Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
- Lasst die Toten ruhen

- Lasst die Toten ruhen

Titel: - Lasst die Toten ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kotowski
Vom Netzwerk:
anschwellen ließ wie die Wogen des neu aufflutenden Meeres, als ich sie vernichtet in sich selbst versinken sah, als ich ihre erstarrte Hand hielt, die Pulsschläge derselben zählte, während des grässlichen Marterspiels, wie der Arzt die Pulse der Gepeinigten in der Folterkammer zählt, bis die namenlose Angst sie zu sprengen drohte und mir ein mitleidiges: Genug! entriss … wenn du jene Wolllust begreifen könntest …«
    »Nein, fürwahr!«, unterbrach sie Harduin mit rauer Stimme und riss sich von ihrer Seite, von dem Lager auf. – »Ich begreife sie nicht, weil ich den Abgrund einer Teufelsseele nicht ermessen, nicht begreifen kann. Entmenschlichtes Geschöpf! Weil ich ein Genosse deiner Tat bin, zeigst du mir so schamlos deine Blöße? Nun, bei Gott, ich wandle lange auf der Bahn des Lasters … habe im Übermut der Sinne und der Leidenschaften manches Herz zerrissen … noch klebt das Blut eines unschuldigen Schwärmers an meinem Degen … aber: Du hörst mich, Allmächtiger in den Himmeln! An diese reiche ich nicht! … Gegen diese bin ich rein und Zeit ist’s, dass es mit ihr ende!«
    »Welche Sprache?«, rief Antonie staunend. »Besinne dich, Harduin! Du redest irre!«
    »Schweige!«, schnaubte sie Harduin an. »Du hast dem Jüngling seine Seligkeit abgestohlen und ihn zum sittenlosen Manne geprägt, aber dich dafür zu strafen, ist er tugendhaft genug. Erhebe dich, kleide dich! In einer Minute sollst du von mir hören.«
    Er ging, verschloss die Tür hinter sich, und Antonie verließ in Betäubung und Angst das Lager. Kaum gekleidet, eilte sie händeringend durch das Zimmer, denn sie hörte auf des Hauses Vorplätzen Waffen rasseln, Sporen klingen, raue Männerstimmen. Der Hauptmann trat in voller Uniform zu ihr ins Gemach. Wachhabende Dragoner hielten den Vorsaal besetzt.
    »Im Namen der Herzogs!«, sprach Harduin mit dem verächtlichen Stolze, den die Demütigung des elenden Feindes verleiht. »Ich verhafte das Fräulein von Maltingen. Schändlicher Kabalen, boshafter Einmischung in Staats- und Familiengeheimnisse und zuchtlosen Wandels überwiesen, geht sie zu lebenslänglichem Gefängnisse nach Oberstein ab. Hier ist der Kabinettsbefehl, wenn Sie zu sehen verlangen.«
    »Abscheulicher«, wütete Antonie, »das ist dein Werk!«
    »Ich würde mich schämen, wenn es nicht das Meine wäre«, entgegnete Lissa höhnend. »Der Schüler hat die Meisterin übertroffen. Angelos und der Eschen Unglück stürzt sie in den Abgrund. Auf mein Verderben hatten Sie es gemünzt, ich komme zuvor, siege und räche mich an Ihnen für mein ganzes verlorenes Lebensglück. Eilen Sie, meine schöne Dame. Das Zimmer auf Oberstein wartet Ihrer. Ihr Freund hat es Ihnen gestern ausgeschmückt.«
    »Ich Unglückliche!«, jammerte das Fräulein und zerraufte sich verzweifelnd die Haare. – »Ich war die Seine, aus meinen Armen geht er … um mich dem Verderben zu überliefern.«
    »Ich spielte das Prävenire [52] «, sprach der Kapitän mit hämischem Spott, ließ die Dragoner eintreten, begleitete das wehklagende Fräulein mit rauer Soldatenmanier zu dem Wagen und hob sie hinein. Ihre Zofe und zwei Unteroffiziere stiegen mit ein, Dragoner umgaben den Wagen. Lissa zu Pferde führte den Zug und die ehemalige Favoritin des Fürsten verließ unter dem Spottgelächter des Pöbels die Residenz, den Schauplatz ihrer Taten, um in enge Kerkermauern zu wandern.
    * * *

    Am folgenden Abend wurde der unglückliche Angelo zur Gruft bestattet, aus der er nicht mehr erstehen sollte. – Florentine, das arme Opfer der Treuelosigkeit und des Aberglaubens, trauerte unvermählt ihr ganzes Leben lang um den Toten, erzog mit mütterlicher Sorgfalt ihren geliebten Sohn und schenkte ihrem bedauernswerten Bruder, der im Irrenhause starb, eine Träne des Mitleids. Theresa verbarg ihre Schande in Kalabriens Bergen, und der Hauptmann fiel im Zweikampf durch das rächende Schwert des Komturs.
        

Nachbemerkung
    »Der Vampir und seine Braut« gehört zu den ältesten Geschichten mit einem Pseudovampir; vielleicht ist es sogar der älteste jener Erzähltexte überhaupt. Gleichwie, er hatte großen Einfluss auf die Welle von Pseudovampiren, die ihm folgte. Einen Überblick findet man in Stefan Hocks »Die Vampirsagen«. Gerade Geschichten, die ein bestimmtes Motiv in seiner Pseudo-Variante benutzen, müssen sich eng an das echte Motiv halten, damit der Leser es sicher wiedererkennt. Daher bietet Spindlers Novelle gute Hinweise – allerdings kann

Weitere Kostenlose Bücher