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- Lasst die Toten ruhen

- Lasst die Toten ruhen

Titel: - Lasst die Toten ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kotowski
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Krankheit Franziskas verschafft habe.
    Es war nur natürlich, dass sich das Gespräch daraufhin Ritter Azzo zuwandte, über den alle mit großem Eifer zu reden begannen. Woislaw stellte wie schon bei Franziskas Krankheit präzise Fragen zu dem Fremden, vom ersten Abend ihrer Bekanntschaft bis zu seinem letzten Besuch, ohne dabei seine Ansicht bezüglich der Angelegenheit kundzutun. Die Gesellschaft war noch immer im Gespräch vertieft, als die Tür geöffnet wurde und Azzo eintrat. Woislaw beobachtete ihn genau, wie jener, ohne den Neuangekommenen zu beachten, an den Tisch trat, sich setzte und das Gespräch begann, die meiste Zeit mit Franziska und ihrem Vater, sowie einige sarkastische Einwürfe, wenn Franz sprach. Als der türkische Krieg wieder angeschnitten wurde, hatte Azzo nur wenig zu sagen, Woislaw dafür umso mehr. So schritt der Abend voran, und es wurde immer später in der Nacht. Franz sagte irgendwann lächelnd zu Woislaw: »Es sollte mich nicht wundern, wenn der Tag uns überrascht, während wir von deinen aufregenden Abenteuern hören.«
    »Ich bewundere den Geschmack des jungen Herren«, sagte Azzo mit ironisch verzogener Lippe. »Geschichten über Sturm und Schiffsbruch hört man sich doch am liebsten auf terra firma an und solche von Schlachten und Tod am gastfreundlichen Tisch oder gemütlichen Kamin. Man hat das angenehme Wissen, dass man eine heile Haut behält, nicht in Gefahr gerät, nicht einmal in die, einen Schnupfen zu bekommen.« Diese Worte beschloss er mit heiserem Gelächter. Er kehrte Franz seinen Rücken zu, erhob sich, verbeugte sich vor dem Rest der Gesellschaft und verließ das Zimmer. Der Ritter, der Azzo sonst immer zur Tür begleitet hatte, entschuldigte sich für seine Müdigkeit und wünschte seinen Freunden eine gute Nacht.
    »Die Frechheit dieses Azzos ist unerträglich«, rief Bertha. nachdem er gegangen war. »Er wird von Tag zu Tag ungehobelter, unhöflicher und dreister. Und wenn es nur wegen Franziskas Träumen wäre, für die er natürlich nichts kann, ich verachte ihn. Jetzt, heute Nacht, hat er für niemanden als Franziska ein freundliches Wort gehabt, außer, vielleicht, in einer beiläufigen Bemerkung zu meinem Onkel.«
    »Ich kann nicht verhehlen, dass du recht hast, Bertha«, sagte ihre Cousine. »Man kann einem Mann, den das Schicksal menschenfeindlich werden ließ, viel nachsehen, aber er sollte die Grenzen der Höflichkeit nicht allzu weit übertreten. Wo um alles auf der Erde ist Franz?«, setzte Franziska hinzu und sah sich unsicher um. Der junge Mann hatte leise den Raum verlassen, während Bertha sprach.
    »Er ist doch nicht dem Ritter Azzo gefolgt, um ihn zu fordern?«, rief Bertha ängstlich.
    »Es wäre besser, er würde in der Löwenhöhle an einer Mähne ziehen!«, sagte Woislaw mit Nachdruck. »Ich muss ihm sofort nachgehen.«
    Er hastete über die Schwelle, aus der Burg und durch den Hof, bevor er sie erreichte. Dort führte eine enge Brücke mit einem wackeligen Geländer über den Burggraben. Es schien, als hätte Franz bisher nur ein paar hitzige Worte an Azzo gerichtet, denn Woislaw, unbemerkt von beiden im Schatten der Burgmauer, hörte Azzo düster antworten: »Lass’ ab von mir, närrischer Junge – lass’ ab, denn bei dieser Sonne –«, er deutete auf den Vollmond über ihnen, »– wirst du ihre Strahlen nie mehr sehen, wenn du mir noch einen Augenblick im Wege stehst.«
    »Und ich sage Euch, Schuft, dass Ihr mir entweder Genugtuung für die wiederholten Unverschämtheiten gebt oder Ihr sterbt«, schrie Franz sein Schwert ziehend.
    Azzo streckte seine Hand aus, ergriff das Schwert in der Mitte und zerbrach es wie einen Zweig. »Ich warne dich ein letztes Mal«, sagte er mit Donnerstimme und warf die Bruchstücke in den Burggraben. »Jetzt, fort – fort, Junge, geh mir aus dem Weg oder, bei denen unter uns, du bist verloren!«
    »Ihr oder ich! Ihr oder ich!«, schrie Franz irre, als er nach dem Schwert seines Feindes haschte und versuchte, es aus dessen Scheide zu reißen. Azzo antwortete nicht, nur ein bitteres Lachen entkam seinen Lippen. Dann packte er Franz an der Brust, hob ihn wie ein Kind in die Höhe und machte Anstalten, ihn von der Brücke zu werfen. Da trat Woislaw an seine Seite. Mit einem Griff seiner wunderbaren Hand, in deren Federn er all seine Kraft legte, fasste er Azzos Arm, drückte ihn nieder und nötigte ihn, sein Opfer loszulassen. Azzo schien im höchsten Maße erstaunt. Ohne sich weiter um Franz zu kümmern,

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