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- Lasst die Toten ruhen

- Lasst die Toten ruhen

Titel: - Lasst die Toten ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kotowski
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erstanden waren! Da erschien del Cane in der Residenz. Du sahst ihn; seltsame Laune oder krankhafte Übersättigung ließ dich in leidenschaftlicher Glut für den blassen Sonderling entbrennen, stieß dich vom Gipfel deines Glücks. Der fischblütige Fremde wich deinen Lockungen aus, steigerte dein Verlangen zur rücksichtslosen Begierde. Ein Billet, für del Cane bestimmt, das Unbesonnenste, das vielleicht je ein Weib in deinen Verhältnissen schrieb, fällt in des Herzogs Hände und bewirkt, was der Fürstin milde Tugend nicht vermocht hatte: deine Entfernung vom Hofe. – Er hat dich wahrlich geliebt, der Herrscher, denn er schonte, wie vielleicht noch keiner. – Für freiwilliges Zurücktreten hält die Fürstin und die Welt, was eigentlich Verzweiflung ist, und du genießest jetzt mehr der Achtung als vorher. Aber deine Stützen sind dennoch gebrochen. Man duldet dich gerne, man hebt dich, reicht seine Hand einer anderen. Du sinnst auf Rache, blickst nun nach einem Helfer. Alle stehen dir ferne, Harduin der Nächste. Deine Kreaturen sind gesplittert wie das schwache Rohr – der Freund aus den Tagen deiner Unschuld, der hintergangene, zurückgesetzte Freund, bleibt die einzige Zuflucht. Wird er aushalten, wo andere fliehen? Das frägst du dich in diesem Augenblicke, Antonie, in dem deine gereizte Weiblichkeit das Glück einer anderen zu zerstören glüht. Mit dieser Frage quälst du dich seit acht langen Tagen, bis dich der heutige Abend bestimmt, dich in meinen Schutz zu begeben. Der Schein von Heiterkeit auf deiner Stirn belehrt mich, dass ich recht geraten, und dir ein schweres Geständnis erspart habe. – Nun reden Sie, mein Fräulein!«
    »Darf ich?«, flüsterte Antonie scheu und forschend zu ihm emporblickend.
    »Ohne Umschweife!«, versetzte der Kapitän. »Rechnen Sie auf mich.« –
    »Ist das Edelmut oder Spott?«, fragte das Fräulein zögernd.
    »Edelmut?«, sprach der Hauptmann mit verächtlichem Tone. »Wie käme der zwischen uns? Spott ist’s aber auch auf meine Ehre nicht.« –
    »Ich habe keine Ansprüche auf Ihre Bereitwilligkeit«, stotterte Antonie. »Ich fühle das.«
    »Wohl Ihnen, wenn das ist«, erwiderte Harduin ernst. »Demungeachtet aber bin ich Ihnen verpflichtet. Nicht wegen meinem Rang; er ist ein unsichtbares Brandmal. Aber Sie waren meine Lehrerin in der schönen Kunst; ich der Erste, den Sie unterrichteten. Diese Erinnerung, die in der verdorbensten Fantasie als reines Zaubergold leuchtet, macht mich zu dem Ihrigen. Reden Sie.«
    »Harduin! Sie zerfleischen mein Herz und ich soll …«
    »Keine Szene, Antonie; keine Klage! Schleichen Sie nicht wie eine Schlange auf Ihren Zweck zu. Meine Freimütigkeit ist der Erwiderung wohl wert. Scheut sich Ihre Zunge vor dem Wort, so will ich die Tat, die Ihr Herz begehrt, in Worte setzen. Der Sie verschmähte, ist auf dem Punkte, glücklich zu werden. Er darf es nicht. Seine Braut, deswegen gehasst, weil Sie nicht an ihrer Stelle sind, darf es auch nicht. Also: Verderben über beide. Sie ahnen, dass sich aus der Erzählung des Fürsten Gift bereiten lässt; Sie brauchen einen Gehülfen, der Sie kräftig unterstütze, den wahnsinnigen Bruder gegen die Schwester hetze, während Sie mit geschäftiger Hand den Brand des grollenden Argwohns in die leichtgläubige Brust schleudern … einen Gehülfen, der im Notfall mit dem Degen einen Knoten zerhaue, den vielleicht die Zwietracht allein nicht lösen kann, und dieser Gehülfe soll ich sein. Ist’s nicht so?«
    »Harduin!«, rief Antonie aufspringend und sich an seine Brust werfend … »Mein Engel! Mein Retter! … Wenn Du einwilligst! Wenn es uns gelänge! … Ich kann sie nicht glücklich sehen! Wenn wir siegten … Welche Wonne! Nur danken könnte ich dir … Nimmer dich belohnen!«, setzte sie langsam hinzu. »Ich habe dir ja nichts zu bieten …«
    »Was nicht schon verfallen wäre?« –
    »So ist’s! Doch gleichviel. Der Wechsel des Augenblicks, der Szene wie unserer Laune, schafft gewohnte Genüsse zu neuen um. Liebe, Begierde und Interesse lohnen mit gleicher Münze, doch ist es nicht derselbe Lohn … Ich kenne das. Wie aber die Rache den Minnesold spendet, das will ich erfahren.« –
    Antonie bebte zusammen vor seinem flammenden Blicke. Er fuhr aber fort:
    »Seien Sie ruhig indessen, mein Fräulein. Nicht jener Neugierde schwacher Strang bindet mich allein an Sie. Ich habe mit jenem Italiener abzurechnen, der mir Ihr Herz zum zweiten Male entrissen hat. Einem Herzog konnte ich

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