Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)
Strozzi. »Na, wie sieht’s aus? Hat jemand ein Travelgum?«
»Nein … ich hab nur ein Mars«, sagte Milo.
Im Korb auf dem vierten Dickhäuter saßen wohl Cachemire und seine Animal Death, die Heavy-Metal-Band aus Ancona, die Offenbarung des Festivals von Castrocaro. Aber der Korb sah leer aus, nur ein Stiefel ragte heraus. Die vier waren unter Deck, durch Alkohol und Drogen außer Gefecht gesetzt.
Ich hasse euch alle , sagte Fabrizio Ciba zu sich selbst.
Eingesperrt in einen Käfig, auf dem Rücken dieses blöden Elefanten, fühlte er sich ausgeliefert und verwundbar wie ein Asylbewerber auf der Ausländerbehörde. Sein Geheimnis war, sich immer relativ nah am wirklichen Leben aufzuhalten, um die Zumutungen der menschlichen Existenz mit gepflegtem Sarkasmus beobachten zu können, keinesfalls jedoch mitten in ihm. Doch jetzt war er in diesen Zirkus hineingeraten und fühlte sich kein bisschen besser als diese Marionetten. Außerdem machte er vor Larita eine denkbar schlechte Figur. Da war es doch besser, sich in Schweigen zu hüllen und sich auf den Habitus des reflektierenden Schriftstellers zurückzuziehen.
Er verlegte sich darauf, nachdenklich den Nacken des Filipinos zu betrachten, der weiterhin den Hals des Tieres mit einer Gerte bearbeitete. Der Weg wurde immer enger und dunkler, von dem Tiger weit und breit keine Spur. Die letzten Sonnenstrahlen durchschnitten das Unterholz, und es waren seltsame Rufe zu hören, von Tieren, bei denen man nicht wusste, ob es Vögel oder Affen waren.
Vom dritten Elefanten kam ein schwaches Jammern. Pisus Gesicht war inzwischen dunkelrot. »Bitte, ich flehe euch an, gebt mir ein … Travelgum … ein Pflaster … eine Banane … Ich sterbe.«
»Schon wieder!«, gab die Verlobte des Russen genervt zurück. »Du gibst wohl nie auf? Wir haben nichts.«
»Ihr macht Witze, aber ich …« Weiter kam der Ärmste nicht, denn eine gelbe Masse quoll aus seinem Mund und tropfte auf den Hals des Elefantenführers. Der Filipino drehte sich um. »Dreckskerl!«, sagte er und schüttelte Tintenfischsalat von seinem Turban. »Ist ja ekelhaft!« Und mit einer kurzen Bewegung aus dem Handgelenk schlug er dem Schauspieler mit der Gerte ins Gesicht.
»Aua!«, schrie Fabiano, während er aus dem Korb kippte und in einer Riesenpfütze vor den Füßen des Elefanten landete.
»Mann über Bord!«, schrie Paco Jiménez de la Frontera.
Außer Khaled Hassan, der verzweifelt die Arme nach seinem unsanft gelandeten Freund ausstreckte, interessierte sich niemand sonderlich für das Schicksal des armen Pisu. Alldieweil setzten die Elefanten, in ihrer uralten Weisheit, ihren langsamen Marsch fort und überließen den Hauptdarsteller der Marchesa di Cassino den wilden Tieren des Parks.
45 Der Chef der Bestien des Abaddon strotzte vor Energie, er war auf dem direkten Weg in den Tod, und seine Bestien folgten ihm wieder. Als er sich umdrehte, um sie aufzufordern, ein Lied zu Ehren Satans anzustimmen, sah er, wie Murder und Silvietta, Hand in Hand, so beschwingt ausschritten, als wären sie auf einem Ausflug.
Murder ist ein echter Glückspilz , sagte sich Mantos.
So innig geliebt zu werden, das war Saverio Moneta in den vierzig Jahren seines Lebens nie passiert. Vor Serena hatte der Chef der Bestien in der finsteren Zeit auf der Handelsschule nur ein paar kurze Affären gehabt. Nichts Besonderes, Geschichten von ein paar Wochen, wo man sich zusammentat, weil man in den Augen der Mitschüler mit Freundin einfach besser dastand. Das waren eher Notgemeinschaften als echte Liebesbeziehungen gewesen.
Serena Mastrodomenico hingegen, die war ihm sofort aufgefallen, als er in der Möbelfabrik anfing. So dunkelhäutig und schmal, erinnerte sie ihn unglaublich an Laura Gemser, die Darstellerin der Black Emmanuelle , dem onanistischen Topos seiner Pubertät schlechthin.
Er war verrückt nach Serena, sah aber keine Möglichkeit, an sie ranzukommen. Er war ein kleiner Buchhalter und sie die Tochter des Chefs. Wie eine Göttin schwebte sie im Minirock über die Flure der Möbelfabrik, und Saverio träumte davon, sie anzusprechen und zum Essen an den Lago di Bracciano einzuladen. Sie jedoch würdigte ihn keines Blickes. Obwohl sie jeden Tag an ihm vorbeiging, bemerkte sie ihn einfach nicht. Und das war auch richtig so. Warum sollte sich eine raffinierte Frau von Welt für ein Nichts wie ihn interessieren? Für einen, der nicht mal ein Auto hatte, um von der Arbeit nach Hause zu fahren. Für einen, der die
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