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- Lasst die Toten ruhen

- Lasst die Toten ruhen

Titel: - Lasst die Toten ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kotowski
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näher.
    »Fürwahr, Herr Hauptmann …«, entgegnete sie mit Würde, »ich verstehe nicht …«
    »Wie ich es wagen kann, Sie zu beunruhigen?«, fragte Lissa neuerdings. »Meine Gegenwart hat Sie nicht immer befremdet.« –
    »Was soll das?«
    »Ich besaß einst Ihre Achtung.«
    »Bis ich Ihr böses Herz kennenlernte.«
    »Ich liebte Sie.«
    »Als mich noch heilige Bande fesselten.«
    »Ich warb um Ihre Hand.«
    »Und ich verwarf den Lüstling, der mich mit unreiner Flamme verfolgt hatte. Das ist vorbei. Was nun? Was bedeutet die Zudringlichkeit, mit der Sie mich heute verfolgen? Die Ihnen die Keckheit einflößt, sogar dieses Zimmer zu betreten?«
    »Sorge für Ihre Seelenruhe.«
    »Wie?«
    »Nebenbei mein Vorteil …«, setzte Lissa hinzu und spielte lächelnd mit der Uhrkette, während sein Auge von der Baronesse zu Boden und wieder zu ihr aufschweifte. –
    »Ihr Vorteil?«, fragte sie verwundert.
    »Ja, wenn ich mich anders in Ihrem Charakter nicht irrte.«
    »Erklären Sie sich.«
    »Sie haben mit del Cane gebrochen«, begann er ausholend.
    »Woran erinnern Sie mich?«
    »An das Vernünftigste, was Sie je getan haben. Die Jugend der Residenz dankt es Ihnen, dass Sie endlich dem abgeschmackten Sauertopf den Abschied gaben.«
    »Er verdient wenigstens Ihre Beschimpfungen nicht.«
    »Behüte der Himmel! Wohl noch etwas mehr. Sie taten recht, meine Gnädige, völlig recht, aber der Vorwand des Bruchs … verzeihen Sie … ist belächelnswert.«
    »Mein Herr Hauptmann«, rief Florentine errötend. »Sie unterstehen sich, ohne zu wissen …«
    »Nicht doch!«, höhnte Harduin, »ich weiß, die Stadt weiß. Die Maltingen hat geplaudert. Sie sind die Fabel der Residenz geworden. Man belacht in allen Zirkeln Ihren gutmütigen Köhlerglauben und Ihren abgedankten Vampir.«
    »Sie werden unverschämt«, rief die Glühende.
    »Ich bin nur wahr«, versetzte der Kapitän mit kaltem Spott. »Die Wahrheit ist aber ohne Falsch, und darum will ich, obschon Ihr Widerwille, Ihr Kaltsinn es nicht verdient hätte, Ihnen die Ruhe wiedergeben.«
    »Sie, Herr von Lissa?«, fragte Florentine mit Vorwurf im Blicke.
    »Wenn Sie es erlauben – ja.«
    »Reden Sie.«
    »Ihr Aberglaube hat, ohne es zu wissen, ein Verbrechen verhütet. Del Cane hat jenseits der Alpen ein Weib genommen, hat es verlassen, die Leichenkomödie zu M*** gespielt und wollte, da er das erste Mal nicht zum Glücklichsten wählte, ein zweites Los aus der gefährlichsten Lotterie aufbringen; allein zu Ihrem Besten rüttelte noch beizeiten ein Wahnwitziger die Urne, und Sie sind gerettet. Schande wäre Ihnen morgen zuteilgeworden, wie sie dem falschen Italiener zuteilwerden wird. Denn seine Gattin ist hier. Auf der Reise nach Wien begriffen, hält sie hier an, lustwandelt im Park und begegnet, Dank sei es der Prädestination [45] !, dem kecken Frauendieb. Sie glaubt, ein Gespenst zu sehen, wird ohnmächtig; der Ungetreue flieht, von Angst und Schuld getrieben, wird aber der Rache seiner Gattin nicht entkommen.«
    »Welch’ ein abscheuliches Gewerbe!«, jammerte die Baronin.
    »Sie hat sich zu den Füßen des Fürsten geworfen«, fuhr der Hauptmann fort. »Alles bewiesen. Ich erhielt den Befehl zur Verhaftung des Verbrechers.«
    »Des Verbrechers?«, fuhr Florentine auf, in deren Herzen del Canes Bild aufstieg. »Er beging kein Verbrechen!«
    »Hat er nicht die erste Ehe gebrochen?«, fragte Lissa. »Hat er nicht die zweite schließen wollen? Der Herzog ist strenge, das Gesetz straft Bigamie mit Infamie, Kugel und Kette.«
    »Um Himmels willen!«, stammelte Florentine angstvoll. »Der Unglückliche! Möge ein Gott seine Flucht leiten!«
    »Hat nicht den Anschein«, versetzte Harduin. »Seine Wohnung ließ ich umstellen. So eben erhielt ich die Kunde, er sei festgenommen.«
    »Barmherziger Himmel!«, schrie Florentine. »Er ist verloren!« –
    »Habe ich ihn morgen beim Rapport gemeldet, so ist er’s.« –
    »Der Ärmste!«, fuhr die Baronin verzweifelnd fort. »Ach, ich fühle es, ich liebe ihn noch!« –
    »Ich dachte es«, sprach der Kapitän. »Ich habe mich nicht geirrt. Es zerreißt Ihr Herz und dieser Schmerz ist der Herold Ihres Gefühls. Hat nicht del Cane für Sie das Verbrechen begehen wollen? Von einem hassenswerten Weibe fliehend, das im Brautgemach das Grazienantlitz mit der Medusenlarve vertauschte, hoffte er in Ihren Armen Seligkeit zu finden … wagte das Höchste, … seine Ehre, um Ihren Besitz. Sie müssen ihn bemitleiden.«
    »Nur

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