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Lasse

Lasse

Titel: Lasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Bongard
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lief ich los, zerschlug die Scheibe, half Denis und Karl, zog die Handschuhe aus, reichte Moon die Hand. Ich hielt mich an jeden einzelnen Schritt, bis Moon mich ansah. Ihre blauen Augen weit aufgerissen, angespannt, aber gleichzeitig so offen und verletzlich, dass ich erstaunt die Luft anhielt, sie einfach nur ansah, bis sie den Blick abwandte. Und ich sah es! Sie hatte sich für mich geöffnet, meinen Blick erwidert, obwohl ich das weder erwartet noch provoziert hatte. Ich zog sie weiter aus dem Kellerloch, sie streifte das Fenster, fasste sich an den Arm, zerdrückte die Blutkapsel und ein blutroter Fleck bildete sich auf ihrem Oberarm.
    »Danke, und aus!«, rief Uli.
    Ich war noch ganz benommen von dem Tempo, mit dem Moon und ich zu einem gemeinsamen Spiel gefunden hatten. Alles erinnerte mich an unsere erste Begegnung.
    Moon ging ins Kostüm und Uli kam auf mich zu.
    »Das war gut!« Er lächelte zufrieden. »Genau diese Blicke brauche ich. Kennt ihr euch eigentlich?«
    »Wir haben uns schon mal getroffen.«
    Er grinste. »Ah, daher die Vertrautheit.«
    Wusste er von damals?
    »Und sag mal, sie heißt wie der Drehbuchautor. Parker. Ist das ihr Vater?«
    Auch das noch. Ich mochte Uli, aber ich konnte ihm nicht die Wahrheit sagen. Er hatte offenbar nichts von dem Skandal im letzten Jahr mitbekommen, und ich hatte keine Lust, die Sache aufzuwärmen.
    »Keine Ahnung.«
    Moon kam zurück. Sie war blass. Wir hatten noch eine Einstellung und nur noch eine Crashglas-Scheibe, es musste alles klappen. Machte sie das nervös? Oder die Tatsache, dass Karl uns vom Rand die ganze Zeit beobachtete.
    »Moon? Alles okay?«
    Sie sah mich nicht an. »Klar.«
    Ich glaubte ihr kein Wort.
    Peter, der Kameramann, hatte sich die Steady umgeschnallt. Er würde nah an uns dran sein, Uli warnte Moon vor, aber ich war mir nicht sicher, ob sie sich im Klaren darüber war, wie schwierig es war, nicht in die Kamera zu sehen, wenn sie die ganze Zeit um einen herumtanzte.
    Wir gingen zurück auf unsere Plätze, die Einstellung wurde wiederholt. Ich half erst den Jungs, dann Moon aus dem Keller, und plötzlich war da Blut. Viel eher als geplant. Hatte sie sich wirklich geschnitten? Dann musste die Szene sofort abgebrochen werden. Und ich musste ihr helfen. Oder die Blutkapsel hatte sich nur zu früh geöffnet. Konnte sie das überspielen? Ich versuchte ihren Blick zu deuten. Gerade hatte sie mir ihre echten Gefühle gezeigt, aber nun war es umgekehrt. Sie sah mich so offen und fragend an, dass ich verwirrt stoppte. Was wollte sie mir sagen? Als hätte ich sie auf einen zugefrorenen See gezogen und wir würden nun beide einbrechen. Sie fing sich, griff an den Arm, als hätte sie sich schon geschnitten und sah mich auffordernd an. Also war alles okay. Ich war erleichtert, als Uli endlich Danke rief und die Einstellung beendet war.
    Er war hochzufrieden und umarmte uns. Offenbar waren die Bilder, die er am Monitor gesehen hatte, gut geworden. Vermutlich hatten sie gezeigt, was auch ich gespürt hatten: Es gab ein starke Verbindung zwischen uns, ich hatte mir das nicht alles eingebildet. Ich warf einen Blick zu Karl, der mich erstaunt anstarrte, drehte mich um und lief ins Haus. Auf einmal freute ich mich auf meine Pizza-Klappe und das kleine Fest.
    Ich zog mich schnell um und ging dann gleich wieder auf den Hof zu Benno, der gerade eine Lichterkette zwischen die Bäume im Hof hängte. Ich half ihm und stellte anschließend mit ihm die Bierbänke auf und gab ihm die hundert Euro.
    »Das ist zu viel. Die Produktion zahlt ja die Pizza sowieso.«
    »Egal«, unterbrach ich ihn. »Dann nimm es für die Deko oder die Überstunden.« Ich hielt ihm das Geld hin und er griff schließlich zu.
    Als alle versammelt waren hielt ich eine kurze Rede, etwas, was nicht unbedingt von mir erwartet wurde, aber auch so etwas, wie die offizielle Eröffnung des Abends war. Benno hatte die Pizzableche auf einen langen Biertisch vor den Cateringwagen gestellt, daneben standen Bierkästen, Wein und Cola. Ich setzte mich an einen leeren Biertisch etwas abseits, mit dem Rücken zu den anderen. Ich hatte gehofft, dass ich mit Moon reden konnte, aber sie wurde schon wieder von Krista bewacht und gleich wurde Krista vermutlich von Karl abgelöst. Ich starrte auf das Stück Pizza vor mir. Es sah appetitlich aus, Benno hatte sich Mühe gegeben, aber ich konnte nichts essen. Jemand näherte sich und ich sah auf. Es war Moon. In der Hand hielt sie einen Pappteller mit Pizza. War sie

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