Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Last days on Earth

Last days on Earth

Titel: Last days on Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
Vom Netzwerk:
und bejahte.
    Tora nickte leicht. »Dies ist ein Zeichen, das Ihnen helfen wird,
einen eindringenden Daimon zu bändigen, ihn festzuhalten und daran zu hindern,
mit Ihrem Körper Dinge zu tun, die Sie nicht wollen. Wenn das geschieht, müssen
Sie augenblicklich zu mir kommen, wo auch immer Sie sich gerade befinden, damit
ich den gehaltenen Daimon austreibe. Das kann ich Ihnen nicht auf die Schnelle
beibringen, es erfordert eine gewisse Erfahrung in solchen Dingen. Zaudern Sie
nicht zu lange! Je mehr Zeit er hat, desto schwieriger wird es, ihn wieder
loszuwerden.«
    Karla wollte schaudernd den Blick ab- und wieder auf die Sigille
wenden, aber Tora-san war schneller. Sie griff nach dem Papier und drehte es
um. Dann schob sie Karla ein leeres Blatt und einen Bleistift hin. »Zeigen Sie
mir, was Sie sich gemerkt haben.«
    Ohne zu zögern, zeichnete Karla die Sigille auf das Papier. Tora
betrachtete sie mit gerunzelter Stirn, dann nickte sie. »Gut. Die wesentlichen
Bestandteile sind da. Sie haben einen guten Blick.« Sie öffnete ihr
Zigarettenetui. »Jetzt kommt der schwierige Teil. Verbannen Sie die Sigille aus
Ihrem Gedächtnis. Restlos.«
    Â»Aber …«, sagte Karla.
    Â»Sie müssen sie vergessen. Sigillenmagie wirkt nicht, wenn sie sich
beobachtet fühlt.« Tora-san lächelte. »Das ist der schwierige Teil. Manche
unserer Lehrlinge lernen ihn nie – und werden keine Chaosmagier. Sie haben
leider keine Wahl, Sie müssen es beherrschen.«
    Karla holte tief Luft, schloss die Augen und radierte die Sigille
aus. Es fiel ihr erstaunlich leicht. Linie um Linie, Schwung um Schwung tilgte
sie das Bild der Zeichnung, bis nur noch das leere Blatt vor ihrem inneren Auge
stand.
    Sie öffnete die Augen und sah Tora an. Die Großmeisterin erwiderte
ihren Blick mit sanftem Tadel. »Ja, meine Liebe?«
    Â»Vergessen«, erwiderte Karla. »Und jetzt?«
    Tora zeigte zum ersten Mal, seit Karla ihr gegenübersaß, ihre
deutliche Verblüffung. »Das können Sie nicht …« Sie unterbrach sich mit
einem ungeduldigen Schnauben und streckte die Hand aus. »Lassen Sie mich selbst
sehen.«
    Karla neigte den Kopf und erduldete die Berührung der kühlen Finger
an ihrer Schläfe. Sie schrak hoch, als Tora einen Laut ausstieß, der zwischen
Lachen und Keuchen lag. Tora löste ihre Fingerspitzen von Karlas Schläfe und
griff nach der im Aschenbecher verqualmenden Zigarette. Sie musterte Karla
nachdenklich durch den zarten Rauchschleier. »Sind Sie wirklich nicht daran
interessiert, einen Wechsel zum Schwarzen Zweig zu erwägen? Ich wäre bereit,
Sie auszubilden.«
    Karla ging darauf nicht ein. »Wie muss ich vorgehen, wenn Brad –
oder ein anderer – mich zu besetzen versucht?«, fragte sie stattdessen.
    Tora neigte bedauernd den Kopf. »Sie werden die Sigille, die Sie
gerade so erfolgreich vergessen haben, gegen ihn anwenden. Das hindert ihn
daran, Sie ganz und gar zu vereinnahmen.«
    Â»Wie kann ich das tun, wenn ich sie doch vergessen habe?«
    Â»Sie werden es einfach tun. Ohne Absicht. Sozusagen im Vorübergehen.
Sorgen Sie sich nicht darum. Wenn es so weit ist, werden Sie wissen, was zu tun
ist.«
    Â»Danke«, sagte Karla.
    Â»Denken Sie über mein Angebot nach.« Tora kam geschmeidig auf die
Füße und strich ihren Kimono glatt. Sie neigte kurz den Kopf. »Ich höre von
Ihnen.«
    Karla sah ihr sprachlos nach, als sie durch die Schiebetür in den
Garten ging. Offensichtlich war die Audienz beendet.

 

    12. 19. 19. 11. 01.
    Sie stritten sich noch auf dem Weg in den wilden Osten der
Stadt, wer sie nun endgültig auf die Spur des Wurdelaks gebracht hatte: Der
findige Vadim Sonofabiˇc oder Raoul mit seiner teuer bezahlten Kugel, die er
endlich zur Mitarbeit hatte überreden können.
    Â»Sonny war einen Hauch früher auf der Fährte«, beharrte Karla und
versuchte, ihre Notizen zu entziffern. Das war nicht leicht, weil es schon dunkel
wurde und der Wagen zudem über eine schlecht befestigte Straße holperte.
    Â»Als er bei uns anrief, hatte ich den Ort schon längst auf dem Plan
markiert«, behauptete Raoul und umfuhr ein riesiges Schlagloch. »Wo, zum
Henker, bleibt diese verdammte Abzweigung? Sind wir schon daran vorbei?«
    Â»Halt doch mal den Wagen still«, schimpfte Karla, die mit einer Hand
die Karte und mit der anderen sich selbst

Weitere Kostenlose Bücher