Lasse
»Hey, sie scheint dir ja echt wichtig zu sein.«
Die Bedienung brachte mein Wasser und ein Bier für Ole. Er wartete, bis sie wieder gegangen war, dann beugte er sich zu mir herüber. »Ganz im ernst: Wenn du dich wirklich verliebt hast, wenn sie das Mädchen ist, dann mach nicht meinen Fehler und lass sie wieder los.«
Ich war nicht sicher, ob ich mich verhört hatte. Auf einmal war es ernst. So hatte Ole noch nie über Mädchen mit mir gesprochen.
»Was?«
»Ich meine nur ... Mama meinte, Krista ist auch in dem Projekt. Für sie ist Krista die Richtige, aber du musst entscheiden. Und wenn du durcheinander kommst, dann verlierst du vielleicht alles.«
Wollte mir Ole etwa Ratschläge geben? Ausgerechnet.
»Klingt wie aus einem Drehbuch ...«
»Ist aus einem Drehbuch«, grinste Ole offen und ich fragte mich, ob er mich verarschte oder das eines der wenigen guten Gespräche zwischen uns werden könnte.
»Krista hat einen festen Freund, er war am Set. Außerdem hasst sie mich praktisch.«
Ole lächelte. »Das kenne ich. Man gewöhnt sich daran.«
Das Essen kam. Ich starrte auf sechs fette Scampis, die zwar ein Vermögen kosteten, aber mich vermutlich nicht satt machen würden. Ole bohrte seine Gabel in den Fisch, als müsste er ihn erst noch umbringen.
»Ist diese Moon das Mädchen? Oder doch eher Agnes?«, fragte Ole.
»Agnes? Wie kommst du darauf? Das ist nur ein PR Gag.«
»Ja? Ich glaube sie nimmt das ziemlich ernst.«
»Woher willst du das wissen?«
»Sie hat mich angerufen, weil du ihre Mails nicht mehr beantwortest. Und ich war nett zu ihr. Also, was das Trösten von Lisa angeht, sind wir jetzt wohl quitt.«
Ich puhlte den Schwanz von einem Scampi, wodurch das Essbare nur noch halb so groß wurde und fluchte leise.
»Beim Essen dieser Dinger verbraucht man ja mehr Energie als sie einem zuführen.«
»Tja, du hättest eben doch besser Pizza bestellen sollen, statt zu versuchen, mich mit Scampis zu ruinieren.«
Ich grinste. »Den Versuch war es wert.«
Ich dachte an Agnes und es ärgerte mich, dass sie sich hinter meinem Rücken in meine Familie schlich. Mir kam ein unguter Gedanke.
»Sag mal, du hast aber nichts mit Agnes angefangen, oder?«
»Über's Telefon oder was?«
»Ich meine nur ...«
Ole sah auf und pikste die Gabel in meine Richtung. »Hör mal, ich schlaf auch nicht mit jeder. Sie ist ein Kind.«
»Immerhin Zweiundzwanzig.«
»Du weißt, was ich meine. Ein Kind eben ...«
»Bei Kind fällt mir ein ...« Ich zögerte, da ich mir nicht sicher war, ob ich das Thema überhaupt anschneiden wollte. Ich suchte in Oles Gesicht nach einem Hinweis, aber er sah mich nur fragend an.
»Äh, hat Mama mit dir gesprochen?«
»Wann?«
Ich schluckte. »Also nicht?«
»Hä, worum geht's?«
Ole starrte mich genervt an und ich wich seinem Blick aus. Und ganz langsam, dämmerte Ole, dass es um etwas sehr Wichtiges ging.
Nach einem Abend mit Ole nüchtern und ohne Kater aufzuwachen, war etwas Neues und es fühlte sich extrem gut an. Vor allem der klare Kopf. Doch der Abend war auch auf andere Weise denkwürdig gewesen. Sobald Ole begriffen hatte, dass er Vater war und Elin seine Tochter, fiel seine ganze Coolness von ihm ab. Natürlich hatte ich gedacht, meine Mutter hätte mit ihm gesprochen, aber als ich seine Reaktion sah, verstand ich, warum sie es noch nicht getan hatte. Sie kannte ihn besser als ich. Ich konnte ihn nur mit Mühe davon abhalten, noch am Abend einen Flug nach Schweden zu buchen. Er sollte zumindest vorher mit unseren Eltern reden. Aber ich konnte und wollte ihn nicht davon abhalten, sofort mit Linnea zu telefonieren, denn ich hätte das Gleiche getan. Ich sah ihm zu, wie er ihr in einer ruhigen Ecke des Restaurants eine Liebeserklärung machte und sie beschwor, Arne zu verlassen. Das Familiendrama wurde epic und ich stellte mal wieder fest, dass das richtige Leben an Dramatik einfach nicht zu übertreffen war. Wer hätte sich das ausdenken können? Und es war wie ein Weckruf für mich. Moon war das Mädchen , wie Ole es nannte, aber genau wie er konnte ich sie verlieren, wenn ich nicht all meine Energie und Leidenschaft in die Beziehung zu ihr steckte. Was gerade deshalb so schwierig war, weil sie mir so viel bedeutete.
Und das sollte ich ihr vielleicht als erstes sagen. Und dann entschlossen um sie kämpfen, statt auf meinen Ruf oder Krista oder Karl oder auch Gerion Rücksicht zu nehmen. Gut, ich nahm auch auf sie Rücksicht, aber war das wirklich das, was sie
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