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Last days on Earth

Last days on Earth

Titel: Last days on Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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ebenso verzerrt. »Genau. Danke, mir geht
es ausgezeichnet, bis auf einen mörderischen Brummschädel. Und der wird sich
legen, sobald ich all diese Informationen verarbeitet habe, die Brad mir gerade
so unsanft ins Gehirn gerammt hat.« Er stemmte sich auf die Füße. »Gehen wir
wieder schlafen. Er wird dich heute nicht mehr belästigen, wenn du also …«
    Karla erwiderte seine unbeholfen einladende Handbewegung mit einem
beinahe verlegenen Nicken. »Gerne. Du schnarchst nicht, das ist sehr angenehm.«
    Sie lagen nebeneinander in der lichten Dunkelheit des Zimmers. Raoul
betrachtete das Schimmern ihres Haars, das beinahe phosphoreszierende Glänzen
im Weiß ihrer Augen. Karlas Atem ging ruhig, aber sie war wach.
    Er bewegte sich vorsichtig, um seinen schmerzenden Kopf, der sich
anfühlte wie ein zum Platzen gefüllter Ballon, in eine angenehmere Position zu
bringen. An Schlaf war nicht zu denken. Vier verlorene Monate drückten schlimmer
als eine unverdauliche Mahlzeit.
    Â»Wofür hast du dich beworben?«, fragte er nach einer Weile.
    Karla holte tief Luft. »Nichts Besonderes«, sagte sie mit flacher
Stimme. »Ein Posten als Wachfrau und etwas Ähnliches bei einem
Sicherheitsdienst. Ein Industrieller sucht einen Bodyguard mit erweiterten
Fähigkeiten.« Sie schnaubte. »Eine Stelle als Ausbilderin, aber die werde ich
nicht bekommen, solange ich keinen Zugang zum morphischen Feld habe.«
    Â»Kannst du das nicht einklagen?«, fragte Raoul, den die Aufzählung
grauste. Wachfrau. Bodyguard. Was für trübsinnige Aussichten! »Du bist gegen
deinen Willen infiziert worden. Der Weiße Zweig müsste dich doch erst anhören,
bevor er dich verdammt. Soll ich dir einen guten Anwalt …?«
    Â»Das ist nicht deine Angelegenheit.«
    Â»Doch«, erwiderte er sanft. »Du bist meine Freundin. Es bekümmert
mich, dass du alles verloren hast, woran du glaubst.«
    Sie schwieg. Nach einer Weile, in der er versunken ihrem Atem und
dem Wummern in seinem Kopf gelauscht hatte, sagte sie: »Es hätte keinen Sinn.
Perfido hat mich aus der Zelle geholt. Damit bin ich für alle Zeit erledigt.«
    Â»Du könntest ihnen alles erklären.«
    Â»Nein, das könnte ich nicht.« Karla drehte sich zu ihm herum. Ihr
Gesicht war ein heller Fleck in der Dunkelheit. »Ich bin eine intime Verbindung
mit einem Nachtgeborenen eingegangen. Das allein hätte schon für eine Abmahnung
ausgereicht.«
    Â»So streng sind eure Regeln?«
    Â»Ja.« Er erahnte ein Lächeln. »Und jetzt stell dir eine Magistra
vor, die wegen einer illegalen Liaison und der daraus resultierenden
Kontaminierung verhaftet wurde und dann durch den regierenden Gangsterboss aus
ihrer Zelle geholt wird.«
    Raoul schnaubte. »Deine Vorgesetzten müssen dich doch kennen. Sie
müssten wissen, dass du nicht die Seiten gewechselt hast.«
    Karla seufzte. »Das ist schon gesetzestreueren Magistern passiert.
Wenn du einmal infiziert wurdest, siehst du die Welt notgedrungen mit etwas
anderen Augen.« Sie berührte sacht seine Schulter. »Es gefällt mir nicht, wie
ich die Welt nun sehe, aber ich weiß, dass ich nicht zurückkann.« Ihre
Berührung wurde fester. »Aber eins kann ich dir sagen: Wenn ich Kit Marley
jemals in die Finger bekomme, ist er ein ganzes Stück toter, als ihm lieb ist!«
    Raoul konnte trotz seines schmerzenden Kopfes nicht anders, er
lachte. Er streckte den Arm aus und zog sie an sich. Karla legte den Kopf in
seine Armbeuge. »Kannst du so liegen?«, fragte sie gähnend. »Ich werde jetzt
schlafen. Bin hundemüde, und morgen früh ist doch diese Wohnungsbesichtigung …«
Sie schlief ein, während sie noch redete.
    Raoul rückte sich so zurecht, dass sein Arm nicht wieder taub wurde,
und schloss die Augen. Er konnte ohnehin nicht schlafen, also würde er mit der
Arbeit beginnen, sich den neuen Gedächtnisinhalt einzuverleiben.

 

    12. 19. 19. 10. 19.
    Raoul hatte natürlich recht gehabt: Die Wohnung, zu deren
Besichtigung sie an diesem Morgen aufgebrochen war, hatte sich als ein völlig
überteuertes Rattenloch entpuppt. Es gestaltete sich erstaunlich schwierig,
eine bezahlbare, einigermaßen zentral gelegene Unterkunft zu finden.
    Sie schloss die Wohnungstür auf und rief: »Bin wieder da«, während
sie die Schlüssel auf die Ablage warf und ihren

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