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Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Titel: Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niccolò Ammaniti
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eine große Metallplatte festgeschraubt war. Drei Kabel, so dick wie die Taue einer Fähre, mündeten in einem riesigen Stahlschalter. Darauf befand sich ein Hebel, der durch einen Verschluss gesichert war und nicht bewegt werden konnte. Das war das Herz der gesamten Station.
    Eins dieser Hauptkabel musste er durchtrennen und …
    Wie viel Volt die wohl hatten?
    Keine Ahnung, bestimmt genug, um ihn zu grillen.
    Er würde sterben und so seine Mission erfüllen. Auch wenn ihm inzwischen, ehrlich gesagt, alles am Arsch vorbeiging, die Mission, der Teufel, Mantos und der ganze satanistische Quatsch.
    Er war todtraurig, hatte aber das merkwürdige Gefühl, als gäbe es da ein Publikum, das ihm bei diesen letzten Handgriffen zusah. Er war der verfluchte Held in seinem eigenen tragischen Film.
    Auf einem Pult lag ein Block. Er riss ein Blatt ab und kritzelte, ohne lange nachzudenken, ein paar Zeilen. Dann faltete er es zusammen und schrieb oben drauf: Für Silvietta.

52 Mantos stand nackt oben auf einem Felsen und betrachtete den Mond mit seinen Kratern. Sanft streichelte der Wind über seine Haut.
    Mit gestreckten Armen, die Beine leicht gebeugt, hob er mit beiden Händen das Durendal vor sich in die Höhe. Ruhig ein- und ausatmend, verscheuchte er alle unnützen Gedanken. Serena verschwand, der alte Mastrodomenico verschwand, Silvietta und Murder verschwanden, und Mantos konzentrierte sich ganz auf das Wunder an Koordination, das sein Körper darstellte. Mit jeder Bewegung wurde er sich stärker der Energie bewusst, die durch seine Muskelfasern strömte, und der todbringenden Macht des Durendal.
    Er spürte den Schmerz über die Trennung vom irdischen Leben herannahen. Er nahm ihn auf, hieß ihn willkommen. Er senkte das Durendal, legte den Griff auf den Bauch und hob das linke Bein. Er spürte jeder Sehne, jedem Muskel nach und genoss das Gefühl, das sie ihm vermittelten. Die Kälte ergriff seine Hoden.
    Endlich fühlte Mantos sich wohl. Er nahm alles wahr. Das Rauschen des Windes in den Bäumen, das Grunzen der Warzenschweine am Sumpf, das Fiepen der Siam-Fledermäuse, die in Trauben in den Zweigen der Pinien hingen, den Verkehr auf der Olimpica, die laufenden Fernseher in den Wohnzimmern, die kranke Welt.
    Dann ließ ihn irgendetwas hochschrecken. Die Luftröhre schloss sich, und ein Schauder lief ihm über den Rücken. Er spürte, dass irgendjemand ihn aus dem Schutz der Dunkelheit heraus beobachtete.
    Es war kein Tier. Aber auch kein Mensch. Aber was war es dann?
    Er stieß das Schwert nach vorn und drehte sich im Kreis. Er sah niemanden. Der Chef der Bestien des Abbadon sprang vom Felsen und nahm, mit gezogener Waffe, seine Taschenlampe aus dem Rucksack und schaltete sie ein. Der Lichtkegel wanderte über Lorbeerbüsche, Brombeerbüsche, Baumstämme, einen verrosteten Abfallkorb.
    Da war niemand. Vielleicht hatten seine Sinne ihn getäuscht. Dennoch hatte er weiterhin das Gefühl, beobachtet zu werden. Aus hasserfüllten Augen.
    Eilig streifte Mantos Hose, Schuhe und die schwarze Tunika über, schulterte den Rucksack und entfernte sich im Laufschritt.

53 Mit dem Mittelfinger berührte Zombie die Stelle am Mundwinkel, wo Silvietta ihn geküsst hatte, und hängte den Brief an die Schalttafeln. Dann spuckte er in die Hände, ergriff die Axt und stellte sich breitbeinig vor das Kabel.
    Es war der Augenblick gekommen, den Mut zu zeigen, den er immer vor allen anderen geheim gehalten hatte.
    »Weder der Mann erfreut mich noch das Weib.« Er holte aus, mobilisierte alle Kraft und Verzweiflung, die in seinem schmächtigen Körper steckten, und durchtrennte das Kabel.
    Der Kupferdraht führte eine Spannung von zwanzigtausend Volt, etwa die zehnfache Menge dessen, was beim elektrischen Stuhl zum Einsatz kommt. Die Elektronen strömten durch die Klinge und den Griff der Axt, der, obwohl aus Holz, augenblicklich verkohlte. Das gleiche Schicksal ereilte die Hände und die Arme des Jüngers. Der Rest des Körpers ging mit einem spektakulären Blitz in Flammen auf.
    Die menschliche Fackel begann zu zucken und wurde an die Wände geschleudert, dann hielt sie inne, breitete die Arme aus wie ein gefallener Engel, der zum Flug ansetzt, stürzte zu Boden und verglühte, bis von Edo Sambreddero, genannt Zombie, nur noch ein verkohlter Stumpf übrig war.
    Die Turbinen des Kraftwerks blieben stehen. Das Summen hörte auf. Die Lampen im Park und in der Villa gingen aus. Auch die Computer, die die Wasserfälle, die Zuflüsse zu den

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