- Lasst die Toten ruhen
herauskommen? Denn, meine gute Gräfin, lassen wir jenes Abenteuerchen auf noch so natürlicher Basis beruhen, … wunderlich bleibt es doch. Ihrer Diskretion allein habe ich es anvertraut, und in Ihrem Busen sterbe es, wie ich auch mit niemand davon reden werde, um nicht vielleicht fremde Ruhe dadurch zu stören. Erlauben Sie mir jetzt, Sie wieder zu der Gesellschaft zurückzuführen, die schon zu lange der lieblichen Hausfrau entbehrte.«
* * *
Ohne zu wissen, Wie?, war das Fräulein von Maltingen mit dem Gardekapitän in ein Nebenzimmer getreten, das liebenden und kabalierenden Pärchen ein willkommen abgelegenes Versteck bot. Antonie warf sich gedankenvoll in das Sofa; der Kapitän stand vor ihr, lächelte von Zeit zu Zeit und kaute an den Nägeln.
»Was sagen Sie zu dem, was wir gehört?«, fragte sie endlich.
»Dass unsere Saat in schönster Blüte steht«, versetzte der Hauptmann.
»Dem Fürsten darf man trauen … er lügt nicht«, sprach Antonie weiter. »Auch trifft alles mit seiner Erzählung zusammen. … Was ist demzufolge dieser del Cane eigentlich?«
»So Gott will, ein Mensch wie wir«, erwiderte kalt der Kapitän.
»Der aber schon im Grabe lag, in des Todes Armen! … Der …«
»Das kann alles natürlich zugehen, meine Gnädige«, sprach der Hauptmann von Lissa, »auch ich, in dem Treffen von Sanderslohe verwundet, lag tagelang …«
»Um Gottes willen!«, fiel das Fräulein heftig ein, »Verschonen Sie mich mit der hundertmal wiederholten Geschichte!«
»Wie Sie befehlen, meine Beste«, spöttelte der Hauptmann. »Auch mit meiner Gegenwart verschone ich Sie.«
Er wollte gehen. Antonie rief ihn mit den sanftesten Schmeichelreden zurück. –
»Vergeben Sie mir«, sprach sie, seine Hand ergreifend. »Ich bin so bewegt, so gereizt … ich bitte Sie um Vergebung … Ach, ich habe Ihnen so viel abzubitten, guter Harduin!« –
Harduin sah mit besonderem Ausdruck auf sie herab. – »Fühlen Sie das?«, fragte er schneidend. –
Antonie drückte seine Hand an ihr Herz und senkte das schöne Haupt. Der Hauptmann überließ ihr kalt seine Rechte, stützte sich mit der Linken auf den Degen, beugte sich tiefer zu der Reuigen und führ leiser fort:
»Ich habe Menschen kennengelernt; zum Teil durch Sie, Antonie. Diese Kenntnis hat mich belehrt, dass Sie seit einiger Zeit etwas auf dem Herzen haben, dass Sie sich mir wieder zu nähern suchen, mir, von dem Sie so lange getrennt wandelten. Ich kam Ihnen und meinem Triumph entgegen, feierte ihn jetzt, denn ich sehe es, Sie bedürfen meiner; in der ganzen Welt nur meiner, weil Sie auf meinem Dienst in Ihren jetzigen Verhältnissen am meisten zu rechnen haben.« –
Ein tiefer Seufzer entquoll Antonies Brust.
»Galt dieser Seufzer der Vergangenheit?«, fragte Lissa und ein leiser Abglanz schöneren Gefühls flog über sein leidenschaftliches Antlitz. »Ja, es war eine schöne Vergangenheit, in der wir einst lebten, als der ungelenke, aber unverdorbene Harduin die Fahne bei der Garde erhielt und Gnade fand vor den Augen der schönsten Jungfrau des Hofs; als günstiger Zufall und Gelegenheit ihn in Antoniens Arme führte … als an seiner Brust die Geliebte, von Wonnetaumel hingerissen, der Convenienz vergaß und Unschuld gegen Unschuld tauschte in verschwiegener Minne! Selige Zeit! In wenig Monden verrauschtest du. Jahre sind seitdem darüber hingeschlichen. Harduin war vergessen, Antonie lag im Arme des Herzogs. Der verzeihliche Sinnenrausch zweier Liebender war zum fressenden Lasterkrebs geworden. Deine Tugend erstickte unter dem Purpurmantel deines Verführers. Die meinige ging unter in den wilden Lüsten, die mich über deine Untreue betäuben sollten. Aus dem rohen Feldlager kam ich zurück, sah, ohne rot zu werden, der Favoritin ins Auge. Errötete sie bei meinem Anblick, so tat es nur das Verlangen, denn ich war zum Manne gereift. Auch meine Sinnlichkeit entflammte ihre ausgebildeten Reize aufs Neue. Einen Schleier über jene Stunden. Sie brachen den Stab der Erniedrigung über uns.« –
»Harduin! Halt ein!«, stöhnte Antonie und drückte krampfhaft seine Hand an ihre nassen Augen. –
»Noch wenige Worte und ich bin zu Ende«, fuhr der unerbittliche Hauptmann fort. »Wie hatten uns kennengelernt. Du konntest leichtsinnig aus meinem Arm dich winden und an des Herzogs Busen sinken. Ich konnte aus deiner Hand diese Epauletten nehmen, die vielleicht einen Würdigeren gebührt hätten. Ich konnte sie annehmen und wusste, um welchen Preis sie
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