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Last days on Earth

Last days on Earth

Titel: Last days on Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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dafür verwendete, sie als seinen
neuen Wirt vorzubereiten, dann muss es auf der Kippe gestanden haben. Warum hat
Raoul mir nichts davon erzählt?«
    Â»Wir sind in eine Schießerei geraten«, sagte Karla knapp. »Raoul
wurde angeschossen, aber die Wunde ist schon so gut wie verheilt. Brad muss
also seinen Job getan haben.«
    Â»Wenn er Ihnen bei dieser Gelegenheit seinen Namen eingebrannt hat,
dann hat er nichts zu Raouls Gesundung beitragen können. Das eine widerspricht
dem anderen.« Tora winkte ab. »Das ist jetzt gleichgültig. Ich muss Sie vorbereiten,
das ist meine Aufgabe.« Sie lachte leise. »Sie sind
wahrscheinlich die merkwürdigste Weiße Hexe, die je existiert hat. Eine halbe
Nachtgeborene und ein Daimonenwirt. Der Weiße Zweig würde sich in Krämpfen
winden, wenn er wüsste …«
    Karlas Aufschrei unterbrach die Großmeisterin. »Ich werde nicht als
Wirt dienen!«, rief sie. Sie stand auf und deutete eine knappe Verbeugung an,
um sich zu verabschieden.
    Â»Hinsetzen«, befahl die Großmeisterin scharf. Karla stellte
verblüfft fest, dass sie im gleichen Augenblick wieder auf dem Boden hockte.
Sie hatte nicht einmal bemerkt, dass Tora mit diesen drei Silben einen Zauber
gewirkt hatte.
    Die Großmeisterin starrte sie an. »Du läufst nicht davon, Kind, und
trägst eine Signatur mit dir herum, die du nicht zu beherrschen weißt. Du hast
keine Ahnung, was dir geschehen kann, wenn ein weniger zivilisierter Daimon als
Brad auf dich trifft: gezeichnet und ihm völlig wehrlos ausgeliefert. Du bist
eine Gefahr für deine Umgebung.« Sie machte eine ungeduldige Geste, und Karla
konnte sich wieder bewegen.
    Â»Das wusste ich nicht«, sagte sie.
    Tora nickte ungeduldig. »Wie gut sind Sie im Vergessen?«
    Â»Vergessen?« Karla zog befremdet die Augenbrauen hoch. »Nun, nicht
besser oder schlechter als jeder andere auch, denke ich. Darüber habe ich mir
nie Gedanken gemacht. Ich habe ein ganz gutes Gedächtnis, aber ich muss mir
Notizen machen.«
    Â»Raoul ist ein schrecklich schlechter Vergesser – er merkt sich
einfach jedes Detail.« Tora lachte und beugte sich vor, um Papier und
Schreibzeug aus einer Schublade zu ziehen.
    Karla versuchte, sich ihr Unbehagen nicht anmerken zu lassen. »Ich
bin wegen Raoul hier.«
    Das ließ Tora innehalten. Sie legte die Hände in den Schoß und sah
Karla fragend an.
    Â»Ich habe das Gefühl, dass Brad ihn benutzt. Er hat so gut wie keine
Kontrolle über seinen Daimon, aber er fühlt sich verantwortlich für das, was
Brad anrichtet.« Karla rieb sich über die Augen, die plötzlich vor Müdigkeit
brannten. Oder war es der Zigarettenrauch, der trotz der weit geöffneten
Schiebetüren im Raum stand? »Und er baut körperlich ab«, fügte sie hinzu.
»Seine Hände zittern. Er hat immer wieder Momente, in denen er so
geistesabwesend ist, dass ich befürchte, sein Verstand ist beschädigt.«
    Tora nickte mit ausdrucksloser Miene. »Er war sehr jung, als er Brad
beschwor. Die Zeit, die ein Wirt mit seinem Daimon leben kann, ist begrenzt.«
    Karla wartete, aber die Großmeisterin schwieg. »Das heißt, Sie sehen
tatenlos zu, wie Raoul seinen Verstand und die Herrschaft über seinen Körper
verliert?«, explodierte sie.
    Tora zuckte mit den Schultern. »Es war seine Entscheidung.« Die
Großmeisterin beugte sich ungerührt über ihr Schreibzeug, schraubte einen
Pinselstift auf und malte mit sorgfältigen Strichen etwas auf ein Blatt Papier.
    Karla zwang ihren Zorn mühsam zurück. Er war seit Monaten ihr
ständiger Begleiter: Sie brannte vor Zorn über das, was Kit ihr angetan hatte.
Sie war zornig, weil Raoul sein Leben vollkommen seinem Daimon unterordnete.
Sie kochte vor Zorn, wenn sie über all die toten, verletzten, verängstigten und
obdachlos gewordenen Existenzen nachdachte, Opfer eines skrupellosen
Drahtziehers, der Katastrophen unvorstellbaren Ausmaßes über sie gebracht
hatte. Sie brannte darauf, ihn zu stellen und zur Rechenschaft zu ziehen.
    Tora sah auf. »Würden Sie bitte einen Blick hierauf werfen?«
    Karla beugte sich vor und sah das Zeichen an. Es war eine Sigille,
wie sie auch Raoul benutzte, um Magie zu wirken. Sie betrachtete sie einen
Augenblick lang, dann sah sie Tora fragend an.
    Â»Können Sie sich an das Bild erinnern?«, fragte Tora-san.
    Karla schluckte

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