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Last Exit

Last Exit

Titel: Last Exit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olen Steinhauer
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erfuhren: Nehmt euch in Acht vor Erika Schwartz. Sie ist krankhaft antiamerikanisch.
    Und jetzt war es wieder so weit. Sie hatte einen Film gefunden, auf dem ein CIA-Angestellter ein moldawisches Mädchen entführte. Ein Mädchen, das in einem fremden Land, das später ihre Heimat wurde, mehrere Wochen lang jeden Abend mehrfach vergewaltigt worden war.
    »Ich habe mit Dieter gesprochen«, erklärte Wertmüller. »Er ist bereit, den Fall zu übernehmen.«
    Dieter Reich stand ein Jahr vor der Pensionierung und hatte sich im Laufe einer durchschnittlichen Karriere ein
Büro im Kellergeschoss erarbeitet. »Ich glaube nicht, dass Dieter …«
    »Die Sache ist schon entschieden«, meinte Birgit, und Franz nickte, um jeden Zweifel zu beseitigen.
    Sie sah Bernd an, der ihrem Blick auswich. »Nun, Bernd? Gibt es einen Grund, warum du hier als Zeuge dabei bist?«
    Er schluckte und starrte auf seine Hände, die immer noch die Kaffeetasse umklammerten. »Ich habe die Weisung mitgebracht, Erika. Direkt aus Berlin. Keiner will, dass du nochmal was mit den Amerikanern zu tun hast. Sie sind strikt dagegen.«
    »Sie? Die CIA, meinst du?« Sie platzte lauter damit heraus als geplant und spürte, wie sich in ihrem Nacken Schweißperlen bildeten. »Also?«
    »Ja«, antwortete er, während die anderen nur schwiegen. »Wir können es uns nicht leisten, die Amerikaner noch mehr zu verärgern.«
    »Und Reich?«
    »Das war ihr Vorschlag.« Um sein linkes Auge zuckte es. »Sie sind der Meinung, dass sie gut mit ihm zusammenarbeiten können.«

8
    Den restlichen Vormittag über saß sie in ihrem Büro und stellte Nachforschungen über den ehemaligen CIA-Agenten Milo Weaver an. Nach den spärlichen ihr vorliegenden Informationen war er wegen Verdachts auf finanzielles Fehlverhalten aus seiner Verwaltungsposition in einer New Yorker Dienststelle entlassen worden (deren Zweck unklar war). Wegen dieser Vorwürfe verbrachte er eineinhalb Monate im Gefängnis, bis er, ebenfalls laut Akte, rehabilitiert wurde. Seither war Milo Weaver beschäftigungslos und lebte in Newark, New Jersey. Von seiner Frau und Tochter, die in Booklyn wohnten, war er getrennt.
    Nichts davon war ihr bekannt, dennoch spürte sie den Anflug von etwas Vertrautem. War sie diesem Mann womöglich schon irgendwo einmal begegnet? Das Gesicht sagte ihr nichts, nur irgendetwas an diesen schwerlidrigen Augen ließ sie nicht los. Der Name? Im Osten war Milo nicht ungewöhnlich, aber dieser Mann stammte aus dem Westen …
    Es gab lediglich einen einzigen Beleg dafür, dass er in jüngster Zeit in Europa aufgetaucht war, und zwar in Budapest. Das erfuhr sie nicht aus der Akte, sondern durch den Vergleich von Berichten verschiedener europäischer Quellen. Im Dezember hatte der deutsche Journalist Johann Thüringer, der von seinem Wohnsitz in Ungarn gelegentlich Informationen an das Zentrum für Nachrichtenwesen
der Bundeswehr weitergab, gemeldet, dass der Korrespondent der Associated Press Milo Weaver eingetroffen war, um nach Henry Gray, einem anderen amerikanischen Journalisten, zu forschen, der verschwunden war. Interessant, aber im Augenblick nutzlos.
    Gegen Mittag wurde aus der Telefonzentrale ein Gespräch an sie weitergeleitet. Es war Andrei Stanescu, Adrianas Vater. In Berlin hatte er so wenig gesagt, dass sie seinen schwammigen Akzent zunächst nicht einordnen konnte, doch die Verzweiflung zwischen seinen mühsamen Worten klang umso deutlicher durch. »Möchte ich wissen den Namen, bitte. Den Namen von dem Mann, was hat getötet Adriana.«
    Sie behauptete, dass sie noch nichts über den Entführer herausgefunden hatten. Als er fragte, warum sein Gesicht nicht in den Zeitungen erschienen war, so wie vorher das seiner Tochter, geriet sie ins Stottern. Buchstäblich. Sie schaffte es nicht, überzeugend zu lügen. In ihrer Not wand sie sich ganz aus der Verantwortung. »Es tut mir leid, Herr Stanescu, aber die Ermittlungen stehen nicht mehr unter meiner Leitung. Sie müssen sich an Herrn Reich wenden. Dieter Reich.«
    Nachdem sie den Moldawier losgeworden war, rief sie Oskar an, der im Pausenraum Kaffee trank und die Sekretärinnen aus dem ersten Stock anquatschte, um ihnen die eine oder andere Information zu entlocken. »Was Neues? «, fragte sie.
    »Eine Mauer des Schweigens.«
    »Ich möchte wissen, wo dieser Milo Weaver in den letzten Monaten gesteckt hat und wo er jetzt ist. Können Sie das für mich rausfinden?«
    Oskar besaß die Kraft der Jugend und die Verwegenheit, zu

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