Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
- Lasst die Toten ruhen

- Lasst die Toten ruhen

Titel: - Lasst die Toten ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kotowski
Vom Netzwerk:
seinen Retter!« –
    »So gehe ich hin in Frieden …«, sprach Angelo mit seligem Lächeln. »Der Stoß der Wütenden ging fehl. Fluche ihr auch nicht, Florentine, und bete für mich.«
    Sie sank schluchzend auf ihre Knie.
    »Ich habe ausgelebt …«, fuhr er mit schweren Atemzügen fort. »Gedenke meiner, Lebende. Dich …« Hier leuchtete himmlische Verklärung auf seinem Antlitz und helle Strahlen seinem Blicke. »Dich allein lasse der Allgütige mich jenseits wiederfinden!« Er sank zurück und war nicht mehr. Seine Augen leuchteten aber heller denn im Leben, und auf die Glanzsterne drückte Florentine ihre tränennassen Augenlider, ließ die grenzenlose Wehmut ausströmen in halber Ohnmacht, bis des Toten Augen brachen, immer grausender in sich versanken und eisige Kälte in die der Geliebten floss. Sie schreckte nun in die Höhe, aber ihre Sehkraft war gelähmt, und wie durch eine Flordecke starrte sie fürder in die sie umgebende Welt.
    * * *

    Der Hass hatte gesiegt. Antonie wandelte still und in sich gekehrt in dem Garten des Landhauses, horchte bald auf das jammernde Wehgeschrei der trostlosen Florentine, das aus den offenen Fenstern zu ihr drang, bald auf das Gebrüll des Herrn von Eschen, der seit der Begebenheit verwichener Nacht in Raserei verfallen war und von handfesten Wächtern im Hintergebäude verwahrt gehalten wurde. Es war öde und feierlich in der Brust der Lustwandelnden geworden und, um dem Trauerhause zu entlaufen, beschloss sie, heute noch nach der Stadt zurückzukehren, um in dem Taumel ihrer Vergnügungen sich selbst zu vergessen, als der Hauptmann, zu Pferde sitzend, über die Staketen [49] blickte.
    »Ist er hinüber?«, fragte er leise.
    Ein fliegendes Kopfnicken bejahrte. Der Hauptmann fuhr wie unmutig mit der Hand über die Stirne und sagte dann: »Ich komme vom Fürsten. Ich habe mich vor ihm gestellt; die Sache ist beigelegt. Ich reise morgen auf einige Monate nach Wien. Das Geräusch der Kaiserstadt soll mich zerstreuen und meine Reinigungstaufe werden, wenn mich nicht des Erstochenen Bruder, der Komtur Marsigli, auswittert, was Gott verhüten möge. Jetzt bringe ich einen Befehl des Herzogs nach der Festung Oberstein. In der Dämmerung kehre ich zurück, den versprochenen Sold von Magdalenes Lippen zu küssen.«
    »Sie wartet ihres Freundes!«, entgegnete Antonie mit lüsternem Blicke. »Rosen und Lorbeeren sollen seinem Becher kränzen …«
    Lissa küsste die schöne Hand, die ihm die Zauberin zum Abschiede reichte, und sprengte wie der Wind von dannen.
    Antonie flog aber auf ihr Zimmer und warf folgende Zeilen auf das Papier: »An den Komtur von Marsigli! Ihr vortrefflicher Bruder ist heute auf die nichtswürdigste Weise im Duell gefallen. Sein Mörder, Gardehauptmann von Lissa, reist morgen nach Wien ab. Sie sind Italiener, Edelmann und Ritter. Rächen Sie Ihren Bruder. Rächen Sie die Menschheit an dem mörderischen Buben, der eine Pestbeule unseres Geschlechts ist. Dann erst nennt sich der Schreiber dieses Briefes.« –
    Ein Jokai [50] musste die Weisung schnell zur Post befördern, und Antonie verließ um Mittag, ohne Abschied zu nehmen, das Haus, das sie in Elend und Trauer gestürzt hatte, um mit dem erfindungsreichsten Luxus die Anstalten zu des Hauptmanns Empfang zu treffen, der sich auch mit sinkender Nacht einfand.
    Des Fräuleins Zofe, in Kythereias [51] Dienst erfahren, ließ den Beglückten ein, der sich von allen Wohlgerüchen Indiens und von den Armen der verführerischen Antonie empfangen sah.
    * * *

    »Mein Harduin!«, lispelte die schöne Sünderin, als sich das neue Morgenlicht durch die Purpurvorhänge zu dem Lager stahl, das sie mit ihrem Freunde umfing, und drückte einen süßen Kuss auf seine Wangen … »Gestehe, mein Harduin, dass die Rache auch süß zu lohnen vermag.« –
    »Wahrlich ja«, entgegnete der Hauptmann, »der Herzog würde mich beneiden, wüsste er …«
    »O still! Still von ihm!«, koste Antonie. »Meinem Herzen war er nichts. Nur meiner Sinne Spiel und du hast mich glücklich gemacht durch deinen Rachedienst. Wie uns alles glückte, Angelo, an deinem Stahle verblutet, Florentine, die gehasste Nebenbuhlerin, in den Staub getreten … und alles nach und nach und stufenweise entwickelt, von Trudens Possenspiele an bis zu der letzten Katastrophe. O, mein Harduin, wenn du die Seligkeit begreifen könntest, die ich empfand, als ich an jenem Abende neben unserem Opfer auf dem Sofa saß, als ich ihre steigende Angst berechnete und sie

Weitere Kostenlose Bücher