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- Lasst die Toten ruhen

- Lasst die Toten ruhen

Titel: - Lasst die Toten ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kotowski
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wählte, dir das Leben, mit ihm das Vermögen zu sündigen und zu bereuen ließ.«
    »Lügner! Abscheulicher Verleumder!«, stammelte außer sich die Gereizte. »Widerrufe!«
    Julius erwachte, wurde unruhig und streckte Angelo die Arme entgegen. –
    »Schone dieses Kind«, sprach er kalt zu Theresa. »Ich antworte dir nicht, denn ich verachte dich.«
    »Widerrufe!«, wiederholte sie grimmiger und riss ein Stilett aus dem Busen [47] . –
    »Willst du mich morden?«, fragte Angelo und nahm den Knaben, der sich furchtsam an ihn schmiegte, in die Arme. »Versuche es, Sünderin! An dieser Unschuld erlahmt dein Arm!«
    »Diese Unschuld?«, rief die Furie mit gellender Stimme. »Der Bastard, den du Ehrvergessener in einen reinen Stammbaum pflanztest? Diese Worte zeigen mir den Weg zu deinen Herzen. Der Tod wäre dir jetzt Wohltat, aber in deinem Arm verblute der Bub und du … stirb ihm tausendfach nach!«
    Die Zornschäumende schwang das kleine Eisen, Angelo wollte mit seinem Arm den Knaben decken, doch zu spät. Der Stoß hatte seine junge Brust getroffen und mit leisem Schrei sank er leblos auf Angelos Schulter.
    »Verfluchte«, donnerte Marsigli. »Mord für Mord! Lebendig kommst du nicht von hier!« – Er ließ den Knaben auf das Lager sinken und wandte sich nach der Elenden, die vor ihrer Tat wie vor den Donnern des Weltgerichts erbebt war und ihr Heil in der schnellsten Flucht suchte.
    »Flieh!«, rief ihr Angelo empört nach. »Flieh! Die Strafe säumt nicht! Aber hier! Ist hier keine Hülfe möglich?«
    Er eilte zu dem Knaben. Er atmete noch, aber schwer … Angelo riss ihm das Nachtkleid von der Brust, untersuchte die Wunde und zitterte. Denn von dreischneidigen Eisen geschlagen, hatte sie sich selbst geschlossen. Ohne zu wissen, was zu tun, tat Marsigli das Zweckmäßigste. Er saugte mit brennenden Lippen sich an der Wunde fest und der Erfolg lohnte sein Bemühen. Sie öffnete sich, das Blut floss und leichter wurden des Knaben Atemzüge. Alles um sich her vergaß Angelo, in dieser Pflicht bemüht, aber ein fürchterliches Geschrei weckte ihn. Florentine stand mit ihrem Bruder und Antonia auf der Schwelle des Zimmers, zur Bildsäule erstarrt bei dem grässlichen Schauspiel.
    »Siehst du, Unglückliche!«, schreit [48] Eschen. »Das Nachtgespenst mordet deinen Julius!«
    »Barbar!«, jammerte Florentine. »Gib mir mein Kind!«
    Mit Riesenstärke entreißt sie es seinem Arm und wirft sich schirmend über den Unmündigen. Angelo will sprechen, sich ihr nähern – »Zurück!«, kreischt Eschen und hängt sich mit ganzer Gewalt an den Vortretenden. – »Zurück mit deinem blutigen Munde, Bewohner der Grüfte!«, heult ihm Florentines Stimme entgegen. – »Nimm alles, lass mir mein Kind!« – Antonie zerrte aus allen Kräften an der Schelle. Eine Schar von Dienern fliegt herbei. »Weicht Ihr alle!«, ruft Angelo mit Löwenstimme in den Haufen und reißt eine Pistole hervor. »Hebe dich hinweg von mir, Wahnsinniger!«, fügt er hinzu und schleudert den Baron von sich. »Wer mich anrührt, ist des Todes! Eine Sinnlose hat hier morden wollen, nicht ich. Darum weg von der Türe! Leb wohl, Florentine! Ich habe deinen Sohne das Leben nicht geraubt – ich habe es ihm erhalten wollen, und meine Hände sind rein an dieser Tat. Hinweg!«
    Wie ein Riese schritt er durch die scheuen Diener und die aufgeschreckten Gäste in das Freie.
    * * *

    Die Morgensonne beleuchtete eine traurige Szene. Der tödlich verwundete Angelo ward auf einer Bahre von Baumästen in Eschens Landhaus gebracht, dem nächsten bewohnten Gebäude. Verzweifelnd stürzte Florentine über den Vergehenden, fragte die Wundärzte, bot ihre Habe und konnte nur ein mitleidiges Achselzucken erkaufen. Lissas Degen hatte zu gut getroffen, und der Augenblick des Verlöschens war nah. Mühsam öffnete Angelo das matte Auge, und seine ganze Seele sprach aus ihm zu der klagenden Florentine. – »Weine nicht«, lispelte er kaum hörbar, »und verzeihe mir.« »Vergib du mir«, jammerte sie unter heißen Küssen auf seine kalte Hand, auf seinen bleichen Mund. »Mein Verdacht, … ich brach dein Herz … das sich … ich ahne es … für mich durchbohren ließ, denn der Abscheuliche war dein Gegner.« –
    »Nichts von dem!«, flüsterte er abweichend. »Dein Julius …«
    »Er lebt, du bist gerechtfertigt … Leute des Hauses sahen die Mörderin mit gezücktem Dolche entweichen … des Kindes Wunde ist nicht gefährlich … sein ungeübter Mund nannte dich stammelnd

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