Last Exit
eingeprägt.
»Egal«, fuhr Milo fort. »Ich brauche nur eins von Ihnen.«
»Was?«
»Den Namen und die Telefonnummer des Versicherungsangestellten, der den Bührle-Raub bearbeitet.«
Drummond fixierte ihn. »Oh.« Dann nickte er. »Sehr gut. Ich schicke Ihnen eine SMS.« Er riss das Blatt heraus und steckte es sich gefaltet in die Brusttasche. Nach kurzem Nachdenken knurrte er: »Eine Schande.«
»Schande?«
»Dass wir so was machen müssen. Aber Ascot will den Tourismus an die Wand fahren. Trocknet uns aus zu einer Zeit, wo der Ölpreis die Flugkosten immer mehr in die Höhe treibt.«
»Das war also der Grund. Die Abteilung soll weiterlaufen. «
»Wir tun, was wir tun müssen, damit wir nicht untergehen. «
Milo hatte schon die Frage auf den Lippen, ob es sich lohnte, eine Geheimabteilung am Leben zu erhalten, die selbst der CIA-Direktor Quentin Ascot ausrangieren wollte. Doch die Frage war überflüssig. Alle staatlichen Einrichtungen arbeiten unter der Grundvoraussetzung, dass ihre Existenz Grund genug für ihren Fortbestand ist. Vor dem Fenster lag ländliche Schwärze.
»Wollen Sie mir nicht verraten, wo wir hinfahren?«
Drummond folgte seinem Blick. »Vor zwei Wochen kam ein Überläufer in die Pariser Botschaft spaziert.«
»Franzose?«
»Ukrainer. Name Marko Zubenko. War beim Gefolge des Ministers für Internationale Angelegenheiten. Am dritten Tag in der Stadt ist er zu uns gekommen.«
»Dienst?«
»SBU.« Das war das Kürzel für den Sicherheitsdienst der Ukraine. »Hat kein Geheimnis daraus gemacht, vor allem als die Mitarbeiter Anstalten machten, ihn rauszuschmeißen. Wollte uns zu verstehen geben, dass er wichtig ist.«
»Und, ist er wichtig?«
Nach einem theatralischen Achselzucken lehnte sich Drummond an seine Tür. »Nur wenn er glaubwürdig ist, und fürs Erste nehme ich ihm kein Wort ab. Zumindest nicht, solange wir nicht mehr über ihn wissen. Bis jetzt haben wir bloß ein paar Grunddaten. Sechsundvierzig. Universität Kiew, Studium Auslandsbeziehungen. Ist mit vierundzwanzig zur Geheimpolizei gegangen, dann nach dem Abschied der Russen zum Geheimdienst gewechselt. Paris war ein Coup für ihn – vorher durfte er nur nach Moskau, Tallinn, Peking und Aschgabat, das ist in Turkmenistan. «
»Ich weiß, wo Aschgabat liegt.«
»Natürlich. Aber mir war das neu.«
»Was für einen Rang hat er?«, erkundigte sich Milo.
»Leutnant.«
»Gar nicht schlecht. Warum will er weg?«
»Das ist die Frage.« Drummond hielt kurz inne. »Nach seinen Angaben will er sich persönlich verbessern. Zu Hause konnte er sich nicht entfalten, wurde bei Beförderungen ignoriert, während die neuen Kapitalisten Millionen scheffeln. Er sagt, dass ihn der Kapitalismus betrogen hat. Nach seinem Konto zu urteilen, hat er ihn zumindest übergangen.« Drummond spitzte die Lippen. »Er möchte in Amerika ein neues Leben anfangen, aber was hat er, um es sich zu erkaufen? Markos Reisen waren handelsbezogen, und genau solche Sachen hatte er für uns. Ukrainische Wirtschaftsgeheimnisse?« Er lächelte wieder. »Der
Mann dachte wirklich, dass ihm das die Tür nach Amerika öffnet.« Alan Drummonds Heiterkeit dauerte einige Sekunden länger als erwartet, dann flaute sie ab, als er bemerkte, dass sein Gast ungerührt blieb.
»Ich nehme an, es gibt einen Grund dafür, dass wir hier über ihn reden«, warf Milo ein. »Und der ist bestimmt nicht im Export der Ukraine zu suchen.«
»Richtig«, knurrte Drummond. »Eine Zeit lang hat er uns tonnenweise nutzlose Informationen vorgesetzt, von denen wir die meisten schon kannten. Dann hat er gemerkt, dass ihm die Felle davonschwimmen. In seiner Panik hat er dann einen Joker aus dem Ärmel gezaubert. Hat behauptet, dass es in der Abteilung Tourismus einen Maulwurf gibt.«
Schweigen folgte, untermalt vom Dröhnen des Motors. Schließlich fragte Milo: »Hat er das genau in diesen Worten gesagt?«
»Er weiß von der Abteilung und sagt, dass dort ein Maulwurf sitzt.«
Die Abteilung wähnte sich zwar in einem Paralleluniversum absoluter Geheimhaltung, doch Milo kannte gleich mehrere Leute, die ihre Existenz herausgefunden hatten – allerdings sämtlich Verbündete und Freunde. »Die Ukrainer haben jemanden eingeschmuggelt? Schwer zu glauben.«
Drummond schüttelte den Kopf. »Marko sagt, es ist ein chinesicher Maulwurf.«
»Chinesisch?«
»Der Guoanbu.«
Milo starrte ihn an.
»Kurz für Guojia Anquan Bu, Ministerium für Staatssicherheit. «
»Ich weiß, was der
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