Lassiter und die Arapaho-Amazone
Geisterland, Lassiter«, sagte er. »Kannst du jetzt verstehen, dass die Arapahos an Geister glauben?«
Der große Mann hob die Schultern und ließ sie wieder sinken. Er steckte die Patronenhülse in seine Westentasche und sagte: »Ich wusste nicht, dass Adler ebenso diebisch sind wie Elstern oder Raben.«
»Er muss die Patrone hier gefunden haben«, sagte der Sergeant Major, während er sich wieder in den Sattel schwang. »Das heißt, dass der Tote noch auf den Bogenschützen gefeuert haben muss.«
Lassiter schüttelte den Kopf. »Lass uns reiten. Es hat keinen Sinn, Mutmaßungen anzustellen, bevor wie nicht wissen, wer der Mann ist, der hier getötet wurde.«
Er trieb den Apfelschimmel mit ein paar Hackenstößen an, der sofort in einen Galopp überging, sodass McCluskey Mühe hatte, dem großen Mann zu folgen …
***
White Feather hatte sich die ganze Nacht bemüht, die Unruhe in ihrem Inneren zu unterdrücken, doch sie hatte es nicht geschafft. Der Schlaf hatte sie geflohen, und als sie am späten Vormittag ins Fort geritten war, hatte sie dunkle Ränder unter den Augen.
Sie band ihre Stute hinter Washakies Hütte an, und als sie die Hütte umrundete, sah sie Molly in einem Schaukelstuhl auf der Veranda der Kommandantur sitzen. Sie ging hinüber. Als Molly sie sah, sprang sie auf und lief ihr entgegen. Sie umarmten sich und Molly nahm sie mit sich auf ihr Zimmer, das sich in einem Nebentrakt der Kommandantur befand.
White Feather fragte als Erstes, ob sie schon mit dem großen Mann gesprochen hätte. Sie wusste inzwischen, dass sein Name Lassiter und er im Auftrag des Bureau of Indian Affairs nach Fort Washakie gekommen war.
Molly schüttelte den Kopf. Ihr Gesichtsausdruck zeigte Unwillen, als sie erwiderte: »Er ist schon am frühen Morgen mit Sergeant Major McCluskey aus dem Fort geritten. Ich hörte, wie mein Vater Streit mit Lieutenant Boyle hatte, weil der mit Lassiter zu Mrs. Fremont reiten wollte, aber Lassiter hat wohl darauf bestanden, dass der Sergeant Major ihn begleitet. Mein Vater sagte mir, dass der Sergeant und Lassiter sich schon länger kennen. Was hältst du von Sergeant Major McCluskey?«
»Er ist einer von den Netten. In seinen Augen ist keine Überheblichkeit oder Verachtung wie bei den anderen, wenn er mit einem meiner Leute spricht.«
»Wie bei Lieutenant Boyle?«, fragte Molly.
White Feather zuckte mit den Schultern. »Außer mit Washakie spricht er kein Wort mit den Shoshonen und Arapahos. Er tut, als wären wir Luft für ihn.«
Molly lächelte. »Du bist ein schönes Mädchen, Lenny. Ist Lieutenant Boyle nicht von dir beeindruckt?«
Die Arapaho schüttelte den Kopf. »Das wäre wahrscheinlich unter seiner Würde. Außerdem scheint er ein Auge auf Mrs. Fremont geworfen zu haben. Immer, wenn er sie sieht, rötet sich sein Gesicht und seine Augen können nicht von ihr lassen.«
Sie hatten sich noch eine Menge von sich zu erzählen, und White Feather vergaß ihre innere Unruhe und den Gedanken an den Toten, der draußen bei Lightning Arrows Begräbnisstätte mit ihrem Pfeil in der Brust im Gras lag.
Erst als der Colonel an ihre Tür klopfte und fragte, ob sie gar nicht hungrig wären und zum Mittagessen kommen wollten, merkten sie, wie schnell die Zeit vergangen war.
Nach dem Essen gingen sie im Fort umher, und Molly merkte schnell an den missbilligenden Blicken der Soldatenfrauen, dass sie es ungehörig fanden, sich mit den Indianern abzugeben.
Später setzte sich Molly demonstrativ zusammen mit White Feather auf die Veranda der Kommandantur und nahm dort mit ihrer Freundin Kaffee und Kuchen zu sich.
Ihre gelassene und fröhliche Stimmung kippte abrupt, als sie den Ruf eines Postens hörten, dann einen Schuss. Wenig später sahen sie hinter dem großen Gebäude des Hospitals vier Reiter auftauchen, von denen einer ein fünftes Pferd an einer Leine hinter sich her zog, an dessen Sattel eine Schlepptrage befestigt war.
White Feather wurde blass. Sie wusste sofort, was die Ankunft der Reiter zu bedeuten hatte, auch wenn sie den neuen Vormann der Fremont Ranch nicht gleich erkannt hatte.
Sie hatten den toten Revolvermann gefunden.
Ein kurzer Seitenblick zu Molly ließ sie erkennen, dass die Freundin ihr Erschrecken nicht bemerkt hatte. Molly war aufgesprungen und ans Geländer der Veranda getreten.
Die Tür zur Schreibstube der Kommandantur flog auf. Die Stiefel des Colonels pochten auf den Bohlen der Veranda. Er beachtete die beiden jungen Frauen nicht, ging bis zu den
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