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- Lasst die Toten ruhen

- Lasst die Toten ruhen

Titel: - Lasst die Toten ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kotowski
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ist geschehen. Kabale verachte ich, meine Freunde habe ich kennengelernt; darum kein Wort mehr von beiden.«
    »Trage dieses zu deiner Gebieterin«, sprach er zu dem harrenden Mädchen und warf ihr das Billet zu.
    »Wie, gnädiger Herr?«, fragte die Zofe betroffen. »Das nämliche Briefchen, das ich brachte?«
    »Dasselbe. Geh!« –
    »Bedenken Sie aber auch?«
    »Sprichst du auch?«, wiederholte verächtlich del Cane und wies der Iris [42] die Türe.
    Der schöne Frühlingsmorgen bewog ihn, sein Zimmer zu verlassen. Er durchstreifte den Park, machte Pläne für die Zukunft, verwarf sie wieder und drang, im Kampfe mit seinen Gefühlen verloren, ohne Zweck immer tiefer in die Schlangenpfade der englischen Anlagen. – Eine Dame geht an dem Gedankenvollen vorüber … blickt auf … er vernimmt einen durchdringenden Schrei … die Fremde sinkt neben ihm zu Boden. Er hebt sie auf, löst ihr eilig die Bänder des Huts und fährt wie vor dem Bösen zurück. – »Hat sich denn alles wider mich verschworen?«, ruft er verzweifelnd in die Luft, legt die Ohnmächtige, von Abscheu und Bestürzung zitternd in den Arm der herbeieilenden Begleiterin und verlässt, wie vom Winde getragen, den Garten, rennt nach Hause. »Einpacken!«, donnert er dem Bedienten zu. – »Postpferde bestellen! Morgen mit dem Frühesten.« – »Wohin?«, frägt der betroffene Diener. – »Nach Petersburg, nach Wien … wohin du willst!«, antwortet der Gebieter außer sich und eilt flüchtigen Fußes durch das nächste Tor dem abgelegenen Forste zu, um unter dessen Schatten seinen brennenden Schmerz austoben und die aufgerissenen Wunden vergangener Jahre verwimmern zu lassen.
    * * *

    Aus dem Landhause des Barons von Eschen, unfern den Toren der Residenz, schallte fröhliche Musik, und hundertfältiger Schimmer strahlte aus den hohen Fenstern auf die dunkle Straße, denn Florentines Bruder feierte das Fest ihrer Genesung. Ihre Bitten und Vorstellungen hatten ihn von dieser Idee nicht abbringen können und das Fräulein von Maltingen hatte das Amt der Zeremonienmeisterin übernommen, da es dem blödsinnigen Eschen zu schwer gefallen sein würde, die Honneurs des Hauses zu machen. [43] Florentine, zerfallen mit sich selbst, glich einem geschmückten Opferlamm, sah gleichgültig und trübe in das lustige Tanzgewimmel der Gäste und wies jede Aufforderung zur Teilnahme an demselben als Genesende ab. Sie konnte es jedoch nicht vermeiden, den Gardehauptmann von Lissa beständig auf ihrer Ferse zu sehen, so lästig ihr der Zudringliche wurde, und gerne würde sie die stille Stube, in der Julius schlummerte, mit dem Prunksaale vertauscht haben. Und als es später wurde, die Lust allgemeiner, die Verwirrung größer, stahl sie sich auch davon in ihr heimliches Putzzimmerchen, um von da ihren schlafenden Engel zu besuchen, zu küssen und neu gestärkt in das Menschengedränge zurückzukehren. Des Hauptmanns Falkenauge bemerkte ihr Verschwinden. Sein Scharfsinn erriet, wohin sie Mutterliebe rief. Er eilte ihr nach und begegnete im Gewühl der geschäftigen Antonie.
    »Willkommen mein Rächer!«, flüsterte sie ihm zu und drückte ihm feurig die Hand.
    »Willkommen, Alekto [44] !«, erwiderte der Hauptmann. »Du siehst zufrieden aus, meine Furie?«
    »So zufrieden«, sprach sie, »als nötig ist, um den Vergleich nur zu belächeln. – Sie sind ja getrennt.«
    »Deo gratias!«, fügte Harduin bei. »Bist du nun gesättigt?«
    »Der Neid ist es, die Rache hungert noch.«
    »Noch?«, fragte staunend der Hauptmann.
    »Er hat mich auf’s Neue beleidigt. Solange er noch atmet in dieser Luft …«
    »Geduld«, antwortete der Hauptmann mit kalter Selbstgenügsamkeit. »Geduld. Morgen führe ich einen Streich, der unsere Rechnung quitt machen soll.«
    »Morgen?«, sprach Antonie mit flammenden Blicken. »Du bist mein Herr und Meister. Dieses noch und dann …«
    »Schon gut«, schloss Harduin, kurz abbrechend, »man sieht auf uns. Verlasse mich.«
    Sie schieden und der Hauptmann verfolgte seine Straße. Treppe und Gänge waren leer, die Dienerschaft bei den Gästen beschäftigt oder auf ihr Vergnügen bedacht. Der Hauptmann hatte freies Spiel und drang bald in Florentines stilles Gemach. Sie hatte an ihres Julius’ Bettchen im Nebenzimmer einen Augenblick verweilt und ruhte jetzt im weichen Sessel von der Erschöpfung des Repräsentierens aus. Sie erschrak bei des Hauptmanns Eintritt. Lissa lächelte.
    »Störe ich, Frau Baronin?«, fragte er spöttisch und trat

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