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Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Titel: Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niccolò Ammaniti
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brannte. »Los, gehen wir.«
    Sie bogen in eine lange Platanenallee ein und ließen den See hinter sich.
    Dem Schriftsteller schossen eine Menge Fragen durch den Kopf. Im Geiste sah er immer noch die Krokodile vor sich, wie sie Fleischstücke aus dem leblosen Körper des Galeristen rissen.
    Stumm trottete Larita mit hängendem Kopf neben ihm her.
    Gerade wollte er sie zur Eile antreiben, als er im Dunkeln ein Geräusch hörte oder zu hören meinte. Er gab Larita Zeichen stehen zu bleiben und horchte. Nichts. In der Ferne hörte man nur die Geräusche der Autos auf der Salaria.
    Ich muss mich getäuscht haben.
    Er sah Larita an. Ihre Augen waren feucht, und sie zitterte.
    Fabrizio merkte, dass sein Herz raste. Er nahm ihre Hand. »Wir müssen gleich da sein.«
    Sie marschierten weiter.
    »Was ist das da?«, kreischte Larita und prallte zurück.
    Fabrizio erstarrte. »Wo?«
    »Auf dem Baum.«
    Mit weichen Knien richtete Fabrizio die Lampe auf die Stelle, auf die Larita gezeigt hatte. Er sah nichts. Er ging einen Schritt vor und schwenkte die Lampe. Die Zweige der Bäume reichten bis über den Weg. Da war nichts, aber verdammt, er machte sich fast in die Hose. Panik schnürte ihm die Kehle zu … Und was war das da?
    An einem Zweig hing eine schwarze Gestalt.
    Ein Affe?
    Das war kein Affe. Viel zu groß.
    Ein Gorilla vielleicht?
    Zu kräftig. Einen Moment dachte er, da hinge eine Statue, eine Schaufensterpuppe.
    Er ging ein Stück zurück, und das schwache Licht erhellte den Rest der Baumkrone. Da hingen noch zwei …
    Männer.
    Dicke, schaukelnde Kerle.
    Blitzartig machte er auf dem Absatz kehrt und schrie Larita zu: »Weg hier! Schnell!«
    Hinter sich hörte er ein dumpfes Geräusch und ein Grunzen. Offenbar war eins der Ungeheuer heruntergesprungen.
    Er rannte los, so schnell er konnte. Die Lampe erlosch, und es blieb nur der ferne Widerschein des Biwaks.
    Verzweifelt rannte er so schnell wie noch nie im Leben, hörte den Kies unter seinen Schuhsohlen knirschen und spürte, wie die Luft ihm in die Luftröhre wirbelte.
    Er hoffte, dass Larita neben ihm wäre.
    Und wenn sie nun zurückgeblieben war?
    Dreh dich um! Bleib stehen! Ruf sie, schrie es in seinem Kopf.
    Der Wille war da, aber er schaffte es nicht, er konnte nur rennen und beten, dass sie es auch tat.
    Doch nach ein paar Metern hörte er sie schreien.
    Sie haben sie geschnappt! Verdammte Scheiße, sie haben sie!
    Während er weiterlief, blickte er sich um. Alles stockfinster, und in dieser Finsternis hörte er ihr Jammern und die kehligen Laute der Ungeheuer. »Fabrizio! Hilf mir! Fabrizio!«
    Japsend blieb er stehen, hielt sich die Seite und stöhnte: »Ich bin zu alt für diesen Scheiß.« Doch dann machte er kehrt, brüllte todesmutig: »Lasst sie los, ihr Schweine!«, und rannte, die Fäuste geballt, die Augen zugekniffen, mit den Armen rudernd, los, in der Hoffnung, sie damit zu erschrecken, zu verscheuchen, auszuschalten.
    Aber er stolperte, stürzte zu Boden und schlug mit dem Wangenknochen auf den Kies. Obwohl es ziemlich wehtat und er Blut im Mund hatte, rappelte er sich wieder hoch. Doch als er gerade aufstehen wollte, sauste eine Faust, ein Stock, irgendetwas Schweres, mit unerhörter Gewalt auf seine rechte Schulter nieder, und er lag wieder am Boden und schrie aus Leibeskräften, bis ihm die Schläfen zu platzen drohten. Er versuchte verbissen, wieder aufzustehen, doch dann gab ihm ein Faustschlag in den Magen den Rest.
    Fabrizio Ciba sackte in sich zusammen wie ein geplatzter Fußball, und vor seinen Augen flimmerten tausend orangefarbene Pünktchen. Sämtliche Luft entwich aus seinem Körper, und während er mit dem Tod kämpfte, spürte er, wie Riesenhände ihn mit einer Leichtigkeit hochhoben, als wäre er eine Einkaufstüte.
    Er bekam keine Luft, lag hilflos auf der Schulter des Wesens, das ihn wegtrug. Er schlug die Augen auf. Der rosafarbene Himmel über ihm war zum Greifen nah, und er hörte seine zusammengepressten Lungen röcheln wie vakuumierte Plastiktüten, die Luft ansaugen.
    Und während er sich einredete, er werde wieder atmen können und müsse nicht sterben, begriff er, dass die Dunkelheit mehr war als die simple Abwesenheit von Licht. Es war die Substanz, in der er ertrinken würde.
    Ein Schlag in den Nacken entriss ihm diesen letzten Gedanken.

61 »Was isst du denn da? Sei nicht gemein, und gib uns was ab.«
    An der Tür standen drei Typen. Den größten mit Ziegenbärtchen und randloser Brille hatte Saverio mit Sicherheit

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