Last days on Earth
übrigens fortgeschickt. Er hat ohne meine
Erlaubnis diese unglücklich verlaufende Beziehung mit Ihnen begonnen, und ich
musste ihn für sein unbotmäÃiges Verhalten bestrafen.«
Karla schlug mit dem Hinterkopf gegen die Lehne des Sessels. Das war
ein Albtraum. »Ich gehöre nicht zu Ihrer Gens«, sagte sie erstickt. »Sie sind
ein Verbrecher. Auch, wenn ich zurzeit suspendiert bin, gehöre ich zur anderen
Seite.«
Perfido sah sie bedauernd an. »Sie sind nicht ⺠zurzeitâ¹
suspendiert«, erwiderte er leise. »Was glauben Sie denn, wer dafür gesorgt hat,
dass Sie aus der Arrestzelle entlassen worden sind? Für den WeiÃen Zweig sind
Sie kontaminiert. Ãbergelaufen, Frau van Zomeren.«
Karla schloss die Augen und stöhnte. Dieser elende Gangster. »Warum
tun Sie das?«
»Weil Sie zu meiner Gens gehören. Das würde ich für jedes Mitglied
meiner Familie tun.« Er klang erstaunt.
»Ich â gehöre â nicht â zu â Ihrer â Gens!«
Er schüttelte sacht den Kopf. »Stur. Und unbelehrbar. Wie
bedauerlich.« Er lehnte sich zurück. »Gut. Gehen Sie.«
Karla sah ihn verblüfft an. Er hatte sich weggedreht, sah zur Wand.
Dort surrte ein Elektromotor, und kurz darauf hoben sich die dichten Blenden
vor den Fenstern, die rundum in den dicken Turmwänden saÃen. Es war Abend
geworden, und die letzten Reflexionen der untergegangenen Sonne färbten den
Himmel violett.
Karla erhob sich. »Ich kann wirklich gehen?«
Er hob mit einem gleichgültigen, müden Gesichtsausdruck die Brauen.
»Warum sollte ich Sie halten wollen? Es ist Ihr Leben. Ich biete Ihnen nur
meine Hilfe an. Sie anzunehmen kann ich Sie kaum zwingen.«
Karla zögerte. »Sie sind ein Verbrecher«, sagte sie. »Warum sollten
Sie mir helfen wollen, wenn nicht aus ureigenem Interesse?«
Er spitzte nachdenklich die Lippen. »Ich kontrolliere das Verbrechen
in meinem Dominium. Was ist für Sie falsch daran?«
»Wie können Sie das fragen? Ich gehöre zur Seite des Gesetzes.«
Perfido schnaubte abfällig. »Das Gesetz? Für mein Dominium bin ich
das Gesetz! Wissen Sie, was hier los wäre, wenn ich das Verbrechen nicht
kontrollieren würde? Ihre armselige MID käme aus
der Rotation nicht mehr heraus.«
Karla war wider Willen gebannt. »Wie definieren Sie Kontrolle?«
»Muss ich Ihnen das erklären?« Er seufzte. »In diesem Land leben
knapp 18 Millionen Menschen, Nichtmenschen und Untote. Aber weder wir
Exsanguiniker noch die Nichtmenschen fallen hundertprozentig unter die menschliche
Gesetzgebung und Judikatur. Dazu sind unsere Hintergründe und Bedürfnisse zu
unterschiedlich. Das bedeutet, dass eine groÃe rechtliche Grauzone, oder sagen
wir besser, eine groÃe rechtfreie Zone â¦Â«
»Ersparen Sie mir diesen Vortrag«, unterbrach Karla. »Das gehört zur
Grundausbildung eines jeden Magisters.« Sie schüttelte den Kopf. »Sie wollen
mir also weismachen, dass Sie unschuldiges Lämmchen mit den Taten, wegen denen
wir hinter Ihnen her sind, nichts zu tun haben?«
Perfido wiegte nachdenklich den Kopf. »Ich habe selbstverständlich
die Wunderland-Diskothek nicht in die Luft gejagt.« Er lachte. »Höllenfeuer,
der Laden gehört mir!«
Karla verdaute die Information. »In unseren Unterlagen ist ein
anderer Besitzer vermerkt«, wandte sie ein.
»Ja, natürlich!« Er klang ungeduldig. »Der eingetragene Besitzer ist
einer meiner menschlichen Mitarbeiter â ein Strohmann. Die Gesetzeslage erlaubt
es Untoten nicht, Geschäfte zu betreiben, die ausschlieÃlich von Menschen
besucht werden. Und Diskotheken dieser Art sind nun mal Menschenorte.«
Das stimmte. Vampire verfügten über ein empfindliches Gehör, das ein
breiteres Spektrum an Frequenzen empfangen konnte. Eine Diskothek musste für
ein Vampirgehör so etwas wie ein Folterkeller sein.
»Vielleicht war der Anschlag ein Versicherungsbetrug«, sagte Karla.
»Keine Versicherung zahlt bei terroristischen Anschlägen«, erwiderte
Perfido. »Und keine Versicherung lässt sich davon abbringen, dass ein
Sprengstoffanschlag immer eine terroristische Urheberschaft hat.« Er lachte.
»Drachen. Die haben das Kleingedruckte erfunden!«
Karla schlug mit der Faust auf die Armlehne des Sessels. »Ich hatte
Beweise für Ihre
Weitere Kostenlose Bücher