Lasst uns ueber Liebe reden
eines Mannes geschrieben, der
Frauen und insbesondere seiner Freundin gegenüber unsicher ist.
Bestimmt
hielten alle ihre Bekannten sie jetzt für die totale Domina. Aber die letzte
Zeile war so süß und sexy, dass sie sich nicht beschweren konnte.
nimm mich
an die kandare. nimm mich, in schütz, nimm mich.
Jedes Mal,
wenn sie das las, wollte sie sich die Klamotten vom Leib reißen und über ihn
herfallen. Ganz sanft natürlich.
Sie wurde
in ihren Gedanken unterbrochen, weil sich genau in diesem Moment die schwarzen
Flügeltüren der Schule öffneten und Dan in seinen ausgelatschten weißen Pumas
und einer dunkelblauen Cordhose herausgestürzt kam. Er winkte mit einem
zerknitterten New Yorker , sprintete auf Vanessa zu und drückte ihr einen
feuchten, lauten Kuss auf die Lippen. »Heute ist der schönste Tag meines
Lebens!«, rief er. »Ich liebe dich!«
»Du musst
mir nicht romantisch kommen. Ich lass dich auch so noch mal ran.« Vanessa
erwiderte seinen Kuss kichernd. »Ich stehe dir jederzeit zur Verfügung. Ach ja
und lieben tu ich dich übrigens auch.«
»Cool.«
Dan lächelte selig.
Vanessa
konnte gar nicht glauben, dass er derselbe alte Dan war, von dem sie sich erst
gestern verabschiedet hatte. Er war immer noch blass, dünn und
koffeingeschädigt, aber seine braunen Augen leuchteten, und seine sonst so hohlen
Wangen zeigten sogar Spuren von Lachgrübchen. Ah, Sekunde mal - seit wann
konnte man seine Augen sehen? »Hey! Du warst ja beim Frisör!« Vanessa trat
einen Schritt zurück, um ihn zu begutachten.
Dan hatte
den Frisör gebeten, ihm einen Kurzhaarschnitt zu schneiden, aber mit langen
Koteletten, um sich von den Spießerärschen an seiner Schule zu unMrscheiden. Er
fuhr sich verlegen mit der Hand über den Kopf. Es fühlte sich ungewohnt an,
irgendwie neutraler als vorher und... homogener. Und das war genau das, was er wollte: dass man ihn an seiner Arbeit maß, nicht
an seiner Frisur.
Wie du
willst, Koteletten-Man.
Vanessa
stemmte die Hände in die Seiten ihres schwarzen Parkas. Dans neue Frisur hatte
etwas Kalkuliertes an sich, als hätte er sich nicht einfach die Haare schneiden
lassen, sondern sich ganz bewusst einen Künstlerlook zugelegt. »Hm, ein
bisschen verändert siehst du schon aus«, sagte sie nachdenklich und spürte
beinahe so etwas wie eine sentimentale Sehnsucht nach dem alten strähnigen Dan
in sich aufsteigen. »Aber ich werd mich dran gewöhnen.«
Hinter
ihnen drängelte eine Gruppe von Achtklässlern zur Tür hinaus und sang aus
voller Kehle »Hello Dolly«. Sie kamen gerade aus dem Musikunterricht und waren
zu jung und unschuldig, um zu merken, wie schwuchtelig sie sich anhörten.
Hello,
Dolly! Well, hel-loo, Dolly!
It's
so nice to have you back where you belong!
Dan zog
eine Packung Camel ohne Filter aus seiner schwarzen Kuriertasche, klopfte eine
Zigarette heraus und steckte sie sich zwischen die Lippen. Seine Finger
zitterten wie wahnsinnig, als er sie sich anzündete. Na, wenigstens das war
gleich geblieben. Er hielt Vanessa die Packung hin. »Auch eine?«
Vanessa
starrte ihn an und kicherte ungläubig. »Seit wann rauch ich denn?«
Dan blies
Rauch in die Luft und verdrehte die Augen. »Tut mir Leid. Keine Ahnung, wie ich
darauf gekommen bin.« Er steckte die Packung in die Tasche zurück und griff
nach Vanessas eiskalter Hand. »Komm. Gehen wir ein bisschen. Ich muss dir was
erzählen.«
Als sie
gerade loswollten, kam Zeke Freedman aus dem Schulgebäude. Er dribbelte einen
neonblauen Basketball vor sich her. Obwohl Zeke schwerfällig wirkte, war er der
Basketballstar der Schule. Seine schwarzen Locken hingen ihm bis auf die
Schultern hinab und er hatte eine neue schiefergraue Snowboard-Jacke an. Zeke
und Dan waren seit der zweiten Klasse beste Freunde, hatten sich in den letzten
Monaten allerdings nicht viel gesehen, weil Dan zu sehr mit anderen Dingen
beschäftigt gewesen war.
Mit Frauen
und Poesie, um genau zu sein.
Plötzlich
ging Dan auf, dass er noch nicht einmal wusste, an welcher Uni sich Zeke
beworben hatte. Er fühlte sich richtig mies, vor allem weil es hauptsächlich
an ihm lag, dass sie sich so voneinander entfernt hatten. »Hey, Zeke!«, rief
er.
Zeke, der
in seiner neuen Skijacke noch bärenhafter aussah als sonst, blieb stehen.
»Hey, Dan.« Er lächelte zurückhaltend und ließ den blauen Basketball auf dem
vereisten Asphalt auf der Stelle springen. »Hey, Vanessa.«
»Was sagst
du zu Dans neuer Frisur?«, fragte Vanessa ihn grinsend.
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