Lasse
allerdings für noch deprimierender hielt.
»Was redest du da?«, sagte ich auf schwedisch zu Leif, aber er blieb bei deutsch.
»Na, jetzt sag nicht, du weißt nicht, was ihr hier immer angerichtet habt. Jeden Sommer kommen die Paulsen Brüder und brechen die Herzen«, sagte Leif in einem scherzhaften Ton, der aber nur die Härte seiner Worte tarnte. Er grinste. »Und wenn es ernst wurde, dann musste einer von euch bestimmt ganz schnell weg auf einen Dreh oder zu einem Synchrontermin. War doch so, oder?«
»Das ist erstens schon ne Weile her und außerdem wart ihr doch genauso.«
Leif grinste schief. »Ja? Seltsam, dass sie dann immer euch hinterher geheult haben.«
Ich verstand nicht genau, warum er so bissig war. Immerhin war Linnea, Oles große Liebe, nun mit Arne zusammen.
»Ja, und am Ende heiraten sie dann euch. Ist doch alles in Ordnung!«, sagte ich leicht genervt.
Leif machte eine Kopfbewegung zu Linnea hin, die nun nur allein mit Ole stand, während sich Arne mit Lisa unterhielt.
»Meinst du, ja?«
Dieses Gespräch war absurd. Ich hob die Arme und lächelte.
»Hey, lassen wir die alten Geschichten. Erzähl, was du machst«
Doch bevor er ansetzen konnte, hörten wir die Stimme des Aufnahmeleiters durch ein Megaphon. Lisa kam an den Tisch zurück.
»Was sollen wir machen?«
»Er sagt, die Komparsen sollen sich jetzt an die Tische setzen und auf Bitte mit dem Krebsessen beginnen. Gespräche nur als Lippenbewegung, in den Flaschen ist kein Alkohol, aber die Krebse sind echt. Skal!«, fasste ich die etwas kompliziertere Anweisung zusammen.
Die Komparsen begannen, sich an den Tischen zu verteilen und auch Ole, Arne und Linnea kamen endlich.
»Hej, hej, Lasse!«
Wir umarmten uns. Arne sah gut aus, nur leicht übermüdet. Arne, Ole und Linnea setzen sich uns gegenüber.
»Wo ist die Kleine?«, fragte ich Arne.
»Elin? Bei Linneas Eltern.«
»Wie alt?«
»Ein Jahr.«
Ich sah zu Linnea, um auch ihr zu gratulieren, aber sie wich meinem Blick aus. Ole sah aus, als ob er unter Drogen stände. Lisa hatte er offenbar vergessen, sie saß neben mir, lachte und tat so, als ob alles in Ordnung wäre. Keine Ahnung, warum ich das alle so intensiv wahrnahm. Als wäre ich nach der Begegnung mit Moon in eine andere Welt übergetreten. Vorher hatte ich Leute verletzt, jetzt sah ich die Verletzungen der anderen. Und natürlich meine eigenen.
Arne zog eine Flasche unter dem Tisch hervor und hielt sie mir hin. Alles klar, das war richtiger Alkohol. Hochprozentig, klar wie Wasser.
»Wir sollten feiern, dass wir ihn nun alle offiziell kaufen können«, sagte er auf Schwedisch, grinste und schraubte die Flasche auf. Einige der Komparsen hatten unser Gespräch mitbekommen und hielten ihm schon ihre Pappbecher hin. Schweden und Alkohol. Arne goss ein. Ich lehnte ab, aber Arne akzeptierte es natürlich nicht.
»Ich habe gehört, du hast es wild getrieben!«, sagte er und hielt seinen Becher zum Anstoßen hoch. Und ich gab auf. Und trank. Der Schnaps war sehr gut und in Kombination mit den Krebsen löste er ein Gefühl von Heimat und Vertrautheit aus. Etwas, was ich in diesem Moment brauchte. Ich zeigte Lisa, wie man die Krebse aß und sie tat so, als ob Ole nicht existierte. Auch ein Plan.
»Was meinte Leif damit, dass ihr euch die Freundinnen immer teilt?«, fragte sie leise und vertraut und vermutlich mit der Absicht, Ole eifersüchtig zu machen.
»Ach, das war nur ein Spruch«, wehrte ich ab.
Aber es war kein Spruch, obwohl Leif nicht die ganze Geschichte kannte. Außerdem war es schon fast fünf Jahre her. Ole hatte etwas mit Ronja angefangen und war dann für ein Filmprojekt vor Ende der Ferien abgereist. Und hatte sich nicht mehr gemeldet. Ich hatte nur den Seelentröster für Ronja gespielt und Ole verteidigt. Genau wie jetzt mit Lisa. Vermutlich gab es da ein Muster in unserer Beziehung, aber wenn, dann war es kein Gutes. Gerion hätte mir in diesem Fall bestimmt gerne zugestimmt.
»Hej, jetzt tu mal ein bisschen fröhlich«, flüsterte Leif, da die Kamera gerade an uns vorbeiglitt. Wir lachten, bis die Einstellung beendet war.
»Du kannst das einfach an- und abschalten«, sagte Leif, als ich wieder ernst wurde.
»Das ist mein Job.«
»Und wie hältst du das auseinander? Ich meine ...«
Ich antwortete nicht. Was dachte Leif? Dass ich mich für unbesiegbar hielt, bloß weil ich einen Helden spielte oder für fröhlich, bloß weil ich lachte? Er wandte sich an Lisa, diesmal wieder auf Deutsch. »Warst
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