Last days on Earth
betraut.« Sie drückte ihre Zigarette aus
und klappte das Etui auf, um eine neue herauszuholen. »Reden Sie sich nichts
ein, meine Liebe. Ich selbst habe dafür gesorgt, dass diese Vorfälle von zwei
Ermittlern untersucht werden, die mehr sehen als der Durchschnittsmagister. Sie
haben gute Arbeit geleistet, obwohl man sie aus der MID geworfen hat, obwohl Sie Ihr altes Leben verloren haben. Warum? Wegen einiger
gestohlener Bücher?«
Karla biss die Zähne zusammen. »Nein. Aber die zwei Morde â¦Â«
»Es geht nicht um die beiden Toten!« Tora-san erhob ihre Stimme nur
um eine Kleinigkeit, aber Karla fuhr zusammen. »Sie sind vollkommen unwichtig.
Bleiben Sie beim Wesentlichen!«
Karla ballte die Faust. »Sie haben dafür gesorgt, dass die Morde
nicht in den Akten erschienen sind? Sie waren das?«
Tora dementierte den Vorwurf nicht. »Wenn Ihre Ermittlungen auch nur
einen Hauch von Wahrheit ans Licht gebracht haben«, sagte sie leise, »dann
werden wir uns in ein paar Monaten keine Gedanken mehr über zwei Tote machen,
die unserer Welt nur ein paar armselige Tage früher vorausgegangen sind. Wir werden
selbst nicht mehr existieren.«
Karla ignorierte den Schauder, der ihr über den Rücken lief. »Sie
sind wahnsinnig«, sagte sie.
Die GroÃmeisterin lachte. »Das hat schon lange niemand mehr zu mir
zu sagen gewagt. Aber Sie haben recht: Ich bin verrückt vor Sorge.« Sie beugte
sich vor, und ihre Stimme nahm einen eindringlichen Tonfall an: »Belügen Sie
sich nicht selbst, Karla van Zomeren. Sie denken nicht anders als ich, sonst
hätten Sie sich in den vergangenen Wochen um einen neuen Job, eine Wohnung, ein
neues Leben gekümmert.«
Karla erwiderte ihren Blick. »Wer?«, fragte sie.
»Sie wollen wissen, wer die Welt vernichten will?« Tora lehnte sich
zurück und blies einen Rauchkringel zur Decke. »Wer hat die Möglichkeiten dazu?
Wer besitzt die Fähigkeit? Und wem nützt es«, fragte sie zurück.
»Die Drachen«, sagte Karla.
Tora-san sah sie reglos an. »Sie hätten die Fähigkeit, keine Skrupel
und die Mittel«, sagte sie nach einer Weile.
»Aber das Motiv?«, stellte Karla die Frage, die sie schon seit Tagen
umtrieb. »Wir sind ihre Geschäftsgrundlage. Wenn sie uns vernichten, wäre damit
auch all ihr Reichtum dahin.«
»Langeweile.«
Karla sah sie ungläubig an, und Tora wiederholte geduldig: »Die
Drachen sind älter als diese Welt. Sie haben eine lange Zeit Vergnügen daran
gefunden, sich mit uns zu beschäftigen â aber das Vergnügen wird schal. Ich
kann nachempfinden, dass es unterhaltsam sein muss, einen Weltuntergang zu
inszenieren, um dann weiterzuziehen. Oder vollkommen neu anzufangen.«
Karla musste an sich halten, um nicht loszuschreien. Tora-san
lächelte sanft. »Ihr Blick spricht wie ein Buch. Ich bin ein Ungeheuer, ja. Das
wissen alle.«
Karla schüttelte das Unbehagen ab. »Wir werden in den nächsten Tagen
einen Drachen treffen, den wir für einen möglichen Verdächtigen halten. Wir
werden versuchen, ihn zu befragen.«
»Gut.« Tora nickte. »Sie werden mich über das Ergebnis informieren,
dann sehen wir weiter. Und nun zum eigentlichen Grund Ihres Besuchs. Was wollen
Sie von mir?«
»Der Maya-Kalender«, sagte Karla. »Wissen Sie etwas über diese
Prophezeiung?«
»Wahrscheinlich nicht mehr als sie.« Die GroÃmeisterin klang
belustigt. »Das Ende der Langen Zählung bezeichnet den Zeitpunkt eines
möglichen Weltuntergangs. Diverse astronomische Ereignisse treffen an diesem
Datum aufeinander. Mehr kann ich dazu auch nicht sagen. Das ist es nicht, Frau
van Zomeren. Sie weichen mir aus.« Tora hob die Hand, um Karlas Widerspruch zu
ersticken. »Ich habe eine Daimonen-Signatur in ihrem Bewusstsein gefunden. Sehr
ungewöhnlich für eine WeiÃe Hexe. Wer ist es â Brad?«
Karla wandte den Blick ab und rang um Fassung. »Ja!«
»Wie hat er Sie erwischt? Normalerweise kann ein gebundener Daimon
nur dann eine Signatur setzen, wenn sein alter Wirt im Sterben liegt.«
Klang Tora beunruhigt? Karla blickte sie an und schüttelte den Kopf.
»Raoul war nur verletzt.«
Tora seufzte. »In der Regel ist ein Daimon in der Lage, sogar
ernsthafte Verwundungen und Krankheiten seines Wirtes auszugleichen. Wenn Brad
das nicht getan hat, sondern seine Energie
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