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- Lasst die Toten ruhen

- Lasst die Toten ruhen

Titel: - Lasst die Toten ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kotowski
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Seele aus dem Leibe reißen, und ich werde dir noch dankbar sein dafür, weil du, du es bist …
    – Quäl’ mich doch nicht, quäl’ mich nicht so unerhört!, flehte sie plötzlich.
    Er lehnte sich zurück. Sein Kopf brannte. Seine Zunge war trocken und ein dicker, schleimiger Speichel sammelte sich in seinem Mund.
    – Das ist furchtbar!, hörte er sie leise sagen.
    Der Abend kam, es wurde allmählich dunkel.
    Sie saßen dicht aneinandergekauert.
    – Es ist dunkel, sagte sie.
    – Ja, es ist dunkel.
    – Siehst du den Mond durch die Zweige bluten?
    – Still! Still!
    Lange sprachen sie kein Wort.
    Sie pressten sich noch enger aneinander, noch fester, sie umklammerten sich und in ihrem Schweigen, in ihrer Umarmung war Schmerz.
    Plötzlich riss sie sich los.
    – Jetzt geh ich nach Hause, sagte sie hart.
    Er fuhr rasend auf.
    – Wenn du jetzt gehst, jetzt – jetzt … dann … dann … wirst du mich nicht mehr sehen.
    Eine entsetzliche Angst zitterte in seiner Stimme.
    – Agaj! Wenn du nur eine Spur von Liebe hast, so geh nicht jetzt, ich werde wahnsinnig …
    – Wir haben wieder deine Frau vergessen, lachte sie hart.
    – Machst du mir einen Vorwurf aus meiner Frau? Ich werde sie nie mehr sehen, wenn du es willst, ich werde sie vergessen, wenn du es befiehlst …
    – Gott, wie krank du bist!, höhnte sie.
    – Ich bin nicht krank. Ich liebe dich. Ich – ich … Du, Agaj, verlass mich nicht, du wirst es bereuen, es wird schlimm mit mir werden.
    Er flennte wie ein Kind.
    – Nun fängst du an, sentimental zu werden. Sie lachte heiser auf.
    In einem Nu kroch seine Seele zusammen. Als erstarrte alles in ihm zu Eis.
    Er sah sie lange sprachlos an, dann setzte er sich wieder.
    Sie betrachtete ihn mit einer grausamen Neugierde.
    Sie schwiegen sehr lange.
    – Kann ich dich begleiten, oder willst du allein nach Hause gehen?, fragte er trocken.
    – Ich werde allein gehn. Geh’ du auch, du bist ernstlich krank.
    – Was ich zu tun habe, darüber hab’ ich selbst zu bestimmen. Er lächelte gehässig. Sie sah ihn lange an.
    – Gott, wie entsetzlich dumm du bist!, sagte sie endlich. Wie ekelhaft seid ihr alle – ihr Männer.
    – Ich habe nur Prostituierte so von Männern sprechen gehört. Sie hassen auch den Mann.
    – Du bist brutal!
    – Du viel mehr.
    – Ich hasse dich! Ich will dich nie mehr sehen.
    – Ich auch nicht.
    Aber als sie gehen wollte, fasste er sie an der Hand.
    – Verzeih’ mir, ich bin krank.
    – Ja, ja, fahr nur schnell zu deiner Frau zurück. Bei ihr wirst du schon dein Fieber verlieren.
    Sie sah ihn höhnisch an.
    – Du willst wohl, dass ich mich zuerst von meiner Frau trenne? Dann wirst du wohl Mut bekommen? Ha, ha, ha – Wie feig, wie feig du bist!
    Sie schien es zu überhören.
    – Du wirst doch wohl endlich einmal die Mutter besuchen? Wie? Sie ist morgen Vormittag zu Hause.
    – Nein! Danke!
    Sie ging an die Tür.
    – Du gehst wirklich, Agaj?
    – Ja.
    Plötzlich blieb sie stehen. Ihre Augen funkelten in wildem Hass.
    – Ist es wahr, dass du hier ein Mädchen hast, ein Kind noch, wie du sagtest?
    – Ja, ich habe mir meine, verstehst du?, meine frühere Agaj aufgesucht.
    – Das ist ja wundervoll! Oh, wie ich dich hasse!
    – Verrate dich doch nicht immer!
    Sie machte die Türe auf.
    – Du, du, Agaj, warte ein wenig … Ich habe dir etwas Interessantes zu sagen. Er lachte boshaft, ging auf sie zu und flüsterte ihr leise ins Ohr:
    – Weißt du, dass du heute Nacht bei mir in meinem Bette lagst?
    Sie stieß ihn zurück und verschwand.
    Er wurde ganz ruhig.
    Nun war alles vorüber. Nun musste er nach Hause gehen. Und er konnte zu seiner Frau fahren, ohne Agaj ein Wort zu sagen.
    Er trat auf die Straße.
    Der Tag war zu Ende. Es war schon ganz dunkel, und aus dem Dunkel mühten sich die Glutaugen des elektrischen Lichtes hervor.
    Menschen gingen in großen Scharen an ihm vorüber. Sie gingen wohl in’s Theater.
    Er lächelte.
    Der Weg ging durch einen Park. Kein Mensch. Eine starre, öde Stille.
    Er ging ganz langsam. In seinem Körper war wohl nicht ein Muskel, der ihn nicht schmerzte.
    Plötzlich bemerkte er eine schwarze Masse, die auf ihn zuzugleiten schien, er sah nicht, dass sie ging.
    Er blieb erstarrt stehen.
    Die schwarze Masse war einen Schritt von ihm entfernt und blieb auch stehen.
    In sinnloser Angst sah er hin.
    Aus dem Dunkel quoll leuchtend ein Gesicht hervor mit grässlich verzerrten, entstellten Mienen und qualvoll aufgerissenen, blutigen Augen.
    Das war er

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