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- Lasst die Toten ruhen

- Lasst die Toten ruhen

Titel: - Lasst die Toten ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kotowski
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kurzem Bedenken. –
    »Ohne Hinterlist?«
    »Auf mein Wort.« –
    »Ich verlasse mich darauf.«
    Lissa war an der Tür und kehrte wieder um. »Sonderbarer Mann!«, sprach er zu Angelo. »Wem opfern Sie sich auf? Einer Frau, die nie die Ihrige werden kann.«
    »Die ich verehr’«, entgegnete del Cane begeistert, »die mich noch liebt, für die ich gerne sterbe!«
    »Warum traten Sie nicht zwischen die Baronin und mich?«, fragte der Kapitän. »Sie hätte Ihren Mut bewundern müssen!« –
    »Sie erfahre nichts von unserem Geschäft, nichts von meinem Hiersein. Sie versprechen mir das?« –
    »Mit der Hand und Mund!«
    »So leben Sie wohl. Die Mitternacht heult vom Turme; um 6 Uhr sehen wir uns wieder.«
    Der Hauptmann gab dem Gegner noch einmal die Hand darauf und verließ das Zimmer.
    Del Cane schlich nach der verborgenen Tapetentüre, durch die er eingetreten war, deren geheimen Zugang er von früheren Zeiten kannte, und heute im Getümmel der Freude unbeachtet gefunden hatte. »Wohin?«, rief er sich aber plötzlich zu. »Diesen Schauplatz heiliger Stunden fliehen? Fliehen wie der Dieb das beraubte Haus? Nachdem du dich hereingestohlen wie der Dieb? Fliehen, ehe du ihre Vergebung erflehst? Weshalb kamst du denn? Wollest du nicht den versöhnenden Segen des Engels, zu dem der Verbrecher seinen Blick zu heben wagte, auf dein Haupt sammeln, damit er dich stärke zur fernen Lebensreise? Zum herben Abschiede? Und nun? … Nein! Nein! Ich darf sie jetzt nicht sehen; ein Wort könnte mich verraten, … sie könnte auf meiner Stirne lesen, dass ich für sie mein Leben hinzuwerfen bereit bin. Nein! Ich fliehe; doch den kleinen Julius, ihr Ebenbild, will ich sehen. Ich wollte ihm Vater werden. Er hat mich geliebt. Ihn sehen, die Mutter in ihm küssen und dann werde es mit mir, wie Gott will.« – Auf den Zehen näherte er sich dem Gemache, lauschte, drückte die Tür auf und stand an des schlafenden Knaben Lager. Er sank auf seine Knie, berührte leise küssend die Stirne des Kindes und unwillkürlich flüsterten seine Lippen ein Gebet, während sein böser Engel ihm zur Seite stand. –
    »Marsigli! Angelo Marsigli!«, sprach eine tiefe Stimme neben ihm, und es riss ihn krampfhaft in die Höhe, denn er sah in männliche Kleider gehüllt, seine Gattin vor sich.
    »Theresa! Du? … Du? … Hier!« – Seine bebenden Lippen versagten ihm den Dienst, denn die finster zusammengezogenen Augenbrauen, der funkelnde Blick, der fest eingeklammerte Mund der Fremden ließen ihn nichts Gutes ahnen.
    »Ihr wundert Euch, Signor?«, fragte sie mit schlecht verhehltem Grimme. – »Dass meine Beute mir nicht entgehe, habe ich mich in dies Gewand gehüllt. Seit heute Mittag kreise ich auf Eurer Fährte. Das erleuchtete Haus, nach dem ich Euch schleichen sah, die verborgene Treppe, die Ihr einschlugt, ließen mich etwas Wichtiges vermuten. Um neugierigen Bedienten zu entgehen, musste ich unten verweilen, komme aber noch früh genug, um zu sehen, dass es hier eine Zusammenkunft gilt, dass ich in dem Hause des Weibes bin, das Ihr liebt.« –
    »Und was wollen Sie nun?«, fragte Angelo.
    »Zeuge sein von der sentimentalen Unterredung«, erwiderte sie spottend. »Diejenige sehen, die den Flüchtling bezaubert und den Hexenbanner fesseln konnte, der stirbt und lebt nach seinem Gefallen.«
    »Ersparen Sie sich die Demütigung, Signora?«, brauste Angelo auf, »und gehen Sie!«
    »Nicht so laut, bester Gemahl«, raunte sie ihm höhnisch zu. – »Ihr könntet den teuren Sprössling, den Einzigen, aus dem Schlummer wecken. Ich werde gehen, wenn Ihr mich begleitet.« –
    »Ich mit Ihnen?«, rief Angelo voll Abscheu. »Niemals mehr mit Ihnen.«
    »Elender!«, grollte Theresa, ihm drohend näher tretend. – »Ist das der Lohn, dass ich aus dem edelsten Geschlechte zu deinem niederen Wappen herunterstieg?«
    »Sprich: Zu meinem Reichtum!«, entgegnete er.
    »Meine Herablassung vergiltst du mit Hinterlist, Tücke und schändlicher Flucht von deinem Weibe?«, fragte sie mit steigendem Zorne.
    »Megäre!«, erwiderte er heftig. »Deiner Tyrannei, deiner Verschwörung, deiner Bosheit und meiner Schande entfloh ich.«
    »Deiner Schande?«, wiederholte sie wütend.
    »Ja, Verworfene«, zürnte Marsigli im Gefühl seiner bitteren Kränkung. »Deine Buhlerkünste hatten mein Haus befleckt, deine Schamlosigkeit meine Stirn gebrandmarkt. Ich musste dich morden oder fliehen! Mir blieb kein anderer Ausweg. Danke es meiner Menschlichkeit, die das Letztere

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