Last days on Earth
»Nach oben. Was für eine Ãberraschung!«
Karla ging voraus bis zu der Tür, an der die Treppe endete. Sie war
unverschlossen. Karla schob sie vorsichtig einen Spalt auf und lauschte. Dann
öffnete sie die Tür weit genug, um hindurchschlüpfen zu können. Sie trat in den
angrenzenden Raum, der entweder ein Treppenhaus oder eine weitläufige Halle
sein konnte. Ãber ihrem Kopf war Dunkelheit.
Karla zischte leise durch die Zähne, um Raoul auf sich aufmerksam zu
machen. Er kam lautlos an ihre Seite, beugte sich zu ihr und flüsterte: »Wir
müssen ins Obergeschoss.«
»Im oberen Stock war Licht.« Karla versuchte sich zu orientieren,
deutete dann in eine Richtung. Raoul schirmte seinen Stab mit der Hand ab und
lieà den Vogelkopf aufleuchten.
Die Treppenstufen waren aus Holz und knarzten leise unter ihren
Schritten. In der oberen Etage schimmerte Licht unter einer Tür hervor, sonst
war es dunkel. Karla legte die Hand auf die Türklinke und drückte sie hinab.
Die Tür lieà sich geräuschlos öffnen.
Dahinter lag ein schwach erleuchtetes Zimmer, dessen einziges
Möbelstück ein schmales Feldbett war. Das Licht kam von einer Campinglampe, die
unterhalb des Fensters auf dem Boden neben einem zerschrammten Koffer stand.
Auf dem Feldbett lag jemand unter einer groben Wolldecke und schnarchte leise.
Karla hörte, wie Raoul hinter ihr die Tür schloss. Sie blieb neben
dem Feldbett stehen. Ein durchdringender Geruch nach nassem Hund, Rauch und
Alkohol stieg in ihre Nase.
»He«, sagte sie halblaut. »Aufwachen.«
Das Schnarchen endete mit einem erschreckten Schnaufen. Einen Moment
lang war alles still, dann setzte es wieder ein.
Karla warf einen Blick über ihre Schulter. Raoul lehnte an der Tür
und hielt sie so verschlossen. Er balancierte seinen Stab in den Händen und
grinste.
Karla beugte sich über den Schlafenden. Sie zog die Decke von seinem
Kopf â es war wirklich der Wurdelak â und rief erneut: »Aufwachen!«
Der Mann öffnete die Augen, sah Karla, die sich über ihn beugte,
schnaufte: »Was solln das?«, riss ihr die Decke aus der Hand und zog sie sich
wieder über das Gesicht. »Sind genug Zimmer da. Das ist meins. Verpiss dich!«
Karla beugte sich vor und riss ihm ein zweites Mal die Decke weg.
»He!«, rief der Wurdelak und fuhr empört in die Höhe. »Hast du sie noch alle?
Das ist mein Zimmer, Miststück!«
Er starrte Karla an, dann traf sein Blick Raoul. Das bärtige Gesicht
des Wurdelaks wurde blass. »Wie habt ihr mich gefunden?«, fragte er. Er
krabbelte auf die FüÃe und hob die Hand. »Lasst mich in Ruhe, ja? Ich hab nur
das getan, wofür ich bezahlt worden bin. Sucht euch einen anderen Blöden für
eure kranken Spielchen.«
Er bückte sich und zog die Decke vom Bett, legte sie sich um die
Schulter und schob sich an Karla vorbei zur Tür. Raoul streckte schweigend die
Hand aus und versperrte ihm mit seinem Stab den Weg.
Der Wurdelak reckte das Kinn. Karla war erstaunt, wie zornig und
wenig schuldbewusst der Mann wirkte. Er hatte ihnen aufgelauert, sie bedroht,
Raoul angeschossen â und jetzt stand er vor ihnen und plusterte sich auf wie
einer, der lästige Gäste in seinem Haus vorfindet.
»Lass mich durch!«, fauchte der Wurdelak. »Du denkst wohl, du kannst
dich hier aufführen wie der groÃe Zampano, damit du vor deiner Tusse gut
dastehst? Nicht auf meine Kosten!« Er versuchte erneut, sich an Raoul vorbei
durch die Tür zu drängen.
Karla hielt ihn am Arm fest. »Hör mal«, sagte sie ruhig, »wir wollen
nur mit dir reden. Sag uns, wer dich beauftragt hat.«
Der Wurdelak riss sich los. »Du hast wohl einen Sprung in der
Schüssel!« Er senkte den Kopf und nahm Anlauf.
Raoul streckte seinen Stab aus und lieà eine Wand aus Licht und
Energie vor der Tür aufflammen. »Du bleibst hier!«
Der Wurdelak knurrte laut und verwandelte sich. Seine Arme wurden
lang und sehnig, sein Leib muskulös und gestreckt. Er kauerte auf seinen
Hinterbeinen, die Krallen der Vorderpfoten schabten über den schadhaften
Teppichboden, ein struppiger Schweif fegte von Seite zu Seite. Er stieà ein
drohendes Geheul aus, bei dem Zähne blitzten und Geifer schäumte, und in seinen
glühenden Augen spiegelte sich das Licht der Barriere, die Raoul immer noch
aufrechterhielt.
Wieder brüllte der Wurdelak,
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