Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)
Lederweste, Cowboystiefeln aus Pythonleder, löchrigen Jeans und kariertem Flanellhemd hatte sich an sie gehängt, lachte unentwegt und boxte ihr vertraulich in die Seite, als würden sie sich seit einer Ewigkeit kennen. Sie aber schien sich nicht besonders zu amüsieren.
Mantos war sicher, dass der Cowboy berühmt war. Denn hier auf dem Fest gab es nicht sehr viele Möglichkeiten: entweder man war Promi oder Kellner. Der Typ sah ganz so aus wie ein Rockmusiker.
Der Musikgeschmack des Anführers der Bestien des Abaddon war breit gefächert und umfasste diverse Musikgenres: von der Carmina Burana von Orff bis Wagner, von Popol Vuh bis Dead Can Dance und nicht zuletzt Billy Joel. Nur italienische Musik fand er unerträglich.
Als der Cowboy den Hut abnahm, um Chiatti zuzuwinken, erkannte Mantos ein Bandana mit der Regenbogenfahne.
Das war das Erkennungszeichen von Cachemire, dem Sänger der Heavy-Metal-Band Animal Death aus Ancona. Die Idole von Murder und Zombie.
Cachmire gab Mantos ein Zeichen. »Hey! Kellner, komm mal her.«
Mantos musste sich umdrehen. »Wer, ich?«
»Ja, du. Komm mal her.«
Mit gesenktem Kopf ging Mantos auf ihn zu und hielt ihm das Tablett mit dem letzten Glas Champagner hin.
»Hast du vielleicht ein Bier?«
»Nein, tut mir leid.«
»Kannst du mir vielleicht eins besorgen? Oder weißt du was, bring mir lieber gleich einen ganzen Kasten.«
Mantos nickte.
Larita klopfte dem Sänger auf die Schulter. »Ich geh dann mal. Wir sehen uns später.«
Der Anführer der Bestien war überrascht, als er Laritas Stimme hörte. Sie war tief und rau. Im Nacken, unter den kurzen Haaren, hatte sie ein Tattoo mit zwei Engelsflügeln.
Genau dort wird sie das Durendal treffen .
»Ist gut«, sagte der Cowboy. »Auf welche Jagd gehst du? Ich bin unschlüssig.«
»Auf keine. Ich hasse so was.« Larita entfernte sich, im Abstand von ein paar Metern gefolgt von Saverio, der still vor sich hin fluchte.
Die blöde Kuh nahm gar nicht an der Jagd teil. Das hatte gerade noch gefehlt. Er war wirklich vom Pech verfolgt.
Plötzlich kam die Sängerin auf ihn zu. »Verzeihung, haben Sie vielleicht Ciba gesehen, Fabrizio Ciba?«
Wer zum Teufel ist Ciba?
Mantos hatte eine völlig taube Zunge und zuckte nur mit den Schultern.
Larita war verblüfft ob seiner Unkenntnis. »Der Schriftsteller! Kennen Sie ihn etwa nicht? Der, der vorhin auf der Bühne das Gedicht vorgelesen hat.«
»Nein, tut mir leid.«
»Macht nichts. Trotzdem danke.« Larita verschwand zwischen den Gästen.
Silvietta hatte recht gehabt, diese Nutte war tatsächlich eine Tierschützerin. Und was wurde jetzt aus der Entführung?
Mantos trank das letzte Glas Champagner aus.
38 Auch Fabrizio kippte einen doppelten Scotch, an einem abgelegenen Tisch. Nicht auszudenken, wenn das Pornovideo im Internet die Runde machte.
»Bruder!« Paolo Bocchi steuerte auf seinen Tisch zu, mit einem weiteren Mojito in der Hand. So wie er torkelte, war er offenbar sturzbetrunken. Seine Augen waren blutunterlaufen, und er schwitzte so stark, als hätte er gerade ein Basketballspiel hinter sich. Unter den Achseln hatten sich große dunkle Flecken gebildet. Er hatte die Krawatte gelockert und das Hemd so weit aufgeknöpft, dass man sein Wollunterhemd sah. Der Hosenschlitz stand offen.
Der Chirurg packte Fabrizio am Nacken. »Was machst du denn hier so ganz allein?«
Dem Schriftsteller fehlte die Kraft, sich zu wehren. »Nichts.«
»Ich hab gehört, du hast ein großartiges Gedicht vorgetragen. Schade, dass ich das verpasst habe, ich war gerade auf dem Klo.«
Ciba sackte auf den Tisch.
»Du siehst ja total fertig aus. Was ist denn los?«
»Ich riskiere eine Riesenblamage.«
Bocchi setzte sich neben ihn, zündete sich eine Zigarette an und nahm ein paar tiefe Züge.
Eine Weile saßen sie schweigend da. Dann hob der Chirurg das Gesicht zum Himmel und stieß eine Rauchwolke aus. »Also wirklich, Fabrizio. Immer noch das alte Lied?«
»Welches alte Lied denn?«
»Na, deine Angst, dich bis auf die Knochen zu blamieren. Wie lange kennen wir uns jetzt?«
»Viel zu lange.«
Bocchi war nicht beleidigt. »Seit der Schule hast du dich kein bisschen verändert. Immer noch dieselbe panische Angst, du könntest dich unsterblich blamieren. Als gäbe es irgendwen, der dich pausenlos beurteilt. Muss ich dir das wirklich erklären? Du bist doch der Schriftsteller, auf bestimmte Dinge müsstest du eigentlich ganz von alleine kommen.«
Entnervt wandte sich Fabrizio seinem
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