Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)
stimmte. Er benetzte die Lippen. Trocken, warm und leicht nach Tannin schmeckend. Er lächelte zufrieden. Das war er, der Merlot aus Aprilia. Er trank gierig.
Jekaterina fasste ihm von hinten um die Taille. »Wie fühlst du dich?«
Er trank das Glas aus und warf es über die Schulter. »Wie der achte König von Rom.«
43 Mantos, Murder, Zombie und Silvietta marschierten, als Kellner verkleidet, über ein sandiges Gelände voller Pfützen und Tümpel. Überall wimmelte es von Mücken, Fliegen, Würmern, Libellen und anderem ekelhaften Getier, das sich im Schilf, zwischen Papyrus und Lotusblumen, versteckte.
Verwirrt sah Mantos sich um. »An diesen Sumpf kann ich mich gar nicht erinnern. Ihr?«
»Ich mich auch nicht«, sagte Murder und besah sich seine schlammigen Schuhe.
»Als ich klein war, bin ich ein paarmal hier gewesen. Mit meinem Vater, sonntags, nach der Papstmesse. Ich weiß noch, dass es hier Karussells gab, aber einen Sumpf, nein.«
»Ist das überhaupt die richtige Richtung?«, fragte Silvietta. Eigentlich war es ihr ziemlich schnuppe. Ihr lag nur daran, sich mit Zombie zu versöhnen. Er ging ganz hinten, mit gesenktem Kopf.
»Ich glaub schon. Ich hab gesehen, dass sie nach Norden gegangen sind.«
Mantos überholte Murder und übernahm die Führung. An seinem Rucksack hing das Durendal. »Was sind denn das für Bäume? Seltsam.«
Bäume mit verschlungenen Stämmen gruben Hunderte von langen, dunklen Fingern in den Sand. Darauf saßen Herden von Meerkatzen, die sie beobachteten.
Murder vertrieb eine metallisch glänzende Fliege. »Keine Ahnung … Oliven vielleicht.«
»Was redest du denn da? Das sind Mangroven. Hast du etwa noch nie einen Dokumentarfilm darüber gesehen?«, seufzte Silvietta.
Mantos kam langsam außer Atem. »Wartet mal … Aber wachsen Mangroven denn im Kontinentalklima?«
Murder fing an zu lachen. »Wenn du irgendwas nicht genau weißt, dann sei lieber still. Das hier ist kein Kontinentalklima, sondern ein gemäßigtes Klima.«
Spöttisch zeigte Mantos mit der flachen Hand auf ihn. »Hört euch das an. Der Herr Professor. Gerade hast du noch Mangroven mit Oliven verwechselt.«
»Hört endlich auf zu streiten, ihr beiden. Gehen wir lieber weiter, die Mücken fressen mich sonst bei lebendigem Leib«, sagte Silvietta, gesellte sich zu Zombie und ging neben ihm her. »Babykeks, ich weiß, dass du stinksauer bist, aber du musst jetzt aufhören zu schmollen. Schließlich sind das unsere letzten Stunden, wir stehen kurz vor der wichtigsten Sache unseres Lebens, und die kann nur gelingen, wenn wir zusammenhalten und uns mögen. Ich bitte dich um Verzeihung, aber ein Lächeln, das bist du mir schuldig. Ich bin doch deine beste Freundin, oder etwa nicht?«
Er brummte irgendwas Unverständliches, das ebenso gut ja wie nein bedeuten konnte.
»Los, gib dir einen Ruck. Du weißt doch, wie gern ich dich hab.«
Er riss ein Schilfrohr aus dem Schlamm. »Du hast mir wehgetan.«
»Aber ich hab dich doch um Verzeihung gebeten.«
»Warum hast du mir nicht gesagt, dass ihr heiraten wollt?«
»Weil ich blöd bin. Ich wollte es dir ja sagen, aber ich hab mich geschämt. Wenn die Mission nicht gewesen wäre, hätte ich dich gefragt, ob du mein Trauzeuge werden willst.«
»Und ich hätte abgelehnt.«
Sie lachte. »Ich weiß … Aber bitte sag Mantos nicht, dass wir heiraten wollten, das würde er nicht verkraften.«
»Ist gut.«
»Und wie wär’s jetzt mit einem Lächeln? Nur ein klitzekleines?«
Zombie drehte den Kopf zu Silvietta, und für einen Augenblick, der so schnell verging wie ein Flügelschlag, glitt ein Lächeln über sein Gesicht, bevor es wieder von den Haaren verdeckt wurde.
Jagd
44 In jungen Jahren war Fabrizio Ciba ein ganz guter Segler gewesen. Auf einem Katamaran hatte er die Adria überquert und war mit einem Zweimaster bis nach Ponza gesegelt. Auf diesen Segelturns hatte er Stürme und Unwetter erlebt und war nie, nicht ein einziges Mal, seekrank geworden. Aber jetzt, in diesem Scheißkorb auf dem Rücken des Elefanten, war ihm hundeelend. Während er sich an dem oberen Rand des Traggestells festklammerte, spürte er, wie in seinem Magen die Häppchen mit Meerspinne und die Rigatoni in dem Jim Beam hin und her schwappten.
Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Ausgerechnet jetzt, wo er ein bisschen Zeit mit Larita verbringen konnte, fühlte er sich grauenhaft.
Die Sängerin sah ihn prüfend an. »Du siehst blass aus. Geht’s dir nicht gut?«
Der Schriftsteller
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