Last Date
mir fehlt die Zeit dazu. Außerdem haben sich unsere Fronten ein wenig verhärtet, denke ich.“ Er legte eine kurze rhetorische Pause ein. „Und außerdem wissen Sie genau, dass Sie mit diesen Informationen viel früher hätten kommen müssen. Wie Sie sich denken können, begebe auch ich mich in die Gefahr, erheblichen Ärger zu bekommen, wenn ich Sie jetzt einfach so gehen lasse. Aber da es sich scheinbar wirklich um Ihren Freund handelt, verstehe ich sogar ihre Reaktion. Allerdings möchte ich Ihnen noch zwei, drei Fragen stellen und dann einen Vorschlag machen, dem Sie dann hoffentlich zustimmen werden.”
„ Um was für einen Vorschlag handelt es sich dabei?”
Berner grinste ein wenig triumphierend. „Langsam. Immer mit der Ruhe. Sie beantworten mir noch zwei Fragen und ich gebe Ihnen dann ein paar brandneue Informationen mit auf den Weg, die Sie sich dann durch den Kopf gehen lassen. Wir treffen uns dann heute Abend bei mir zu Hause. Meine Frau macht eine hervorragende Lasagne, die müssen Sie probiert haben.”
Joachim sah ihn verwirrt, mit in Falten gelegter Stirn an und zuckte unbewusst mit den Schultern. „Schießen Sie los. Ich werde versuchen Ihnen zu antworten.”
Berner blieb bei dem sachlich ruhigen Tonfall, der Joachim nicht so in die Enge zu treiben schien. „Herr Landau, hält sich Adrian hier in der Nähe auf?“
„ Was verstehen sie unter hier in der Nähe Herr Berner”“
Der Hauptkommissar ballte kurz seine Fäuste, entspannte sich aber sofort wieder. „Bitte versuchen Sie nicht mich zu verarschen. Ist Adrian Richter momentan in Kassel oder in der näheren Umgebung?”
So weit wollte Joachim eigentlich nicht gehen, bevor er nicht eine Zusage hatte, dass Berner diese Information für sich behalten würde. Momentan wirkte es für ihn so, als ob er von seinem ehemaligen Vorgesetzten systematisch ausgequetscht wurde. Allerdings wusste er auch, dass es ein Geben und Nehmen war. Er wollte etwas von Berner, also musste er ihm auch ein paar Brocken hinwerfen. Eventuell würde es ihm verhandlungstaktisch sogar Vorteile bringen, wenn er vortäuschte, den genauen Aufenthaltsort seines Freundes zu kennen.
„ Ja. Adrian hält sich zurzeit in der näheren Umgebung von Kassel auf.”
Berner stand wieder auf und ging lässig zum Fenster. „Herr Landau. Wie sicher sind Sie sich, dass Ihr Freund nichts mit dem Mord an einer der Frauen zu tun hatte.”
Joachim musste Zeit gewinnen, um darüber nachzudenken, wie er seine eigene Position wieder stärken könnte.
“Also, irgendwie kann man ja nicht sagen , dass er gar nichts mit den Mordfällen zu tun hatte. Immerhin war seine Freundin ja eines der Opfer und er zum wahrscheinlichen Tatzeitpunkt in der Nähe und ...”
Berner explodierte schreiend. „Wollen sie mich jetzt doch noch verarschen? Glauben sie nicht, dass die Situation viel zu ernst ist, um mir hier irgendeinen Mist zu erklären? Ich frage sie noch einmal, wie sicher sind Sie sich?”
Joachim war etwas zurückgewichen und antwortete mit zittriger Stimme: „Ähm, ab… absolut sicher!”
„ Herr Landau. Hundert Prozent sicher?”
Joachim nickte hektisch. „Ja, zweihundert Prozent sicher!”
Berner ging zu seinem Schreibtisch, zog die obere rechte Schublade hervor, nahm einen Schnellhefter heraus und warf ihn direkt vor Joachim auf den Schreibtisch. „Tun Sie mir einen Gefallen und werfen Sie doch noch einen kleinen Blick in diese Akte, bevor ich Ihnen meinen Vorschlag unterbreite.”
Unsicher zog Joachim die Mappe zu sich und las auf dem Umschlag unter dem gedruckten Wort Mordfall den mit Kugelschreiber geschriebenen Namen Anja Kugel. Da ihm der Name nichts sagte, fing er an in der Mappe zu blättern und stieß recht schnell auf die in überwiegend rotem Farbton ausgedruckten Bilder einer mit Schnittwunden übersäten jungen Frau.
Berner unterbrach die eingetretene Stille. „Der Freund der Kleinen hat sie heute Nacht so in ihrer Wohnung gefunden. Ich war selbst vor Ort und habe den frischen Geruch des Tatorts noch in meiner Nase.”
Joachim zitterte. Und als ihm bewusst wurde, dass er wohl die Akte eines vierten Mordes in der Hand hielt, spürte er das anfangende Rebellieren in seinem Magen. Er hatte bisher nur erzählt bekommen, wie der Mörder seine Opfer hingerichtet hatte, aber jetzt sah er die grausame Realität in Bildern vor sich. Angeekelt klappte er die Akte zu und sah wieder zu Berner auf.
Dieser zog die Mappe zu sich heran, blätterte darin und
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