Lasse
zur Tür. Hatte ich nur geträumt? Nein, es klopfte wieder sehr leise. Mein Pulsschlag beschleunigte sich. War das Moon? Ich stand auf, fuhr mir schnell durch die Haare und warf einen Blick in den halbblinden Spiegel über dem Waschbecken. Okay, ich sah schrecklich aus.
»Ja?«, fragte ich vorsichtig durch die geschlossene Tür. Ich hatte mich schon einmal geirrt.
»Ich bin's.«
Oh Gott, diese Babsie wieder. Ich sollte die Tür am besten gar nicht öffnen .
»Was ist denn?«
»Ich hab' was für dich.«
Ich zögerte. Das hörte sich nach einem dummen Spielchen an, aber ich hatte auch keine Lust hier in der Nacht ein Gespräch durch die Tür zu führen. Ich öffnete. Babsie trug eine Bluse und Boxershorts. Die Bluse war aufgeknöpft und gab in der Mitte einen Streifen Haut frei. Das war nicht gut.
»Was denn?«
Sie öffnete ihre Bluse und ich starrte auf zwei pralle Brüste. Babsie war betrunken und mich ärgerte, dass sie offenbar davon ausging, dass ich nur darauf wartete, dass sich Mädchen zu mir ins Bett legten. Ich schob ihre Arme zusammen, damit ihre Brüste wieder bedeckt waren und hielt sie zusammen.
»Babsie, wie wäre es, wenn du wieder in dein Zimmer gehst.«
Sie lächelte leicht verunsichert. »Mein Zimmer?«
»Na, du hast doch ein Zimmer, oder?«
Ich überlegte Silvia anzurufen. Das hier war doch eigentlich nicht mein Problem. Babsies Handgelenke waren kalt, sie fror.
»Wo ist dein Zimmer?«
Sie zuckte mit den Achseln. Verdammt .
»Komm mit!«
Auf dem Mädchenflur war es still. Entweder war noch niemand auf den Zimmern oder sie schliefen schon alle. Ich dachte an Moon, die Vorstellung, dass sie mich so sah, mit Babsie im Schlepptau - das hätte mir gerade noch gefehlt.
»Welches ist dein Zimmer?«
Ich konnte doch nicht an alle Türen klopfen. Babsie schob schmollend die Unterlippe vor.
»Babsie!«, sagte ich warnend. Ich ließ ihren Arm los, der schlapp nach unten fiel. Ich stöhnte. Im Grunde konnte ich sie auch hier lassen.
»Die da!«
Sie zeigte auf eine Tür und ich betete, dass sie mich nicht verarschte. Und klopfte. Einmal, zweimal, dreimal. Schließlich öffnete Saskia schlaftrunken. Ich schob Babsie in die Türöffnung.
»Kannst du ihr helfen?«
Saskia kniff die Augen zusammen. »Hast du sie ...«
»NEIN, verdammt noch mal!«, zischte ich leise und Saskia riss überrascht die Augen auf.
»Schon gut!« Sie zog Babsie schnell ins Zimmer, schloss die Tür und ich atmete erleichtert auf. Was war hier los?
Auf dem Rückweg in mein Zimmer kam ich am Gemeinschaftsraum vorbei und hielt an. Vielleicht war Moon auf dem Balkon? Die Balkontür stand offen, doch es war niemand da. Heute war einfach nicht mein Tag. Ich lehnte mich weit über die Brüstung und atmete die Luft ein. Das tat gut. Die Luft war anders als in Schweden, schwerer und wärmer.
Ich hörte Moon erst, als sie durch die Balkontür trat.
»Hallo, Moon!«, sagte ich leise, aber sie erschrak trotzdem. Ich war froh, sie zu sehen und auf einmal wieder entspannt.
»Hat dir mein Fest nicht gefallen, oder warum bist du so schnell gegangen?« Es klang leicht und beiläufig.
»Vielleicht wegen Babsie?«
Dieser Name wurde langsam zum Fluch. »Babsie...« Ich wusste noch nicht mal, wie ich es ausdrücken sollte. »Ich meine, sie sieht in mir irgendetwas, keine Ahnung ...«
»Den Star?«
Moon roch leicht nach Gras, sicher hatte Krista ihr einen ihrer Joints gegeben und sie dazu noch gegen mich aufgestachelt. Star ? Ich stand hier und versuchte, die Blüten zu riechen und dabei die Kuhscheiße zu ignorieren.
»Oh ja, meinetwegen. Und was soll das sein? Das hat jedenfalls nichts mit mir zu tun.«
»Warum nicht?«
Ja, warum nicht? Wenn andere es behaupteten, dann hatte es wohl doch etwas mit mir zu tun.
»Weil ... ich bin nicht der oder das, was ich spiele. Ich bin ... keine Ahnung. Normal .«
Verdammt , warum konnte ich mich nicht besser ausdrücken. Ich war einfach nicht so gut darin. Warum fragte sie überhaupt? Aber immerhin war sie ehrlich. Ich schubste sie leicht. »Bist du etwa eifersüchtig?«
Sie blinzelte unsicher. »Tja, weiß nicht. Ich würde Babsie gerne ein Messer in die Brust rammen. Ist das Eifersucht?«
»Möglicherweise. Ich kenne das Gefühl nur in Bezug auf Karl und ich muss sagen: zwischen die Schulterblätter ist noch besser.«
»Hinterhältiger!«
»Genau.«
Sie lächelte endlich, ich liebte ihr Lächeln. Und das, obwohl ich Karl erwähnt hatte, der sonst immer der Stimmungskiller war.
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