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Last days on Earth

Last days on Earth

Titel: Last days on Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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zumindest hatte Karla den
Eindruck gewonnen, dass dem so war.
    Sie musterte Kit. Er sah sie immer noch nicht an, aber seine Stimme
bebte vor Empörung, als er ihr antwortete. »Wie kannst du das denken? Ich würde
niemals so etwas tun. Du bist meine Delicata. Wie könnte ich von einer anderen
trinken?«
    Karla schnaubte. »Sieh mich an«, sagte sie scharf. »Kit Marley, Nachtgeborener!
Du hättest mich beinahe getötet. Dein Gift fließt durch meine Adern. Bin ich
damit nun infiziert?«
    Kit riss den Kopf herum, kreidebleich. Sein Mund öffnete sich,
formte Worte, die nicht ausgesprochen wurden. Er streckte die Hände nach ihr aus.
Endlich drang ein Laut über seine Lippen, der ein Stöhnen, fast ein Schrei war.
»Nein«, stieß er hervor und griff nach ihren Händen, um sie zu umklammern.
»Nein, Karla! Ich habe nicht genug von dir genommen, und du hast nicht von mir
getrunken. Lovey, ich würde das niemals ohne deine Einwilligung tun. Niemals!«
    Karla wurde wider Willen von seiner echten Qual gerührt. Sie
erwiderte den festen Druck seiner Finger. »Ich glaube dir, und ich glaube auch,
dass es dich Beherrschung gekostet haben muss.«
    Â»Du hast keine Ahnung«, erwiderte er leise. »Keine Ahnung, meine
Freundin.«
    Karla lehnte sich in die Kissen zurück, die er ihr in den Rücken
gestopft hatte. Sie war so müde, als hätte sie eine Woche nicht geschlafen. Zu
schwach für eine Auseinandersetzung, das musste bis morgen warten. »Komm her,
mein Dichter«, sagte sie und hob einladend den Arm. »Sag mir ein paar Sonette
auf, das beruhigt uns beide.«
    Sie musste eingeschlafen sein. Ihr Kopf lag an seiner Schulter,
und sein Arm stützte sie. Karla murmelte eine Entschuldigung und löste sich aus
seiner Umarmung. Kit sah nicht weniger müde aus, als sie sich fühlte. Er beugte
sich vor und küsste sie auf die Stirn.
    Â»He«, sagte Karla leise, »ich bin nicht aus Porzellan. Entweder du
küsst mich ordentlich, oder ich ziehe mich an und gehe nach Hause.«
    Kits immer noch besorgte Miene hellte sich auf. Er lachte und
stützte sich auf die Ellbogen, küsste sie erst zögernd, dann mit steigender
Leidenschaft. Schließlich schob Karla ihn fort und gab ihm einen Klaps auf die
Wange. »Schon besser«, sagte sie. »Für jetzt: Waffenstillstand. Wir sind beide
angeschlagen. Aber morgen musst du mir ein paar Fragen beantworten, Kit. Das
bist du mir schuldig. Oder …«
    Â»Oder?« Sein Gesicht war ein heller Fleck in der Dunkelheit.
    Die Vorhänge waren dicht zugezogen, kein Lichtschimmer drang ins
Zimmer. Karla hatte kein Gefühl dafür, wie spät es war. Dämmerte schon der
Morgen? Sie seufzte. »Oder wir sind für immer geschiedene Leute.«
    Das Klingeln ihres Telefons weckte sie aus einem verworrenen
Traum, in dem sie einer gestaltlosen Dunkelheit durch ein Labyrinth aus Mauern
und Büchern folgte. Sie schrak hoch und glaubte noch im Auftauchen eine Ahnung
zu erhaschen, wen sie dort verfolgte und wohin er unterwegs war.
    Sie krabbelte aus dem Bett, tappte zum Stuhl, schüttelte die Jacke,
bis das klingelnde Telefon herausfiel, und nahm das Gespräch an. »Ja?«, fragte
sie schlaftrunken.
    Einen Moment herrschte Stille am anderen Ende. Sie hörte das
Rauschen der Æther-Verbindung und fragte sich, wie viele Daimonen auf ihrer
unablässigen Jagd nach Informationen ihrem Gespräch zuhören mochten. Der
Gedanke vertrieb den letzten Rest von Benommenheit. Sie hockte sich auf die
Stuhlkante und krümmte ihre kalten Zehen.
    Â»Magistra van Zomeren?«, fragte eine Männerstimme. Der Empfang war
verzerrt, sie konnte die Stimme nicht gleich einordnen. »Am Apparat«, sagte sie
deshalb nur und blickte zum Bett. Kit lag so unter den Decken vergraben, dass
nichts von ihm zu sehen war außer einem Deckenhügel. Er schien tief und fest zu
schlafen.
    Â»Karla, störe ich? Es ist schon Mittag, ich dachte …«
    Â»Raoul.« Karla gähnte und schielte auf die Uhr. Eins. »Alles prima,
Sie haben mich nur aus dem Bett geholt. Wieso sind Sie schon so früh auf den
Beinen? Hat Brad etwa seinen freien Tag?«
    Sie hörte sein Lachen. Er hatte ein sympathisches Lachen, das fiel
ihr nicht zum ersten Mal auf. Karla ertappte sich dabei, dass sie lächelte.
    Â»Brad arbeitet«, erwiderte er. »Ich hatte gestern noch ein
interessantes Gespräch. Ist

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