Last days on Earth
mehr.« Die
Drachenfrau griff nach Karlas Hand und zog sie zum Tisch.
Nach und nach nahmen alle Platz. Neugierige Blicke streiften Karla
und Raoul, der jetzt auch wieder an ihre Seite kam. Er beugte sich über sie und
deutete einen Kuss an, murmelte: »Was für eine illustre Schuppenbande. Aber
Felsenstein fehlt noch immer.«
»Er kommt noch«, hauchte Karla ihm ins Ohr. »Quass hat einen Köder
für ihn ausgelegt.«
Raoul nahm an ihrer Seite Platz, griff nach seinem Glas und trank.
Er sah müde aus. Karla beugte sich zu ihm und fragte: »Wie viele Drachen gibt
es in Europa? Achtzig, hundert?«
Raoul hob die Braue, sah sich um und pfiff tonlos durch die Zähne.
»Du hast recht. Das hier dürften alle sein.«
Der Dragons Club. Karla begann zu begreifen. Der Club war kein
Wohltätigkeitsverein für ein paar gelangweilte Drachen. Er war die
Drachengemeinde des Kontinents. Alle. Die gesamte Dragonity.
»Wenn jetzt eine Bombe explodiert, bricht die Finanzwelt einiger
Länder zusammen«, murmelte Raoul, der anscheinend den gleichen Gedanken
verfolgte wie Karla.
Quass erhob sein Glas und erklärte das Buffet für eröffnet. Lachend
erhoben sich die ersten Mutigen, um die aufgefahrenen Leckereien zu
besichtigen.
Quass arbeitete sich unter höflichen Worten langsam zum Tisch vor,
an dem Raoul und Karla saÃen und das Treiben beobachteten. »Er kommt«, sagte er
leise. »Der Aufzug ist in Betrieb.« Er zwinkerte Raoul zu und ging weiter.
Die ersten kehrten mit ihren Tellern an den Tisch zurück. Raoul
erhob sich und reichte Karla die Hand. »Lass uns sehen, was es zu essen gibt.«
Karla hatte keinen Appetit, und auch Raoul starrte missvergnügt die
Delikatessen an, doch sie wollten keine Aufmerksamkeit erregen. Die Köche
bemühten sich derweil, ihnen alles zu erklären. Anscheinend waren sie
wählerisches Publikum gewöhnt.
SchlieÃlich hatten beide Teller in der Hand. »Ich mag mich nicht
wieder neben diese Cosmea setzen«, sagte Karla.
»Wir können hier schlecht stehen bleiben«, erwiderte Raoul. Er
nickte einer Gruppe von Drachen zu, an deren Tisch noch zwei Plätze frei waren,
und schob Karla dorthin.
»Schau einer an«, sagte Karla und ignorierte das Lächeln eines
vorbeidefilierenden blonden Drachenmanns, der sie unter gesenkten Lidern
betrachtete. »Das Collier wirkt.« Sie grinste und aà ihren Salat auf.
An der Tür des Ballsaals entstand Unruhe. Jemand trat ein und wurde
mit Begeisterung empfangen.
»GroÃer Auftritt«, kommentierte Raoul. Er kniff die Augen zusammen
und erhob sich, und Karla folgte seinem Beispiel.
Der Mann, der jetzt durch die Schar der Gäste pflügte wie ein
Eisbrecher, hatte der Kleiderordnung der Einladung nur sehr nachlässig Folge
geleistet. Er trug einen Frack, aber seine Gestalt war nur mit äuÃerstem
Wohlwollen als menschlich zu bezeichnen. Karla hörte, wie Raoul einen
gedämpften Fluch ausstieÃ. Er polierte sein Monokel, blickte hindurch, zuckte
resigniert die Achseln und lieà es wieder fallen. »Ãndert nichts«, murmelte er.
Norxis von Felsenstein war ein Hüne, einen Kopf gröÃer als alle
anderen, so breit wie ein Schrank und ebenso kantig. Aus dem blendend weiÃen
Kragen seines Hemdes ragte ein stromlinienförmiger, glänzend schwarzer Schädel,
geschuppt wie der einer Schlange. Jede einzelne Schuppe besaà einen irisierend
grünen Rand, der glitzernd das Licht der Leuchter und Kerzen widerspiegelte.
Der Effekt war atemberaubend und erinnerte an Schmetterlingsflügel und
Klavierlack.
Karla bemerkte, wie fest sie Raouls Handgelenk umklammerte, und
lockerte ihren Griff. »Er kommt auf uns zu«, hauchte sie und straffte
unwillkürlich ihre Schultern.
Die Gesichtszüge des Drachenmannes waren flach und ausdruckslos.
Seine Augen, glitzernd wie Juwelen, standen weit auseinander und schienen von
innen heraus zu leuchten. Er schritt geradewegs auf Raoul zu, blieb vor ihm
stehen und blickte auf ihn hinunter.
Quass, der an seiner Seite geradezu zierlich wirkte, schien den
Auftritt seines Rivalen nicht zu goutieren. Sein Gesicht war eine starre Maske
der Missbilligung. Er räusperte sich, als er neben Karla stehen blieb, und
stellte vor: »Norxis von Felsenstein â Raoul Winter von Adlersflügel.«
»Ein Mensch«, sagte der Hüne. »Quass, das ist indiskutabel. Ich
wünsche, dass
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