Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)
weggedreht hätte, hätten sie sich vermutlich auf den Mund geküsst.
Er legte den Finger auf die verbrannte Stelle. Ein Schauder überlief ihn, und er musste die Zähne zusammenbeißen, um nicht zu weinen. Er dachte an die Opfernacht im Wald von Sutri. Die anderen hatten sie einfach nur gebumst, waren über sie hergefallen wie eine Meute tollwütiger Hunde. Er nicht, für ihn war es anders gewesen, er hatte Liebe hineingelegt und sich, als er endlich gekommen war, auf ihre kleinen weißen Brüste gelegt, mit Tränen in den Augen und dem Wunsch, sie mitzunehmen und von dort fortzubringen.
Und nachdem sie sie lebendig begraben hatten, hatte er heimlich die Erde ein wenig aufgelockert, damit Silvietta aus dem Loch wieder herauskommen konnte. Als er sie drei Tage später wieder gesehen hatte, auf einer Bank vor dem Kino, hatte er begriffen, dass sie die Frau seines Lebens war.
Und jetzt hatte er herausgefunden, dass die beiden heiraten wollten.
Babykeks .
Dem war nichts mehr hinzuzufügen, außer dass das Leben für ihn sinnlos geworden war.
50 Auch diesmal ließ das Glück Fabrizio Ciba nicht im Stich. Er landete auf dem weichen Bauch des Elefanten, der sich, in einem Bächlein zwischen Steinen und Farnen, auf die Seite gerollt hatte. Gleich darauf landete Larita, in einen Wust aus Efeu gewickelt, neben ihm. Schweigend blieben sie liegen, zerkratzt, mit schmerzenden Gliedern, fassungslos, dass sie noch am Leben waren.
Dann rappelte Fabrizio sich auf, half Larita, von dem Elefanten herunterzuklettern, und sah sich um. Sie standen auf dem Grund einer schmalen Schlucht, die völlig zugewachsen war. Genau in der Mitte führte ein Kiesweg entlang, von Lampen gesäumt, die kleine Lichtkuppeln bildeten. Alles andere, an den Seiten, über ihren Köpfen, war in Dunkel gehüllt.
Unglaublich, was ihm gerade passiert war. Wäre der Elefant nicht gewesen, um den Sturz abzufedern, wäre er jetzt mausetot.
Eine Safari in der Villa Ada? So etwas Idiotisches konnte sich nur ein völlig durchgedrehter Größenwahnsinniger wie Chiatti ausdenken .
Aber wenn er fast um Haaresbreite hätte dran glauben müssen, dann war das nicht Chiattis Schuld.
Meine. Es ist allein meine Schuld, weil ich hergekommen bin. Ich hätte nicht kommen dürfen. Was zum Teufel mache ich eigentlich hier? Warum habe ich mich bloß breitschlagen lassen, dieses Tier zu besteigen? Zusammen mit all diesen Ungeheuern? Ich bin doch Schriftsteller, verdammt noch mal … Ich … Ich muss meinen Roman schreiben. Mein Roman …
Er tastete seinen Arm ab. Er ließ sich nur mühsam beugen.
Wenn ich mir jetzt die Schulter ausgerenkt habe, kann ich vielleicht nie wieder schreiben …
Das war zu viel für Fabrizio Ciba. In seinem Bauch kochte eine Wut, so sauer wie Essig, langsam hoch. Je länger er darüber nachdachte, was er gerade erlebt hatte, desto wütender wurde er. Er war so wütend, dass er zu platzen drohte. Er wippte mit dem Kopf wie eine Taube beim Körnerpicken und begann dann, mit zusammengebissenen Zähnen zu gestikulieren und dann laut mit sich selbst zu reden. »Verdammt! Euch mach ich fertig. Und zwar jeden einzeln. Ich stelle sie alle in Reih und Glied auf, und dann nehme ich mir jeden einzeln vor.« Seine Nasenflügel bebten vor Wut. »Zuerst nehme ich mir diesen Hanswurst von Chiatti vor … Ein schöner Artikel, und er ist ruiniert. Den King zu spielen, das kann er dann vergessen, dieser Scheißkerl. Fast könnte man meinen, er hat einfach nicht kapiert, mit wem er es zu tun hat …«
Nach Zuspruch suchend, drehte er sich ruckartig zu Larita um. »Kannst du mir vielleicht mal sagen, was die von der Fuchsjagd da eigentlich verdammt noch mal zu suchen hatten …?« Doch dann, als er sie wie gelähmt neben dem toten Tier stehen sah, verstummte er.
Es sah aus wie die Schlussszene aus King Kong . Wo die Frau neben dem Gorilla steht, der vom Wolkenkratzer gestürzt ist.
Neben dem Elefanten sah Larita wirklich winzig aus. Außerdem wirkte der Dickhäuter tot noch viel größer als lebendig. Der Rüssel ausgestreckt wie eine Schlange zwischen den Steinen des Bachbetts. Die Beine angezogen, ein Stoßzahn abgesplittert. In dem aufgerissenen Auge spiegelte sich das Licht einer Lampe. Aus dem Mund kam ein Blutrinnsal, das sich mit dem Wasser mischte.
Plötzlich, wie von einem Zauber erlöst, riss Larita den Mund auf, um einzuatmen, aber irgendetwas, ein Kloß im Hals vielleicht, hinderte sie daran. Dann streckte sie langsam die Hand aus und legte
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