    »Ich muss andauernd an ihn denken.«
    »Ich

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