Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
- Lasst die Toten ruhen

- Lasst die Toten ruhen

Titel: - Lasst die Toten ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kotowski
Vom Netzwerk:
bemitleiden?«, rief Florentine weinend. »Warum vermag ich nicht mehr?«
    »Sie können ihn retten«, entgegnet der Hauptmann, ihr bedeutend ins Auge sehend.
    »Retten? Wie? Sprechen Sie!« –
    Der Kapitän putzte gleichgültig die Lichter am Spiegel und sprach: »Heute noch ist er in meiner Gewalt. Heute Nacht allein noch. Morgen rettet ihn kein Gott.«
    »Lassen Sie ihn fliehen!«, rief dringend die Baronin, die Hände faltend. –
    »Ich könnte es«, fuhr Lissa lauernd fort, »aber ich bin eigennützig.«
    »Fordern Sie!«, flehte Florentine.
    »Ich weiß nicht …« –
    »Jeder Augenblick bringt ihn der Gefahr näher«, bat die Baronin in der höchsten Angst. »Zögern Sie nicht. Fordern Sie!«
    »Des Geldes bedarf ich nicht«, sprach langsam der Versucher. »Nur Sie, gnädige Frau, können den Preis zahlen.« –
    »Verstehe ich Sie?«, fragte Florentine stutzend. –
    »Es ist ein hoher Preis«, setzte Lissa hinzu.
    »Ich errate«, sprach das schmerzerfüllte Weib und schlug die nassen Augen gen Himmel. »Meinem Ideal«, fuhr sie schwärmerisch nach einer Pause fort, »dem, den ich liebte vor allem, opfere ich ihn.«
    »Sie wollten?«, fragte Lissa staunend, sich so früh am Ziele zu sehen. –
    »Ja, Herr von Lissa!«, sprach Florentine erhaben: »Er wagte alles aus Liebe zu mir … ich opfere mich für ihn. Sie warben einst um meine Hand, und ich versagte sie Ihnen. Retten Sie del Cane, und ich bin Ihre Gattin!«
    »Wie?«, rief der Hauptmann, betreten über den Entschluss. »Doch nein! Das wäre zu viel gefordert; auch habe ich geschworen, nach dem Korb, den Sie mir gegeben, geschworen, mich nie zu verehelichen. Nein … gnädige Frau, Ihr Gatte werde ich nie.«
    »Was verlangen Sie denn?«, fragte die Baronin ahnend.
    »Die Rechte des Gatten«, sprach der Unhold ohne Scham und wollte sie in die Arme schließen. – Florentine aber, empört und von dem edelsten Zorne durchglüht, stieß ihn von sich. »Niederträchtiger!«, rief sie ihm verächtlich zu, an ihm vorübergleitend, und ließ ihn beschämt zurück.
    * * *

    Der Hauptmann betrachtete eine Weile seine Schuhspitzen, stampfte erbittert mit dem Fuße und wollte der Beleidigten nach, als er sich bei der Achsel festgehalten fühlte. Er blickte um und sah in del Canes bleiches Gesicht, in dem männliche Entschlossenheit lag und dessen Kälte sein Blut gerinnen machte.
    »Ein Wort mit Ihnen, Herr Hauptmann«, sprach halblaut der unerwartete Gast.
    »Sie hier?«, stotterte Lissa. »Wie kommen Sie hierher?«
    »Das gelte Ihnen gleich«, antwortete Angelo frostig. »Komme ich doch nicht, um zu stehlen.«
    »Was steht Ihnen zu Diensten?«, fragte der Kapitän. –
    »Ich habe Ihr ganzes Gespräch mit der Dame vom Hause angehört.«
    »Haben Sie? Haben Sie wirklich? Was wünschen Sie nun?« –
    »Sie fragen noch Herr Kapitän? – Sie haben nicht wie ein Ehrenmann gehandelt, aber die Gesetze der Surrogatehre [46] sind Ihnen nicht fremd.« –
    »Wie meinen Sie das?«
    »Sie haben meine ehemalige Braut, eine Frau, die ich schätze und verehre, beleidigt und werden mir Genugtuung geben.«
    Der Herr von Lissa stutzte. – »Hör’ ich recht?«, fragte er dann.
    »Vollkommen!«, hieß es aus del Canes Munde. »Morgen mit dem Frühesten dachte ich abzureisen, ich muss aber erst diesen Händel ausmachen. Ich erwarte Sie in dem Wäldchen hinter diesem Hause.«
    »Wie Sie befehlen«, versetzte der Hauptmann, dem es nicht an Mut gebrach, »aber Sie sind mein Arrestant.«
    »Lüge!«
    »Nicht doch; es ist wohl nicht alles so, wie ich es der Baronin schilderte, allein morgen sollten Sie verhaftet werden, denn Ihre Gattin hat in der Tat ihre Klage bei dem Fürsten angebracht. Sehen Sie hier die Order! Ich erhielt sie vor einer Stunde.«
    Del Cane überflog sie mit den Augen. »Es ist wahr«, sprach er dann kalt, »Sie können mich festnehmen, aber Sie werden es nicht tun.« –
    »Glauben Sie?« –
    »Fest und wahrhaftig. Sie werden Rang und Uniform nicht so entehren.«
    »Wahrlich, dieses Vertrauen …« –
    »Werden Sie rechtfertigen und ich gebe Ihnen dagegen mein Wort, dass, sollten Sie morgen von meiner Hand fallen, dass ich mich in meine Haft stelle.«
    Leise Bewunderung sprach aus dem Auge des Hauptmanns. Über seinen Rücken lief es aber kalt. – »Fallen?«, fragte er leiser. »Sie haben es also ernsthaft vor?« –
    »Auf das Ernsthafteste«, erwiderte del Cane. »Ich versichere es Ihnen. Sie oder ich.«
    »Ich werde kommen«, versicherte Lissa nach

Weitere Kostenlose Bücher