Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan
die Last auf meinen Schultern noch schwerer. Zehn Jahre lang Überschwemmungen. Da würde kein einziger Indikator mehr zu finden sein. Keine Absenkung. Keine Insektenaktivität. Keine veränderte Vegetation. Keine Schichtung. Nichts, was auf ein Versteck in der Erde hindeutete.
Claudel sah mich fragend an. Hinter ihm plätscherte leise der Bach. Über unseren Köpfen krächzte eine Krähe, und eine andere antwortete.
»Wenn sie hier sind, finde ich sie«, sagte ich, zuversichtlicher als ich mich fühlte.
Das Krächzen klang wie Gelächter.
8
Bis Mittag hatten wir, ausgehend von Rinaldis verschwommenen Erinnerungen an die genaue Lage der Gräber, eine Fläche von fünfundvierzig mal fünfundvierzig Metern von Vegetation und Unrat freigeräumt. Es zeigte sich, dass er die Leichen selbst nie gesehen hatte, sondern nur »glaubwürdige Informationen« weitergab. Nach der Überlieferung der Bande hatte man die Opfer zu einer Gartenparty eingeladen, sie dann in den Wald gebracht und ihnen in den Kopf geschossen. Großartig.
Ich hatte ein Gitternetz abgesteckt und den Rand mit orangen Pflöcken im Abstand von eineinhalb Metern markiert. Da Leichen selten tiefer als eins achtzig vergraben werden, hatte ich ein Georadar, ein Bodendurchdringungsradar also, mit einer 500-Megahertz-Antenne angefordert, eine Frequenz, die in dieser Tiefe sehr effektiv ist. Das Gerät war binnen einer Stunde eingetroffen.
In Abstimmung mit dem Radartechniker hatte ich außerhalb des abgesteckten Suchgebiets eine Testgrabung durchgeführt, um Informationen über Dichte, Feuchtigkeitsgehalt, Schichtungen und andere Bodencharakteristika zu erhalten. Nachdem wir eine Metallstange in die Grube gelegt hatten, füllten wir sie wieder auf. Anschließend tastete der Techniker die Grube mit seinem Gerät ab, um Kontrolldaten zu erhalten.
Er war eben mit den Schlusseinstellungen des Geräts beschäftigt, als Frosch aus dem Jeep stieg und, dicht gefolgt von seinem Bewacher, zu mir geschlendert kam. Es war mittlerweile einer von mehreren Ausflügen aus dem Schutz des Wageninneren, denn der bis jetzt von Heckenschützen freie Vormittag hatte seine Angst etwas gelindert.
»Was ist denn das für eine Scheiße?«, fragte er und deutete auf eine Vorrichtung, die aussah wie ein Requisit aus Zurück in die Zukunft. In diesem Augenblick stieß Claudel zu uns.
»Frosch, es würde dir gut tun, wenn du deinen Wortschatz etwas erweitern würdest. Vielleicht solltest du dir so einen Kalender zulegen, der jeden Tag ein anderes Wort erklärt.«
»Fuck you – ich scheiß drauf.«
In gewisser Weise genoss ich die englischen Schimpfwörter. Sie waren wie Grüße von zu Hause in einem fremden Land.
Ich musterte Frosch, um zu sehen, ob er nur Spruche klopfte, aber seine hellgrünen Augen zeigten echtes Interesse. Wo er hinging, würde er kaum Chancen haben, seinen wissenschaftlichen Horizont zu erweitern.
»Das ist ein GPR-System.«
Er sah mich verständnislos an.
»Ground-penetrating radar oder Georadar. Ein Gerät, mit dem man den Boden abtasten kann.«
Ich deutete auf ein Terminal, das an den Zigarettenanzünder eines vierradgetriebenen Fahrzeugs angeschlossen war.
»Das ist die GPR-Maschine. Sie bewertet Signale, die von einer Antenne kommen, und produziert auf diesem Bildschirm eine Grafik.«
Ich deutete auf ein schlittenähnliches Gerät mit einem nach oben ragenden Handgriff und einem dicken Kabel, das es mit der GPR-Maschine verband. »Das ist die Antenne.«
»Sieht aus wie ein Rasenmäher.«
»Ja.« Ich fragte mich, was Frosch über Rasenpflege wusste. »Wenn ein Techniker die Antenne über die Erde zieht, sendet sie ein bodendurchdringendes Signal aus und schickt dann die Daten an die GPR-Maschine. Das Radargerät bewertet die Stärke und die Reflexionszeit des Signals.«
Er sah mich an, als würde er verstehen. Claudel tat zwar so, als interessierte ihn das nicht, hörte aber dennoch zu.
»Wenn in der Erde etwas ist, wird das Signal verzerrt. Seine Stärke wird beeinflusst von der Größe der unterirdischen Störung und von den elektrischen Eigenschaften, die am oberen und unteren Rand herrschen. Die Tiefe des Gegenstands bestimmt, wie lange das Signal hin und zurück braucht.«
»Dann kann Ihnen dieses Ding also verraten, wo eine Leiche liegt?«
»Nicht, ob es eine Leiche ist. Aber es kann zeigen, ob eine unterirdische Störung vorhanden ist, und es kann Informationen über Größe und Lage liefern.«
Frosch machte ein verständnisloses
Weitere Kostenlose Bücher