Last days on Earth
die MID in der Lage,
uns einen Termin bei einem ganz groÃen Tier zu verschaffen?«
»Wie gro�«
»Norxis von Felsenstein. Der Inhaber, Geschäftsführer und alleinig
regierende Despot der Continentalen Banken- und Versicherungsgruppe.«
Karla pfiff leise durch die Zähne. Die CBVG .
Einen gröÃeren Fisch hätte Raoul kaum aus dem Teich fischen können. »Das ist
unser Felsenstein?«
»Ebenjener. Und ich habe das Gefühl, dass da etwas ganz gewaltig
stinkt. Wer hat alles Zugang zu der Sammlung Felsenstein?«
Karla schloss die Augen. »Soweit ich mich erinnere, derzeit nur die
Kuratorin.«
»Wer verfügt oder verfügte vor dem Diebstahl über einen Schlüssel?«
»Der tote Wachmann. Die Kuratorin. Dieser Dr. Oberholz.« Karla
schlug mit der Hand auf ihr Knie. »Enkidus eiserne Eier! Der frühere Besitzer
der Sammlung?«
Raouls ferne Stimme lachte. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er
seine Sammlung dem Museum wirklich geschenkt hat. Sie ist unermesslich
wertvoll. Ich habe mit jemandem gesprochen, der das beurteilen kann und der
Felsenstein gut kennt. Er glaubt auch nicht an eine Schenkung.«
»Versicherungsbetrug?«, vermutete Karla.
Raoul antwortete nicht sofort. »Möglicherweise«, sagte er dann.
»Aber wie passen die anderen Diebstähle dann hinein? Warum hat er den Wachmann
getötet? Und wieso hat er keinen echten Einbruch simuliert? Es passt und passt
wieder doch nicht. Aber ich muss zugeben, dass ebendas der erste Gedanke war,
der mir auch gekommen ist.«
Karla klemmte das Handy zwischen Ohr und Schulter ein und grub in
ihrer Jacke nach Stift und Notizbuch. Sie schrieb »Felsenstein«, »Schlüssel?«
und »Versicherung!«. Während sie schrieb, sagte sie: »Als Nächstes kümmern wir
uns um die Staatliche Bibliothek. Und Sie hängen sich noch mal an diese
Kuratorin. Sagen Sie Brad, er soll seinen Charme bis zum Anschlag aufdrehen.
Die Kuh verschweigt uns etwas!«
Raoul lachte so laut, dass es im Hörer schepperte. »Sind Sie sicher,
dass Sie eine Hexe sind? Das war tiefschwarz, Kollegin van Zomeren.«
Karla grinste. »Bis morgen, Kollege Winter.« Sie legte auf und
streckte sich. Heute an ihrem freien Tag hatte sie die Unterlagen über die
Diebstähle noch mal durchgehen wollen, um nach Verbindungen zu suchen. Und
natürlich wartete noch die Zeitungslektüre, die immer eine Menge Zeit
schluckte. Sie sah sehnsüchtig zu dem einladend aufgebauschten Deckenberg
hinüber. Es wäre so schön, jetzt einfach wieder darunterzuschlüpfen, sich an
Kit zu kuscheln und noch eine Stunde zu schlafen. Wie es sich wohl angefühlt
hätte, wenn er sie gestern infiziert hätte?
Sie erinnerte sich, was Kit ihr einmal, in einem seltenen Moment der
völligen Entspannung, darüber erzählt hatte. Ein Vampir entstand nicht per
Zufall. Der menschliche Partner musste bereit sein, dem Vampir so viel von seinem
Blut zu geben, bis er an der Schwelle des Todes stand. Nur das betäubende Gift
bewahrte ihn davor, endgültig zu sterben. Und dann musste der Mensch das Blut
des Vampirs trinken. Auch eine Art der Blutwäsche, dachte Karla und schüttelte
sich. Kit hatte ihr das sicherlich erzählt, um ihr die Möglichkeit zu zeigen,
die ihr offenstand. Aber sie war nicht bereit dazu und glaubte auch nicht, dass
sie es jemals sein würde.
Kurz entschlossen stopfte sie Telefon und Notizbuch in ihre Jacke
zurück und kroch wieder zu Kit unter die Decken. Sein ruhiger Atem wiegte sie
in den Schlaf.
Es stand bereits ein Frühstück auf dem kleinen Tisch am Fenster,
als sie aus dem Bad kam. Karla rubbelte sich die Haare trocken und warf das
Handtuch über die Stuhllehne.
Kit lächelte sie über seine Zeitung hinweg an und hob die Kaffeetasse
an die Lippen.
Während sie frühstückte, blätterte sie in ihren Notizen. Morgen früh
musste sie zuerst mit Obermagister Korngold sprechen. Er würde ohnehin wissen
wollen, wie der Stand ihrer Ermittlungen aussah. Dann würde sie mit Winter entweder
die Staatliche Bibliothek aufsuchen oder Dr. Oberholz, falls sie ihn
erreichten. Die Kuratorin konnte warten.
Sie blickte auf und sah in Kits Augen. Er schien sie schon eine
ganze Weile zu beobachten. Karla schlug ihr Notizbuch zu und erwiderte den
Blick. »Reden wir«, sagte sie.
Kit warf einen Blick auf die Uhr und zuckte mit den Achseln.
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