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Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter: Von Edel-Eltern und ihren Bestimmerkindern (German Edition)

Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter: Von Edel-Eltern und ihren Bestimmerkindern (German Edition)

Titel: Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter: Von Edel-Eltern und ihren Bestimmerkindern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Maier
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keine mehr. Und die Kinder würden stattdessen in die sogenannten besseren Bezirke zur Schule gebracht. Vom Wedding in den Prenzlauer Berg, von Neukölln nach Steglitz und so weiter. Zwei bis vier ärmere Kinder in jede Klasse – das würde allen guttun und gäbe sicher keinen Aufschrei. Mächtigen Protest gäbe es aber ganz sicher, wenn die Sache andersrum laufen würde, wenn die Prenzlauer Berger Kinder in den Wedding müssten. Aber einen Versuch wäre es wert. Finden Sie nicht?
    Die Stunde ist um. Vor der Tür des Behandlungszimmers hört man die Sprechstundenhilfe werkeln. Sie ist aus der Mittagspause zurück, jeden Moment kommen die ersten Patienten der Nachmittagssprechstunde. Die Kinderärztin verabschiedet mich, jetzt geht’s weiter.

S exymama oder
    S chwanger sein, geil aussehen

    S exymama heißt das angesagteste Geschäft für Dickensachen im Prenzlauer Berg. Sexymama, weil Schwangerschaft und Mode einander nicht zwingend ausschließen müssen und weil die Wörter Sexy und Mama hier eine verheißungsvolle Allianz eingehen. Krieg ein Kind, wir helfen dir, trotzdem geil auszusehen.
    Gelegen ist Sexymama gleich ums Eck vom Mutti-Hotspot des Prenzlauer Bergs, dem Helmholtzplatz. Also super, direkt zwischen Spielplatz und Macchiatodestille und nur ein paar Häuser von Sibylles Wohnung entfernt, die mir wärmstens empfohlen hat, mir das pränatale Schauspiel auf den Straßen des Prenzlauer Bergs anzusehen. Wer dann hier wie ich Kaffee schlürft, sieht sie vorbeiparadieren, die Armee der dicken Bäuche. Sibylle hat nicht zu viel versprochen. Nur selten ist die Schwangerschaft dieser Formatfrauen wegen voluminöser Wallekleidung erst auf den zweiten Blick zu erkennen, die meisten tragen Körperbetontes, Stretchiges. Ihre dicken Plauzen mit den Bauchnabelstöpseln ragen horizontal ins Straßenbild, obendrauf lagern üppige Brüste, eng geschnürt.
    Ich bin unsicher, wie ich das finden soll. Einerseits ist es wirklich gut, dass Frauen ihre Bäuche so selbstbewusst zeigen; andererseits hat dieses Ausgestellte einen heteronormativen, aggressiven Hautgout, als sei das hier so was wie Krieg in den Straßen. Verloren hat, wer gerade nicht im Babygeschäft unterwegs ist – also Kinderlose, Lesben, alte Frauen wie ich. Wir dürfen nicht mitspielen, denn wir sind augenscheinlich weder Mama und schon gar nicht sexy.
    Um ehrlich zu sein, ich habe mich innerhalb meiner Reproduktionsphase nicht gerade sexy gefühlt, egal, wie gut ich gekleidet war. Mir war schlecht, ich war fett und picklig, andauernd musste ich pinkeln, und eine Laune der Natur sorgte dafür, dass ich als nicht eben kleine Frau irgendwann in einen obskuren Watschelgang verfiel. Pregnancy waddle heißt diese Fortbewegungsart auf Englisch, was andeuten soll, dass ich wie ein betrunkener Matrose auf schwankenden Planken durchs Straßenbild kreuzte. Hinzu kam bei mir ein Gesichtsausdruck, den ich nicht anders als Kuhblick nennen kann: eine Art, leicht abwesend aus tiefer als sonst liegenden Augen in die Welt zu schauen, die ich auch heute noch bei schwangeren Geschlechtsgenossinnen beobachte.
    Versprochen worden war mir etwas anderes. Die einschlägige Ratgeberliteratur verheißt ja jenen Frauen, die sich aufs Kinderkriegen einlassen, gern jugendliche Schönheit, mütterliches Selbstbewusstsein und – wegen der Hormone – grandiosen Sex. Nichts davon ist eingetreten. Hatte ich bis dahin nie Hautprobleme – während der Schwangerschaften schmückten widerliche Pickel mein blasses Gesicht. Die neun Monate waren alles andere als die einer Frau, die weiß, was sie tut, im Gegenteil, mit jeder Woche wuchsen meine Unsicherheit, meine Schusseligkeit und mein Körpergewicht. Und Sex? Lassen wir das, ich brauchte sehr, sehr viel Schlaf.
    Klar hatte ich Freundinnen, die bis auf ihren Babybauch rank und schlank blieben, glänziges Haar hatten und jede Menge Lebensfreude ausstrahlten. Frauen, die, kaum war die Geburt vorbei, fragten, wo es denn hier zur nächsten Schwangerschaft gehe, Kinderkriegen sei die einfachste Sache der Welt. Ja, die gab es. Aber wenn ich etwas länger darüber nachdenke, fällt mir genau genommen nur eine einzige ein, die dermaßen geflasht war. Und die hat heute folgerichtig vier Kinder.
    Bei mir jedenfalls war es genau andersherum. Besonders peinigend war eine Sonderlaune der Natur, die freundlich »Diastase der Symphysis« genannt wird und im Klartext bedeutet, dass wegen der Hormonproduktion das Schambein höllisch schmerzt. Dagegen kann

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