Last days on Earth
»Kannst du mir und meiner Kollegin einen Termin bei
Felsenstein verschaffen?«
Quass legte eine Klaue vor die Augen. »Tu mir das nicht an«, stöhnte
er. »Raoul, du bist mein bester Freund unter den Weichen. Aber das darfst du
nicht von mir verlangen!«
Raoul lachte und klopfte dem Drachen fest gegen die Panzerung.
»Komm, spiel hier nicht den sterbenden Fafnir. Ich werde es zuerst über den
Dienstweg versuchen, aber wenn wir scheitern, bist du dran.«
»Meinetwegen.« Der Drache verdrehte die Augen. »Norxis ist wirklich
ein unangenehmer Zeitgenosse. Ich warne dich, Raoul. Er ist kein Menschenfreund
wie ich.«
»Und trotzdem stiftet er seine Sammlung einem Museum?«
»Das hat keiner im Club verstanden.« Quass grinste. »Aber ich
glaube, er wollte damit bloà mir einen Tiefschlag verpassen. Er ist kein echter
Sammler wie ich, verstehst du? Er hortet nur Schätze.« Er verzog abschätzig das
Gesicht. Seine Schuppen schimmerten wie Juwelen im Licht des Feuers. »Können
wir das Thema wechseln? Der Gedanke an Norxis verursacht mir Sodbrennen.« Er
beugte sich vor und zog das Backgammonbrett unter dem Tisch hervor. »Machen wir
es wie immer? Du stellst die Steine auf, und ich schlage dich vernichtend.«
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12. 19. 19. 04. 01.
Sie fühlte sich so elend, dass sie noch nicht einmal die
Kraft aufbrachte, ihn zu beschimpfen. Karla klammerte die Hände um die Tasse
mit heiÃer Brühe und bemühte sich, nicht am ganzen Leib zu schlottern. »Decke«,
sagte sie mit klappernden Zähnen. Kit legte ihr eine zweite, dicke Decke um die
Schultern und hockte sich dann neben sie aufs Bett, um ihre FüÃe zu reiben.
»Trink die Brühe«, sagte er. »Und du solltest auch noch Wasser
trinken. Oder Tee, wenn du lieber etwas HeiÃes hättest.« Seine Stirn war
gerunzelt, und er mied ihren Blick.
Karla trank und stöhnte unterdrückt. »Mir ist kotzübel.« Sie
betastete vorsichtig die wunde Stelle an ihrem Hals.
»Sei froh, dass du noch lebst.« Kit knetete ihre FüÃe so fest, dass
Karla jammerte.
»Lass das. Kit, nimm deine Hände da weg, oder willst du mir zu allem
Ãberfluss auch noch die Zehen brechen?«
Er lieà ihren Fuà fallen und verschränkte mit grimmiger Miene die
Arme vor der Brust. Mit gesenktem Kopf funkelte er sie durch das Haar, das ihm
über die Augen fiel, zornig an. »Du hast mich ohne Entschuldigung sitzen lassen«,
zählte er auf. »Dann kommst du an und beschimpfst und provozierst mich, während
ich vor Hunger beinahe sterbe. Was hast du erwartet? Ich halte mich für recht
beherrscht, aber das war eine Probe, die keiner meiner Art bestanden hätte.«
Karla trank die Brühe aus und stellte die Tasse weg. Sie rieb sich
mit beiden Händen fest übers Gesicht, um das taube Gefühl zu vertreiben. Das
Gift verlor langsam seine Wirkung, aber die Kälte, die in ihren Knochen
nistete, machte ihr zu schaffen. Der Blutverlust war nicht schlimm, es konnte
nicht sehr viel mehr als ein halber Liter gewesen sein. Ein ruhiger Sonntag mit
viel Schlaf und ein paar guten Mahlzeiten, und sie hatte das kompensiert. Aber
das Gift und noch mehr der Schock über das, was geschehen war, machten ihr
heftig zu schaffen.
»Kit«, sagte sie leise, »ich stelle immer wieder fest, dass ich zu
wenig über dich und deine Art weiÃ. Ich habe dich behandelt wie einen Menschen â einen Taggeborenen. Mein Fehler.« Sie streckte die Hand aus, zögerte,
berührte dann sanft seine geballte Faust. »Weil ich das weiÃ, versuche ich im
Moment, nicht böse auf dich zu sein. Aber ich bin bis ins Mark erschüttert. Und
am liebsten möchte ich jetzt gehen und dich nie wieder sehen müssen.«
Sein Gesicht verlor den angriffslustigen Ausdruck, und er senkte die
Lider. »Ich muss mich bei dir entschuldigen«, murmelte er. »Das hätte nicht
geschehen dürfen. Wenn ich nicht hungrig gewesen wäre, hätte ich mich auch besser
beherrschen können.«
»Ich wusste nicht â¦Â«, begann Karla. »Ich dachte, du nährst dich von
deinen Mädchen.« Das war kein Thema, das sie mit ihm je besprochen hatte. Sie
mieden es beide strikt, von seinem Gewerbe zu reden. Karla wusste, dass die
»Mädchen« vor allem den Vampiren der Stadt als Nahrungsquelle dienten. Der
andere Aspekt ihrer Tätigkeit war nebensächlich,
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