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Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Titel: Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niccolò Ammaniti
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freisetzt und sich mit aller Kraft und der Brutalität des Hungers auf die Beute stürzt, stand Fabrizio dann auf und setzte sich aufs Sofa, um genauer hinzusehen. Er mochte das aufgerissene Auge des Gnus, den Prankenschlag des Löwen, die Staubwolke, die Opfer und Jäger aufwirbelten, wenn sie sich ineinander verbissen, den Augenblick, wenn das Opfer ein letztes Mal den Kopf hob.
    In diesen Kämpfen zeigte sich ihm die Grausamkeit der Natur. Dieselbe Grausamkeit, die auch die Angelegenheiten der Menschen beherrschte.
    Doch jetzt, wo er nur ein paar Meter entfernt eine ähnliche Szene live miterlebte, fand er sie weit weniger erregend. Vorsichtig richtete er den Blick so auf das brodelnde Wasser, dass er nur aus dem Augenwinkel sah. Aber der Trick funktionierte nicht. Er schaffte es nicht, nicht hinzusehen. Und einmal angefangen, konnte er nicht mehr aufhören.
    Im Wasser schwammen die Überreste von Piero Baglione Montuori, um die sich drei große Krokodile stritten. Spitze Zähnen rissen fette Happen aus dem Rumpf des berühmten, als Entdecker des jamaikanischen Bildhauers Andrew Dog bekannt gewordenen Galeristen aus Mailand. Und wenn es mit dem Abbeißen nicht gleich klappte, wirbelten die Reptilien ihre Beute herum und zerrten so wild daran, dass das Blut spritzte. Dabei knallte der Kopf des Ärmsten mit dem hohlen Klang einer Kokosnuss gegen die Bootswand.

59 Mit quietschenden Reifen hielt der Führer der Bestien des Abaddon vor dem Kraftwerk.
    Unterwegs hatte er Zombie nicht getroffen, dafür aber diverse Gruppen hilflos herumirrender Gäste. Immer wenn sie ihn vorbeifahren sahen, winkten sie heftig mit den Armen und brüllten, er solle anhalten. Und mehr als einer hatte sich mitten auf den Weg gestellt, um ihn zu stoppen. Aber Mantos war nicht einmal langsamer gefahren, trotz der Flüche, die sie ihm hinterherriefen. Alles war genauso gelaufen, wie er es vorhergesagt hatte. Sobald es dunkel wurde, waren diese albernen Kreaturen des Lichts in Panik geraten und der Park hatte sich in ein Horrorkabinett verwandelt. Ihn hingegen, der eine Kreatur der Finsternis war, hatte die Dunkelheit nur noch entschiedener und grausamer gemacht. Mit dem Durendal in der Hand stieg er aus, schaltete die Taschenlampe ein und sah sich um.
    Wo zum Teufel war Zombie abgeblieben?
    Wahrscheinlich hat er beschlossen, auf die wilden Tiere zu pfeifen, und ist querfeldein gegangen, um abzukürzen.
    Immerhin war er eine Bestie des Abaddon und fürchtete sich vor nichts und niemandem.
    Doch bevor er wieder ging, warf Mantos sicherheitshalber noch einen Blick in das Kraftwerk.
    Als er auf das Häuschen zuging, stieg ihm ein seltsamer Geruch in die Nase.
    Riecht nach gegrilltem Fleisch .
    Das Tor stand offen. Auf dem Boden davor lagen die Kette mit dem Vorhängeschloss und die kaputte Geflügelschere.
    Mantos grinste und leuchtete auf die Station. Rund um die Fenster und die Holztür waren die Wände schwarz, als habe es drinnen gebrannt. Der verrückte Zombie hatte alles abgefackelt.
    Der Führer der Bestien senkte die Taschenlampe. »Superarbeit, mein tapferer Recke!« Der Lichtkegel fuhr über den Boden und erfasste ein schwarzes Etwas mitten im Raum. Mantos ging zwei Schritte vor, um besser zu sehen, worum es sich handelte.
    Ein Stück verbrannter Gummireifen vielleicht? Nein … Ein Schuh.
    Er ging noch einen Schritt weiter. Es sah wirklich aus wie ein Schuh. Ein verkohlter Schuh. An der Sohle waren noch die geschmolzenen Absätze zu erkennen.
    Mantos schluckte mehrmals. Er hielt die Luft an und machte noch einen Schritt vorwärts, hatte aber nicht den Mut, mit der Taschenlampe genauer hinzuleuchten. Stattdessen richtete er sie nach oben.
    Dann sah er an dem Schuh ein Bein und die verkohlten Reste eines menschlichen Körpers. Offenbar waren die Kleider vollständig verbrannt, und die schwarze, runzelige Haut klebte an den Knochen wie Pech. Vom Oberkörper war nur noch eine unförmige Masse übrig, aus der der Brustkorb herausragte. Die Arme waren nach oben gestreckt und die Finger von der Hitze verbogen. Der Kopf war im wahrsten Sinn des Wortes vom Feuer verzehrt. Übrig war nur eine schwarze Kugel ohne Gesichtszüge, aus der eine Reihe langer weißer Zähne herausragte.
    In diesem Zustand hätte nicht einmal seine Mutter ihn erkannt. Aber Mantos wusste, dass er es war. Die Form der Stirn, die Größe, die Schuhe, die Zähne.
    O … Jesus . Zombie war abgebrannt wie ein Streichholz.
    Das Durendal fiel ihm aus der Hand, und sein Magen

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