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- Lasst die Toten ruhen

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Titel: - Lasst die Toten ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kotowski
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    »Jetzt«, sprach sie, »jetzt dürfen Sie Florentinen nicht sehen; sie liegt noch in wilden Fantasien, würde ihren treuen Freund nicht einmal erkennen. Hat sie aber ihre Besinnung wiedererlangt, so bin ich’s, die Sie bei ihr einführt, trotz allem Bellen des abscheulichen Zerberus, ihres Bruders, der Sie hasst, ohne zu wissen, warum?, und Ihre Verbindung gar zu gern hintertreiben möchte, wenn es nur in seiner Macht stünde.«
    »Meine Freundin!«, rief der entzückte Angelo. –
    »Ihre Freundin?«, erwiderte Antonie mit leuchtenden Augen. »Ja! Bei Gott! Ich will es sein, nach meinen Kräften Ihre Wünsche fördern, Ihre Bahn ebnen … aber – wird sie auch zu Ihrem Glücke führen?« –
    »Ich hoffe es«, sprach del Cane mit Zuversicht. »Florentinens Herz …«
    »Ist gut, vortrefflich.«
    »Ihr Geist …« –
    »Schlicht und rein, aber nicht gebildet. – Fehlerhafte Erziehung trägt die Schuld.«
    »Die Geduld des Gatten …« –
    »Trägt manches, bildet sogar noch viel; aber das Gemüt hat auch seine Rechte. Die Männer, die Bedeutenden des Geschlechts zumal, sind wählig, ungenügsam.« –
    »Mein Fräulein …«
    »Launisch, veränderlich, wie türkische Bassen [38] . Ein tadelfreier Körper, ein gutes Herz, ein für’s Haus leidlich gebildeter Geist genügt ihnen selten. Sie fordern eine höhere Mitgift von uns armen Geschöpfen. Der Mann ist klug? Er verlangt dasselbe von seiner Gattin. Er ist witzig? Seine Frau muss es auch sein. Freilich, wehe ihr!, übertrifft sie darin den gestrengen Herrn, aber die Langeweile muss sie vereint mit ihm bekämpfen. Der Mann hat tiefes Gefühl, hohes Gemüt? Wehe ihm!, wenn die Frau nicht gefühlvoll, gemütlich, empfänglich für alles Schöne ist; wenn sie den Gatten nicht versteht. An ihrer nüchternen, hausbackenen Notbildung scheitert des Mannes Begeisterung, verkühlen seine Flammen, bricht am Ende sein Herz. Sie staunen über meine Erfahrung? Sie vergessen aber, dass ich in der eigenen Familie, in dem Kreise meiner Freunde der Beispiele genug zähle, die meine Vernunft in diesem Punkte berichtigen. – Ich werde, sobald es möglich ist, Florentinen von Ihrer warmen Teilnahme unterrichten.«
    »Mein Fräulein«, stammelte del Cane verlegen, »Ihre Rede … Sie haben mich wahrlich irregemacht.« –
    »Irre?«, fragte Antonie verwundert. »Wie das? An Ihrem Herzen? Nicht möglich! Es ist edel, in tiefer Empfindung aufwallend und gerecht, ein Diamant, der aber einen Kenner sucht, und man findet diesen so selten! Oder an Ihrer Wahl? Über sie zu entscheiden, steht nicht der Fremden, nicht der Freundin zu. – Jetzt gehen Sie, mein guter del Cane, und verlassen Sie sich auf mich. Es gibt Weiber, die nach dem ersten Liebesschwindel gleichgültig an dem erhabensten Verdienst vorübergehen, ein glattes Gesicht dem gebräunten Heldenantlitz vorziehen, die starke Hand des Kräftigen wegschleudern, um die Flammenhand des Weichlings zu ergreifen; denen abenteuerliche Schicksale, wunderbare Begebenheiten zu eben so viel Furcht und Entsetzen erregenden Konjunkturen werden. Ich kenne hingegen andere, die sich darauf verstehen, das Unvergängliche, Dauernde zu würdigen, die dem lorbeerbekränzten einarmigen Krieger den Myrtenkranz reichen, den sie dem unverletzten Parade-Adonis verweigern; die den Ätna unter der Eisrinde entdecken und ihn zur wirtlichen Heeresflamme schüren und die den kostbaren Edelstein kennen, schätzen und bewahren, wäre er auch aus dem Moder der Grüfte an des Tageslicht gezogen. Ich hoffe, Sie bald wiederzusehen, mein artiger Sonderling; Sie erlauben mir wohl, Sie bei dem Namen zu nennen, den Ihnen die Residenz gibt. Ihrer Florentine bringe ich einen Kuss von ihrem getreuen Geliebten.«
    »O mein Fräulein«, rief del Cane plötzlich entflammt, »dieser Kuss …«
    »Nun?«, fragte Antonie und lauschte schalkhaft der Antwort. –
    »Wird Ihnen Florentine glauben, wenn nicht …«, hier stockte Angelo und ein Blick der Sehnsucht schoss in Antonies Augen.
    »Wenn nicht …«, wiederholte lächelnd Armida [39] , beugte sich nachlässig zu dem begeisterten Schwärmer und Rinaldos Mund brannte auf dem ihrigen.
    * * *

    »Er wird der Meine!«, triumphierte die Zaubererin. – »Wie konnte ein Augenblick mich dergestalt hinreißen?«, fragte sich del Cane, als er sie verließ, und versprach sich’s heilig, keine ähnliche Gefahr mehr zu laufen. Seine folgenden Besuche bei Antonie waren auch weit kälter und förmlicher, als der erste

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